Eisenüberladung (Hämosiderose, Hämochromatose)

Zusammenfassung

  • Definition:Pathologische Eisenüberladung mit Ablagerungen am häufigsten in Leber, Pankreas, Gelenken, Herz, Hypophyse und Gonaden.
  • Häufigkeit:Prävalenz ca. 250 von 100.000 Einw.
  • Symptome:Zu Beginn diffus, Abgeschlagenheit und Müdigkeit, nach einiger Zeit Gelenkschmerzen. Später treten Symptome je nach Organbefall auf.
  • Befunde:Anfangs wenige klinische Befunde, nach etablierter Krankheit am häufigsten Zeichen einer Leberzirrhose.
  • Diagnostik:Serumferritin und Transferritinsättigung sind erhöht. Ein Gentest bestätigt die Diagnose.
  • Therapie:Wird mit Aderlass oder Erythrozytapherese behandelt. Chelattherapie nur, wenn ein Aderlass nicht möglich ist.

Allgemeine Informationen

  • Sofern nicht anders vermerkt, basiert der Artikel auf diesen Referenzen.1-3

Definition

  • Der Begriff Eisenüberladung bezeichnet pathologische Prozesse, die entweder durch eine erhöhte Eisenzufuhr oder eine gestörte Elimination von überschüssigem Eisen zustande kommen.
    • Als Hämosiderose werden die damit einhergehenden Ablagerungen von Eisen bezeichnet, am häufigsten in Leber, Pankreas, Gelenken, Herz, Hypophyse und Gonaden.
    • Biochemisch wird bei den meisten Betroffenen eine hohe Serum-Transferrin-Sättigung festgestellt, viele haben erhöhte Ferritinwerte und mäßig erhöhte Transaminasen (GPT) im Serum.
  • Primäre (hereditäre) Eisenüberladung (Hämochromatose)
    • Hämochromatose Typ 1 (HFE-Hämochromatose)
      • angeboren, Mutationen im HFE-Gen
      • häufigste genetisch bedingte Erkrankung in der nordeuropäischen Bevölkerung
      • autosomal-rezessive Erbkrankheit
      • Ursache für 80–90 % aller Hämochromatosefälle
  • Sekundäre Eisenüberladung
    • erworbene Eisenüberladung, meist aufgrund von anderen Erkrankungen
      • z. B. bei Thalassämie, Lebererkrankungen oder infolge zahlreicher Bluttransfusionen
  • Die Begriffe Hämochromatose und Hämosiderose werden in der medizinischen Literatur nicht einheitlich verwendet.
    • Mit Hämochromatose im engeren Sinn sind nur die hereditären Formen der Eisenüberladung gemeint.
    • Gelegentlich wird Hämochromatose auf alle Formen der Eisenüberladung bezogen, die durch eine vermehrte Eisenaufnahme entstehen, oder sogar gleichbedeutend mit „Hämosiderose“ und „Eisenüberladung“ verwendet.
    • Im Folgenden verwenden wir als Überbegriff „Eisenüberladung“. Als „Hämochromatose“ bezeichnen wir nur die hereditären Formen.

Häufigkeit

  • Hämochromatose ist die häufigste Erbkrankheit unter Europäer*innen, insbesondere aus den nördlichen Teilen Europas.
  • Prävalenz der Krankheit
    • Schätzungsweise gibt es in Mitteleuropa unter 100.000 Einw. ca. 250 homozygote Personen, die bereits erkrankt sind oder die Krankheit im Laufe ihres Lebens entwickeln können.
    • Studien zeigen, dass die Penetranz des Gens, d. h. der Anteil der Personen mit Gendefekt, die die Krankheit entwickeln, zwischen 1–3 % liegt.
    • Bei heterozygoten Träger*innen erkrankt ca. 1 Person von 300 Betroffenen an Hämochromatose.
  • Geschlecht
    • Hämochromatose tritt etwa 10- bis 20-mal häufiger bei Männern als bei Frauen auf.

