Hodgkin-Lymphom

Zusammenfassung

  • Definition:Maligne Erkrankung des lymphatischen Systems, die malignen Zellen stammen vorwiegend von B-Lymphozyten ab. Typischer histologischer Befund sind Hodgkin-Reed-Sternberg-Zellen umgeben von reaktiven Zellen.
  • Häufigkeit:Jährliche Inzidenz 2–3/100.000 Einw. Die Erkrankung kann in jedem Alter auftreten, Häufigkeitsgipfel zwischen dem 20. und 30. sowie über dem 55. Lebensjahr.
  • Symptome:In erster Linie nichtschmerzhafte Lymphknotenschwellung, v. a. zervikal und axillär. Leistungsschwäche, evtl. Juckreiz. B-Symptomatik (Fieber, Nachtschweiß, Gewichtsverlust). Dyspnoe, Husten, thorakaler Druck bei Mediastinaltumor. Bauchbeschwerden bei abdominellem Befall.
  • Befunde:Vergrößerte Lymphknoten, abdomineller Druckschmerz, Hepatosplenomegalie.
  • Diagnostik:Lymphknotenbiopsie und -histologie sind entscheidend für die Diagnose. Staging mit Rö-Thorax, CT mit Kontrastmittel, PET/CT.
  • Therapie:Im Allgemeinen mit kombinierter Chemo- und Strahlentherapie in kurativer Absicht.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Maligne Erkrankung des lymphatischen Systems
  • Tumorzellen überwiegend aus B-Lymphozyten ableitbar
  • Charakteristikum: geringe Zahl typischer Hodgkin-Reed-Sternberg-Zellen (HRS-Zellen) umgeben von zahlreichen reaktiven Zellen (Bystander Cells)
  • Nachweis der HRS-Zellen grenzt das Hodgkin-Lymphom von der großen Gruppe der Non-Hodgkin-Lymphome ab.

Häufigkeit

  • Insgesamt eher selten, ca. 0,4 % aller Krebsneuerkrankungen
    • aber häufigste Neoplasie bei jungen Erwachsenen1
  • Inzidenz
    • jährliche Inzidenz 2–3/100.000 Einw.
    • leichter Anstieg der Erkrankungsraten in den letzten 15 Jahren 
  • Altersverteilung
    • Die Erkrankung kann in jedem Alter auftreten.
    • Es gibt zwei Häufigkeitsgipfel:1
      • 20.–30. Lebensjahr
      • nach dem 55. Lebensjahr
  • Geschlechtsverteilung
    • Männer sind etwas häufiger als Frauen betroffen im Verhältnis 3:2.
      • Im Jahr 2014 erkrankten 1.440 Männer und 1.030 Frauen.
      • Im jungen Erwachsenenalter ist die Erkrankung bei Frauen etwa gleich häufig wie bei Männern, im höheren Alter sind Männer häufiger als Frauen betroffen.

Ätiologie und Pathogenese

  • Die Ätiologie des Hodgkin-Lymphoms ist nicht definitiv geklärt.
  • Eine Reihe von möglichen Ursachen wird diskutiert:
    • Infektion mit Epstein-Barr-Virus
      • Es besteht eine signifikante Beziehung zwischen EBV-Infektion und Hodkin-Lymphom2-3
      • Nachweis bei ca. 20–40 % der Patient*innen mit Hodgkin-Lymphom
      • Die Beziehung besteht bei den verschiedenen Formen des klassischen Hodkin-Lymphoms (95 % der Fälle) in unterschiedlicher Ausprägung, zum nodulären Lymphozyten-prädominanten Hodgkin-Lymphom (5 % der Fälle) besteht hingegen keine Assoziation.4
    • Autoimmunerkrankungen, chronisch-entzündliche Erkrankungen
    • immunsuppressive Therapie (Autoimmunerkrankungen, St. n. Organtransplantation)
    • HIV-Infektion
    • Korrelation mit dem sozialen Status (häufiger bei höherem sozialen Status)
    • genetische Faktoren5
      • Etwa 1 % der Fälle tritt familiär gehäuft auf.
      • Geschwister von Erkrankten haben ein 3- bis 7-fach erhöhtes Risiko.
  • Im Gegensatz zu anderen Lymphomen machen die eigentlichen neoplastischen HRS-Zellen weniger als 10 % der Tumormasse aus.6
  • Quantitativ dominierend ist ein Immunzellinfiltrat aus T-Lymphozyten, B-Zellen, eosinophilen sowie neutrophilen Granulozyten, Makrophagen, Mastzellen, Plasmazellen und Stromazellen.
  • Histologische und klinische Bilder sind Ausdruck einer durch Zytokine und Chemokine vermittelten Reaktion zwischen HRS-Zellen und reaktiven Immunzellen.7-8
  • Primärlokalisation am häufigsten zervikal (60–80 %), mediastinal und inguinal
  • Ausbreitung lymphogen, hämatogen oder per continuitatem in extralymphatische Organe

 Histologische Klassifikation 

  • Histologische Klassifikation des Hodgkin-Lymphoms nach WHO
    • noduläres lymphozyten-prädominantes Hodgkin-Lymphom (NLPHL), ca. 5 %
    • klassisches Hodgkin-Lymphom (cHL) mit 4 Subgruppen, ca. 95 %
      • nodulär-sklerosierender Typ (NS), 65 %
      • gemischtzelliger Typ (MC), 25 %
      • lymphozytenreicher Typ (LR), 4 %
      • lymphozytenarmer Typ (LD), 1 %

ICD-10

  • C81 Hodgkin-Lymphom
    • C81.0 Hodgkin-Lymphom, lymphozytenreicher Typ
    • C81.1 Hodgkin-Lymphom, noduläre Sklerose
    • C81.2 Hodgkin-Lymphom, gemischter Zelltyp
    • C81.3 Hodgkin-Lymphom, lymphozytenarmer Typ
    • C81.7 Andere Typen von Hodgkin-Lymphom
    • C81.9 Hodgkin-Lymphom, nicht näher bezeichnet

Diagnostik

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Primärmanifestation häufig (70 %) durch schmerzlose Lymphknotenschwellung
    • Lokalisation
      • zervikal ca. 70 %
      • axillär ca. 30 %
      • inguinal ca. 10 %
    • Konsistenz
      • derb, gummiartig
    • Größe
      • > 1,5 cm gilt als suspekt
  • B-Symptomatik (ca. 40 % der Patient*innen)
    • Nachtschweiß (Wechsel der Wäsche)
    • Fieber >38 °C (manchmal als undulierendes Fieber = Pel-Ebstein-Fieber)
    • Gewichtsverlust > 10 % innerhalb von 6 Monaten
  • Unspezifische Allgemeinsymptome
    • Leistungsschwäche
    • Juckreiz
    • Lymphknotenschmerz nach Alkoholgenuss (selten, aber typisch)
  • Weitere mögliche Symptome
    • bei mediastinalem Befall
    • bei abdominellem/retroperitonealem Befall
      • Schmerzen
      • Cholestase
      • Harnstau
    • Skelettschmerzen
    • evtl. neurologische Symptome oder Symptome endokriner Störungen

Beurteilung des Allgemeinzustands mit Aktivitätsindex nach WHO

  • Im Rahmen der Anamnese soll der Allgemeinzustand mittels Aktivitätsindex nach WHO dokumentiert werden: 
    • Grad 0
      • normale Aktivität, asymptomatisch
    • Grad 1
      • leichte Arbeit möglich, symptomatisch
    • Grad 2
      • Selbstversorgung möglich, < 50 % der Tageszeit bettlägerig
    • Grad 3
      • begrenzte Selbstversorgung möglich, > 50 % der Tageszeit im Bett/Sessel
    • Grad 4
      • voll pflegebedürftig