Ätiologie und Pathogenese

  • Die hereditäre Hämochromatose ist eine Störung der Eisenregulierung, die zu einer toxischen Erhöhung von Eisen in vitalen Organen und dadurch zur Entwicklung von Leberzirrhose, Knochen- und Gelenkerkrankungen, Diabetes mellitus und Herzerkrankungen führt.
  • Hereditäre Hämochromatose4
    • Hämochromatose Typ 1, autosomal-rezessive Erbkrankheit
    • Über 90 % der von einer hereditären Hämochromatose Betroffenen sind homozygot mit C282Y-Mutationen im HFE-Gen auf Chromosom 6.
      • Seltener kann auch eine H63D-Mutation im HFE-Gen als Krankheitsursache vorliegen.
    • Ein Defekt im HFE-Gen führt zu einer erhöhten Eisenaufnahmen im Dünndarm.
    • Es gibt auch andere, seltenere genetische Varianten der Hämochromatose:
      • Hämochromatose Typ 2 (juvenile Hämochromatose, Mutation im HFE2-Gen oder HAMP-Gen)
      • Hämochromatose Typ 3 (Mutation im TRF2-Gen)
      • Hämochromatose Typ 4 (Mutation im Ferroportin-Gen/SLC40A1-Gen).
  • Heterozygote
    • Heterozygote entwickeln selten die Krankheit.
    • Heterozygote mit C282Y-Mutation
      • Entwickeln die Krankheit nur in Ausnahmefällen.
    • Compound-Heterozygotie (C282Y-Mutation kombiniert mit H63D-Mutation im HFE-Gen)
      • Das Krankheitsrisiko ist erhöht, aber niedriger als bei einer C282Y-Homozygotie.
  • Erhöhte Eisenaufnahme
    • Bei einer täglich erhöhten Eisenaufnahme von 1–3 mg über den Normalbedarf (ca. 1 mg) hinaus hat der Körper nach 40–50 Jahren 20–40 g Eisen aufgenommen.
    • Die Eisenablagerung betrifft vor allem die Leber, später aber auch andere Organe und kann zur Zerstörung von Gewebe führen.
    • Mit steigenden Eisenmengen nimmt die Menge an freiem Eisen, das direkt toxisch auf die Zellen wirkt, zu.
    • Es dauert einige Zeit, bis sich so große Eisenmengen ablagern, dass Organe geschädigt werden.
  • Frauen
    • Frauen im fertilen Alter scheinen aufgrund einer geringeren Eisenaufnahme über die Nahrung und des monatlichen Eisenverlustes teilweise gegen eine Eisenüberladung geschützt zu sein.

ICPC-2

  • B99 Blut-/Lymph-, Milzerkrankung, andere
  • D97 Lebererkrankung NNB

ICD-10

  • E83.1 Störungen des Eisenstoffwechsels; Hämochromatose

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Zum diagnostischen Vorgehen s. u. Empfohlene Diagnostik.
  • Anamnese, Familienanamnese, klinische Befunde und (oft zufälliger) Fund von erhöhtem GPT begründen den Krankheitsverdacht.
  • Serumferritin
    • Kann normal sein, steigt aber nach und nach an.
    • Weiterführende Diagnostik wird empfohlen bei:
      • Ferritin > 300 µg/l (> 633 pmol/l) bei Männern
      • Ferritin > 200 µg/l (> 422 pmol/l) bei Frauen.

Weiterführende Untersuchungen

  • Transferrinsättigung (S-Eisen/TEBK)
    • Verdacht auf Eisenüberladung bei:
      • Transferrinsättigung > 55 % bei Männern
      • Transferrinsättigung > 50 % bei Frauen.
    • Gleichzeitig erhöhtes Ferritin bestätigt die Diagnose.
  • Gentest zum Nachweis der HFE-Mutation
    • Testung nur erwägen, wenn Serumferritin und Transferrinsättigung erhöht sind.
    • vor der Entscheidung für oder gegen eine Testung
      • genetische Beratung durch eine humangenetische Beratungsstelle gemäß Gendiagnostikgesetz
    • nachgewiesene Mutation (Homozygotie) und erhöhte Serumwerte
      • Die Diagnose gilt als sicher.
    • nachgewiesene Mutation ohne Veränderung der Serumwerte
      • Reicht nicht aus, um die Diagnose zu stellen.
      • Nur 1–3 % der Betroffenen entwickeln die Krankheit.
  • Eisen
  • Transferrin
  • Leberbiopsie mit Histologie 
    • Bei negativem Gentest, wenn Klinik und Blutwerte auf eine Eisenüberladung deuten und mittels nichtinvasiver Methoden nicht sicher entschieden werden kann, ob eine Hämosiderose vorliegt.
    • zum Nachweis einer evtl. Leberzirrhose
  • Screening?
    • Ein allgemeines genetisches oder biochemisches Screening wird nicht empfohlen.
    • Nur ein kleiner Anteil der Homozygoten (1–3 %) gelangt unbehandelt in ein klinisches Stadium.
    • geringe Krankheitsanfälligkeit bei den durch das Screening aufgedeckten Fällen
    • Prädiktive Gentests sollten nur auf Initiative der Betroffenen erfolgen und erfordern eine vorausgehende ergebnisoffene genetische Beratung.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Hämochromatose in der Familie

Frühsymptome

  • Die meisten Betroffenen haben in der Frühphase der Erkrankung keine Beschwerden.
  • Symptome treten selten vor dem 30. Lebensjahr bei Männern bzw. vor dem 50. Lebensjahr bei Frauen auf.
  • Müdigkeit und Abgeschlagenheit (Asthenie)
    • Sind häufig die ersten Beschwerden.
  • Gelenkschmerzen und -veränderungen (Arthropathie)
    • Treten bei vielen Betroffenen nach und nach auf.
    • Häufiger Befall des 2. und 3. MCP-Gelenks, aber auch größere Gelenke wie Knie und Hüfte können betroffen sein.
    • Chondrokalzinose: radiologisch sichtbare Kalzifizierungen von hyalinem Knorpel oder Faserknorpel
  • Verringerte Libido und Potenz bei Männern und Amenorrhö bei Frauen
    • Sind nicht ungewöhnlich.
  • Evtl. Bauchschmerzen

Fortgeschrittene Krankheit

  • Symptome einer Leberzirrhose und Leberinsuffizienz
    • Treten erst spät auf.
  • Kardiale Symptome
  • Diabetes
    • Tritt bei 50–60 % auf.
  • Blutende Ösophagusvarizen aufgrund einer Leberzirrhose erst im späten Krankheitsverlauf

Klinische Untersuchung

  • In der Frühphase gibt es keinen klinischen Befund.
  • Arthritis, Befall von MCP-Gelenken können erste Symptome sein.
  • Anzeichen einer gestörten Leberfunktion (Spätsymptome)
    • Palmarerythem
    • Verlust der Körperbehaarung
    • Hodenathrophie, Gynäkomastie
  • Andere Hautveränderungen?
    • evtl. Verfärbung der Haut durch Eiseneinlagerung
      • grau oder bronzefarben
      • Der klassische Bronzediabetes aufgrund einer Pankreassiderose und daraus resultierendem Insulinmangel ist äußerst selten.
    • Porphyria cutanea tarda
      • brüchige Haut
      • Blasenbildung an lichtexponierten Hautstellen (Hände, Unterarmstreckseiten, Gesicht, Nacken)
  • Hepatomegalie und Splenomegalie (Spätsymptome)