Klinische Untersuchung

  • Die körperliche Untersuchung umfasst vor allem periphere Lymphknoten, Milz, Leber und Abdominalbereich.
    • Dominierende klinische Befunde sind ein oder mehrere vergrößerte periphere Lymphknoten.
      • zervikal ca. 70 %, axillär ca. 30 %, inguinal ca. 10 %
      • (Außerdem sind in 60 % der Fälle mediastinale und in 25 % der Fälle retroperitoneale Lymphknoten betroffen.)
    • abdomineller Druckschmerz
    • Hepatomegalie
    • Splenomegalie
  • Weitere mögliche Befunde
    • Anämie, Blutungszeichen (bei Knochenmarksbefall)
    • obere Einflussstauung (bei starkem mediastinalem Befall)
    • je nach Organbefall auch neurologische Ausfälle, Zeichen endokriner Störungen

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

EKG

  • Vor Therapieeinleitung: Beurteilung der Therapierbarkeit, auch als Ausgangsbefund zur Beurteilung späterer therapiebedingter Toxizitäten

Lungenfunktion

  • Vor Therapieeinleitung: Beurteilung der Therapierbarkeit, auch als Ausgangsbefund zur Beurteilung späterer therapiebedingter Toxizitäten

Labor

Röntgenthorax

  • P. a. und seitlich
  • Ggf. Nachweis eines großen Mediastinaltumors
  • Baseline-Untersuchung zur späteren Beurteilung der Toxizität

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • Untersuchungen bei Spezialist*innen erforderlich für:
    • Sicherung der Diagnose (Histologie aus Lymphknoten oder extranodalem Organ)
    • initiales Staging (ergänzend zum Rö-Thorax)
      • CT
      • PET/CT
    • Therapievorbereitung
      • Echokardiografie
      • Gonadenfunktion (ggf. Fertilitätsberatung)

Biopsie und Histologie

  • Lymphknoten bzw. primär befallenes extranodales Organ
    • Untersuchung möglichst an ganzem Lymphknoten bzw. an ausreichendem Gewebe eines Organs
    • Feinnadelaspiration nicht ausreichend
    • Die Beurteilung sollte durch Patholog*innen mit besonderer Erfahrung in der Lymphomdiagnostik erfolgen. 
  • Knochenmarkspunktion
    • nur noch im Falle eines unklaren PET-/CT-Befunds empfohlen

Bildgebung im Rahmen des Stagings

  • Computertomografie (CT)
    • Untersuchung durch CT mit Kontrastmittel (kann im Rahmen der Ganzkörper-PET/-CT als eine Untersuchung durchgeführt werden):Hals, Thorax, Abdomen
    • Verdächtig sind (insbesondere wenn kugelig, ohne Fetthilus, mit zentraler Nekrose):
      • Lymphknoten > 10 mm in der Kurzachse
      • inguinale Lymphknoten > 15 mm
  • Ganzkörper-PET/-CT (18-FDG)
    • starke 18F-FDG-Aufnahme beim Hodkin-Lymphom
    • verbessertes Staging im Vergleich zur alleinigen CT
      • PET/CT führt im Vergleich zum CT in 10–30 % der Fälle zu einer Änderung des Stadiums, meistens Upstaging.
    • Optimierung der Knochenmarksdiagnostik (Durchführung erübrigt im Allgemeinen eine Knochenmarkspunktion) 
    • negativ-prädiktiver Wert 99 %
    • Obwohl der Einsatz wissenschaftlich unstrittig ist, erfolgt die Kostenübernahme durch die GKV nur im Einzelfall auf Antrag.
  • Magnetresonanztomografie (MRT)
    • Alternative zum CT bei schwerer Kontrastmittelunverträglichkeit
    • Bei Verdacht auf extranodalen Befall oder Organbefall, der in der CT und PET/CT nicht zu sichern ist.
  • Sonografie
    • Kann bei Bedarf ergänzend eingesetzt werden.
    • Bei Verdacht auf extranodalen Befall oder Organbefall, der in der CT und PET/CT nicht zu sichern ist.
  • Szintigrafie
    • seit der Einführung des PET/CT kaum noch von Bedeutung 

Echokardiografie

  • Vor Therapieeinleitung: Beurteilung der Therapierbarkeit, auch als Ausgangsbefund zur Beurteilung späterer therapiebedingter Toxizitäten

Gonadenfunktion

  • Frauen: Dokumentation der Zyklusanamnese, FSH, LH, Anti-Müller-Hormon
  • Männer: Spermiogramm bei nicht abgeschlossener Familienplanung, FSH, LH, Testosteron, Inhibin B

Psychoonkologische Diagnostik

  • Der Bedarf nach psychoonkologischer Beratung sollte geklärt und ggf. niedrigschwellig ein psychoonkologisches Gespräch angeboten werden

Stadieneinteilung nach der modifizierten Ann-Arbor-Klassifikation

  • Stadium I: Befall einer Lymphknotenregion oder ein einziger lokalisierter Befall außerhalb des lymphatischen Systems
  • Stadium II: Befall von 2 oder mehr Lymphknotenregionen auf derselben Seite des Zwerchfells oder lokalisierter Befall außerhalb des lymphatischen Systems und von Lymphknotenregionen auf der gleichen Seite des Zwerchfells
  • Stadium III: Befall von 2 oder mehr Lymphknotenregionen bzw. von Organen außerhalb des lymphatischen Systems auf beiden Seiten des Zwerchfells
  • Stadium IV: nicht lokalisierter, diffuser oder disseminierter Befall einer oder mehrerer extralymphatischer Organe mit oder ohne Befall von lymphatischem Gewebe
  • Jedes Stadium wird um Zusatz A oder B ergänzt.
    • Zusatz A: kein Vorliegen von B-Symptomen
    • Zusatz B: Vorliegen von B-Symptomen

Erfassung von Risikofaktoren

  • Neben der Stadieneinteilung werden für die Therapieentscheidung Risikofaktoren berücksichtigt:
    • 3 oder mehr Lymphknotenareale betroffen
    • großer Mediastinaltumor (≥ 1/3 des maximalen Thoraxquerdurchmessers im konventionellen Rö-Thorax oder CT)
    • extranodaler Befall
    • BSG
      • > 50 mm/h ohne B-Symptome
      • > 30 mm/h bei B-Symptomen

Indikationen zur Überweisung/Klinikeinweisung

  • Bei Verdacht auf Hodgkin-Lymphom Überweisung zu Spezialist*innen
  • Krankenhauseinweisung bei Symptomen onkologischer Notfälle (z. B. Einflussstauung) 

Therapie

Therapieziele

  • Heilung
    • Verbesserung der Heilungschancen auf 80–90 % in den letzten 20 Jahren mithilfe von Therapiestudien 
  • Lebensverlängerung
  • Symptomverbesserung

Allgemeines zur Therapie

  • Nach Diagnosestellung umfassende Aufklärung über Erkrankung, Behandlung, Nebenwirkungen, Spätfolgen und Risiken, Notwendigkeit regelmäßiger Nachsorgeuntersuchungen
    • Die individuelle körperliche, psychische und soziale Situation berücksichtigen.
    • Die patientenzentrierten Gespräche an den Informationsbedarf anpassen.
    • Die Patient*innen über Patientenleitlinien und Selbsthilfegruppen (s. u.) informieren.
  • Die Patient*innen sollten möglichst im Rahmen von klinischen Studien behandelt werden.
    • Eine Behandlung im Rahmen von Therapieoptimierungsstudien führt zu einem verlängerten progressionsfreien Überleben.
    • Therapieerfolg in Deutschland innerhalb von Zentren der GHSG (German Hodgkin Study Group) unabhängig von Zentrumsart und Mindestmengen
      • Qualitätsstandards sind in deutschen GHSG-Zentren auf allen Versorgungsebenen gewährleistet.
  • Eine adäquate Behandlung erfordert die multidisziplinäre Zusammenarbeit von:
    • Haus*ärztinnen
    • Fachärzt*innen der Hämatoonkologie, Pathologie, Psychoonkologie, Radiologie, Nuklearmedizin, Strahlentherapie
    • weiteren Fachärzt*innen in Abhängigkeit von Spätfolgen und Komplikationen:
      • kardiale und pulmonale Spätfolgen
      • Infertilität
      • Sekundärneoplasien