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • Transferrinsättigung
    • Bestimmung anhand von S-Fe und TEBK (normal 15–45 %) 
    • Blutentnahme morgens nüchtern
    • Grenzwerte
      • > 50 % (Frauen) bzw. > 55 % (Männer): Verdacht auf Eisenüberladung
      • > 61 %: Sensitivität und Spezifität für Hämochromatose ca. 95 %
      • < 45 % schließt die Erkrankung aus.
    • Bei Verdacht auf Eisenüberladung sollten die Werte wegen erheblicher Tagesschwankungen nach 6–8 Wochen kontrolliert werden.
  • Serumferritin
    • Ist meist erhöht.
    • Kann aber auch normal sein, vor allem bei Jüngeren und im frühen Krankheitsverlauf.
      • Jugendliche und fertile Frauen mit Hämochromatose können normale Serumferritinwerte haben.
      • Männer und ältere Menschen zeigen dagegen häufig deutlich erhöhte Werte (oft > 5.000 µg/l [> 10.550 pmol/l]).
    • Wird als Akut-Phase-Protein von vielen anderen möglichen
      Begleiterkrankungen beeinflusst.
      • Ein einzelner Serumferritinwert ist hinsichtlich der Beurteilung des Körpereisengehaltes nicht verlässlich.
    • Ist klinisch relevant, weil Serumferritin stärker mit den klinischen Manifestationen korreliert als die Transferrinsättigung und für die Behandlung daher bestimmend ist.
  • Gentest zum Nachweis der HFG-Mutation
    • Nur dann erwägen, wenn Transferrinsättigung und Serumferritin auf eine Hämochromatose deuten.
    • meist homozygote C282Y-Mutation im HFG-Gen (Ia)
      • Es gibt auch andere und seltenere genetische Varianten der Hämochromatose.
  • HbA1c, evtl. Glukose nüchtern
  • Bei Personen mit erhöhtem Ferritin und erhöhtem Osteoporoserisiko Knochendichtemessung

Untersuchungsstrategie bei erhöhtem Ferritin

  • Erhöhte Ferritinwerte werden außerhalb einer „akuten Phase” nachkontrolliert.
    • Bei Infektionen abwarten, bis diese abgeklungen sind.
    • Die Blutentnahme sollte am Morgen nüchtern erfolgen mit zusätzlicher Bestimmung der Transferrinsättigung.
    • Sind Serumferritin und Transferrinsättigung erhöht, sollte ein Gentest erwogen werden.
  • Andere Erklärungen für hohe Ferritinwerte
    • Lebererkrankungen, erhöhter Alkoholkonsum, metabolisches Syndrom und maligne Erkrankungen (Leukämie, Lymphom)
    • Es ist deshalb wichtig, eine Hyperferritinämie genauer zu untersuchen, wenn Hämochromatose nicht die Ursache sein kann.

Leitlinie: Empfohlene Diagnostik5

  • Bei Verdacht auf Eisenüberladung und erhöhte Leberwerte
  • Bei Personen mit chronischer Lebererkrankung unklarer Ursache und erhöhter Transferrinsättigung sollte der Gentest erwogen werden.
  • Bei Patient*innen mit hohem Ferritinwert sollte unbedingt nach einer der folgenden Ursachen geforscht werden (liegen sehr häufig vor):
  • Diagnosekriterien der HFE-assoziierten hereditären Hämochromatose laut EASL-Gremium
    • C282Y-Homozygotie + Eisenüberladung mit oder ohne klinische Symptome
      • Eisenüberladung wird gut durch eine Hyperferritinämie und einem MRT oder SQUID der Leber abgebildet.
      • Leberbiopsie ist nicht mehr Goldstandard für die Diagnose.
  • Familienscreening bei Geschwistern von Hämochromatose-Betroffenen
  • Gesunde mit C282Y-Homozygotie

Diagnostik bei Spezialist*innen

Zur Früherkennung von Organschäden (obligat)

  • Detektion kardialer oder hepatischer Eisenüberladung
    • Eisengehalt der Leber (quantitative MRT)
    • Kardio-MRT (T2-gewichtet) ab einem Patientenalter von 10 Jahren
  • Leber
  • Herz
    • ab einem Patientenalter von 10 Jahren
    • ab einem Patientenalter von 16 Jahren
      • Langzeit-EKG
  • Endokrine Funktionen