Fertilitätsprotektion

  • Vor Therapie sollte eine Aufklärung über die Möglichkeit einer therapieinduzierten Infertilität sowie die Möglichkeiten der Fertilitätsprotektion erfolgen.
  • Mögliche Maßnahmen bei Patientinnen
    • medikamentös: GnRH-Analoga kombiniert mit Pille
    • Reproduktionsmedizin: Kryokonservierung von befruchteten/unbefruchteten Eizellen, Einfrieren von ovariellem Gewebe
  • Mögliche Maßnahmen bei Patienten
    • Kryokonservierung von Spermien
    • Kryokonservierung von Spermien extrahiert aus dem Hodengewebe

Untersuchungen zur Toxizitätsbeurteilung vor Therapie

  • Zur Beurteilung der Therapierbarkeit sowie als Basisuntersuchung vor Verlaufskontrollen hinsichtlich Toxizität sollen folgende Untersuchungen durchgeführt werden: EKG, Echokardiografie, Lungenfunktion, TSH, Gonadenfunktion).

Stadienadaptierte Therapie

  • Die Therapie wird stadienadaptiert durchgeführt (frühe Stadien, mittlere Stadien, fortgeschrittene Stadien)
  • Die Stadieneinteilung erfolgt auf Basis der Ann-Arbor-Klassifikation und der Risikofaktoren:
    • frühe Stadien
      • Stadium I (A oder B) ohne Risikofaktoren
      • Stadium II (A oder B) ohne Risikofaktoren
    • mittlere Stadien
      • Stadium I (A oder B) mit 1 oder mehreren Risikofaktoren
      • Stadium IIA mit 1 oder mehreren Risikofaktoren
      • Stadium IIB mit Risikofaktor hohe BSG und/oder ≥ 3 betroffene Lymphknotenareale
    • fortgeschrittene Stadien
      • Stadium IIB mit Risikofaktor großer Mediastinaltumor und/oder extranodaler Befall
      • Stadium III (A oder B)
      • Stadium IV (A oder B).
  • Therapiebeginn unmittelbar nach Diagnose und Stadieneinteilung!

Therapie des frühen Stadiums

  • Standard ist eine Kombinationstherapie.
    • Chemotherapie
      • 2 x ABVD (Adriamycin, Bleomycin, Vinblastin, Dacarbazin)
    • Strahlentherapie mit 20 Gy
      • Durchführung als Involved-Field-Strahlentherapie (IF-RT)
  • Die Kombinationstherapie ist einer alleinigen Chemotherapie oder alleinigen Strahlentherapie überlegen.

 Therapie des mittleren Stadiums

  • Standard ist eine Kombinationstherapie.
    • Chemotherapie
      • 2 x BEACOPPeskaliert (Cyclophosphamid, Etoposid, Adriamycin, Procarbacin, Vincristin, Bleomycin, Prednisolon)
      • 2 x ABVD
    • Strahlentherapie mit 30 Gy
      • Durchführung als Involved-Field-Bestrahlung (IF-RT)

Therapie des fortgeschrittenen Stadiums

  • Primär alleinige Chemotherapie
    • 6 x BEACOPPeskaliert
  • Bestrahlung PET-positiver residueller Lymphknoten (≥ 2,5 cm) mit 30 Gy
  • Möglichwerweise Reduktion der therapiebedingten Toxizitäten möglich durch Anwendung neuer zielgerichteten Substanzen wie Brentuximab Vedotin in Kombination mit konventionellen Chemotherapien  

Therapie spezieller Gruppen

Patient*innen > 60 Jahre

  • Aufgrund der Toxizität keine Behandlung mit BEACOPPeskaliert
  • Stadienadaptiert Therapie mit 2, 4 bzw. 6–8 Zyklen ABVD
  • Bestrahlung im frühen und intermediären Stadium wie bei jüngeren Patient*innen, im fortgeschrittenen Stadium lokale Bestrahlung PET-positiver Lymphome (≥ 2,5 cm)

NLPHL (noduläres lymphozyten-prädominantes Hodgkin-Lymphom)

  • Im Stadium IA ohne Risikofaktoren alleinige Strahlentherapie (30 Gy)
    • hervorragende Prognose
  • In allen anderen Stadien Therapie wie bei cHL 

Therapie des Rezidivs

  • Unterscheidung zwischen:
    • Frührezidiv (3–12 Monate nach Therapieende)
    • Spätrezidiv (> 12 Monate nach Therapieende).
  • Therapie der Wahl für die meisten Patient*innen im 1. Rezidiv ist eine Hochdosischemotherapie mit anschließender autologer Stammzelltransplantation (ASZT).
  • Brentuximab Vedotin ist eine effektive Therapieoption bei Rezidiv nach ASZT.
  • Nach Versagen einer Therapie mit Brentuximab Ventodin kommt eine Behandlung mit den Anti-PD1-Antikörpern Nivolumab und Pembrolizumab in Betracht.9-10
  • Bei Rezidiv oder Progress unter Anti-PD-1-Therapie gibt es noch keine klaren Therapieempfehlungen

Alternative Therapieformen

  • Patient*innen sollten nach komplementären und/oder alternativen Therapien befragt und auf mögliche Risiken sowie mögliche Interaktionen mit Standardtherapien hingewiesen werden.

Sonstige Verhaltensregeln während und nach Behandlung

  • Nikotinkarenz, da sich die Risiken des Rauchens und der Radiochemotherapie überadditiv addieren.
  • Patient*innen sollten während und nach der Behandlung sportlich aktiv sein.
  • Verhütungsmaßnahmen
    • Während Therapie soll doppelte Verhütung durchgeführt werden.
    • nach Beendigung der Therapie individueller Entscheid über Verhütungsmaßnahmen

Psychoonkologische Betreuung

  • Psychoonkologische Behandlungsmaßnahmen sollten in das Therapiekonzept integriert werden.
  • Ausrichtung am individuellen Bedarf der Patient*innen
    • Bedarfsfeststellung anhand vom klinischen Bild sowie mittels validierter Messinstrumente (empfohlen von der Deutschen Krebsgesellschaft), z. B.:
      • Distress-Thermometer
      • HADS (Hospital Anxiety and Depression Scale)
      • PO-Bado (psychoonkologische Basisdokumentation)

Palliativbehandlung

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf und Prognose

  • Über 80 % der Patient*innen können geheilt werden.
    • in frühen Stadien über 90 %
  • Auch bei Rezidiv noch gute langfristige Behandlungserfolge und sogar Heilungen
  • Die Überlebensraten steigen für beide Geschlechter an.
  • Der lymphozytenreiche Subtyp weist die günstigste, der lymphozytenarme die schlechteste Prognose auf.
  • Rezidive treten in den ersten Jahren nach Behandlung auf.
    • später als 5 Jahre nach Therapieende nur selten Rezidiv
  • Frührezidive (bis 12 Monate nach Therapieende) mit schlechterer Prognose als Spätrezidive

Komplikationen

Sekundäre Tumorerkrankungen

  • Allgemein erhöhtes Risiko für sekundäre maligne Erkrankungen nach Therapie eines Hodgkin-Lymphoms
  • Folgetherapie nach Progredienz oder Rezidiv erhöht das Risiko nochmals.
  • Die Erkrankungswahrscheinlichkeit für solide Tumoren 10 Jahre nach einem primären Hodgkin-Lymphom gegenüber der Allgemeinbevölkerung ist etwa um das Doppelte erhöht.
    • insbesondere Krebserkrankungen des Magens, des Dickdarms und Rektums, der Lunge und der Brust
  • 30 Jahre nach Hodkin-Therapie im Kinder- und Jugendalter betrug die kumulative Inzidenz für:
    • sekundäre maligne Neoplasien insgesamt 19 %
    • Mamma-Ca bei Frauen 16 %
    • Schilddrüsen-Ca 4,4 %
    • hämatopoetische Neoplasien 1,5 %.
  • In der Pubertät besonders hohe Vulnerabilität der weiblichen Brustdrüsenzellen durch supradiaphragmale Radiotherapie
    • Inzidenz des Mamma-Ca bei früheren Hodgkin-Patientinnen im Alter von 25–45 Jahren 24-fach erhöht

Sonstige Folgeschäden durch Bestrahlung und/oder Chemotherapie

Nachsorge

  • Ziel der Nachsorge ist Erkennen von:
    • Rezidiven
    • Sekundärmalignomen
    • Spättoxizitäten
  • Engmaschige Kontrollen sind vor allem in den ersten Jahren notwendig.
    • 90 % der Rezidive in den ersten 5 Jahren
  • Abfolge der Nachsorgeuntersuchungen
    • im 1. Jahr alle 3 Monate
    • bis zum 4. Jahr alle 6 Monate
    • anschließend jährlich
  • Bestandteile der Nachsorgeuntersuchungen
    • Anamnese
    • körperliche Untersuchung
    • Labor einschließlich: Differenzial-BB, klinische Chemie, BSGTSH
    • CT einmalig 3 Monate nach Therapieende, weitere CT nur bei V. a. Rezidiv
    • Palpation und bildgebende Früherkennungsuntersuchungen der Brust
    • Untersuchungen auf Organtoxizitäten (Herz, Lunge, Schilddrüsen, Gonaden)

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Allgemeines zur Behandlung

Lindernde Behandlung bei fortgeschrittener Krebserkrankung

Quellen

Literatur

  1. Bröckelmann P, Eichenauer D, Jakob T, et al. Clinical practice guideline: Hodgkin lymphoma in adults—diagnosis, treatment, and follow-up. Dtsch Arztebl Int 2018; 115: 535–40. DOI: 10.3238/arztebl.2018.0535 DOI
  2. Alexander FE, Jarrett RF, Lawrence D, et al. Risk factors for Hodgkin's disease by Epstein-Barr virus (EBV) status: prior infection by EBV and other agents. Br J Cancer 2000; 82: 1117-21. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  3. Murray P, Young L. An etiological role for the Epstein­Barr virus in the pathogenesis of classical Hodgkin lymphoma. Blood 2019; 134:591-59­6. ashpublications.org
  4. Townsend W, Lynch D. Hodgkin’s lymphoma in adults. Lancet 2012; 380: 836-847. www.sciencedirect.com
  5. Lash B. Hodgkin Lymphoma. Medscape, updated August 03,2020. Zugriff 14.11.20. emedicine.medscape.com
  6. Piris M, , Meideiros L, Chang K. Hodgkin lymphoma: a review of pathological features and recent advances in pathogenesis. Pathology 2020; 52: 154–165. doi:10.1016/j.pathol.2019.09.005 DOI
  7. Piccaluga P, Agostinelli C, Gazzola A, et al. Pathobiology of Hodgkin Lymphoma. Advances in Hematology 2011; 2011: 1-18. doi:10.1155/2011/920898 DOI
  8. Skinnider B, Mak T. The role of cytokines in classical Hodgkin lymphoma. Blood 2002; 99: 4283-4297. doi:10.1182/blood-2002-01-0099 DOI
  9. European Medicines Agency. Keytruda - pembrolizumab. Stand 02.08.2017; letzter Zugriff am 07.08.2017. www.ema.europa.eu
  10. European Medicines Agency. Opdivo - nivolumab. Stand 20.07.2017; letzter Zugriff 07.08.2017. www.ema.europa.eu
  11. Hull MC, Morris CG, Pepine CJ, Mendenhall NP. Valvular dysfunction and carotid, subclavian, and coronary artery disease in survivors of Hodgkin lymphoma treated with radiation therapy. JAMA 2003; 290: 2831-37. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov

Autor*innen

  • Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i. Br.

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