Weitere Untersuchungen (optional)

  • Leberbiopsie mit Histologie
    • zur Diagnosestellung nicht notwendig
    • Wird bei besonders hohen Ferritinwerten (> 1.000 µg/l [> 2.110 pmol/l]) empfohlen, wenn das Ausmaß des Leberschadens nicht auf anderem Wege ermittelt werden kann.5
    • Bei erhöhtem Serumferritin ohne HFE-Mutationen ist eine Leberbiopsie notwendig, um die Diagnose zu stellen.
  • Knochendichtemessung beim Vorliegen zusätzlicher Risikofaktoren für Osteoporose (z. B. Alter, Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum etc.)2
  • Weitere Laborparameter
    • Cortisol-24-Stundenausscheidung
    • Amylase, Lipase (ab einem Patientenalter von 10 Jahren)
    • GnRH‐Test, STH‐Tests, ggf. nächtliches STH‐Sekretionsprofil

Indikationen zur Überweisung

  • Die Überweisung erfolgt bei Verdacht auf Eisenüberladung, der durch zwei aufeinanderfolgende Tests (Transferrinsättigung, Serumferritin) bestätigt wird.
  • An Praxis für Hepatologie, um das Ausmaß der Leberschädigung zu beurteilen.
  • An Praxis für Endokrinologie oder Andrologie bei V. a. Hypogonadismus

Therapie

Therapieziel

  • Komplikationen verhindern.

Allgemeines zur Therapie

  • Eisenüberladung wird in der Regel mit Aderlass behandelt.
  • Eine frühe Behandlung ist wichtig, um dauerhafte Gewebsschäden zu verhindern, und kann vorbeugend wirken.

Empfehlungen für Patient*innen

  • Eine ausgewogene Ernährung wird empfohlen. Es ist nicht nachgewiesen, dass eine eisenarme Diät einen positiven Effekt auf die Krankheit hat.2,5
  • Eine zusätzliche Eisenzufuhr über Eisenpräparate oder entsprechende Nahrungsergänzungsmittel ist zu vermeiden. Dasselbe gilt für Vitamin-C-Präparate.3
    • Begleitend zu einer Chelattherapie mit Desferrioxamin können niedrig dosierte Vitamin-C-Gaben möglicherweise von Nutzen sein, weil dadurch die Verfügbarkeit von reaktionsfähigem Eisen erhöht wird.
  • Mäßigung beim Alkohol ist wichtig, weil sowohl Eisen als auch Alkohol lebertoxisch sind.
    • Bei nachgewiesenem Leberschaden ist Alkoholabstinenz notwendig.

Medikamentöse Therapie

  • Chelate werden nur in Ausnahmefällen angewandt, wenn Aderlässe nicht durchgeführt werden können, z. B. bei:
  • Deferasirox 10–30 mg/kg/d oral oder Desferrioxamin 20–60 mg/kg/d i. v. oder s. c. über 8–12 Stunden

Aderlass (Venae sectio, Phlebotomie)

  • Es wird empfohlen, dass bei jedem Aderlass 400–500 ml Blut abgelassen werden.5
    • Die Häufigkeit hängt vom Ferritinwert ab: Häufige Aderlässe werden bei Ferritin > 500 µg/l (> 1.055 pmol/l) empfohlen.
    • In einigen Fällen ist es notwendig, zu Beginn der Behandlung jede oder jede 2. Woche einen Aderlass durchzuführen.
    • Als Dauerbehandlung sind 3–4 Aderlässe im Jahr meist ausreichend, mit dem Ziel den Ferritinwert bei < 50–100 µg/l (< 105–211 pmol/l) zu halten.6
  • Das Blut kann für Transfusionen verwendet werden, vorausgesetzt die Spender*innen sind ansonsten gesund.5
  • Vor dem Aderlass auf ausreichende Hydrierung achten.3
  • Nach dem Aderlass mindestens für 24 Stunden schwere körperliche Anstrengungen vermeiden.3

Prävention

  • Es kann erforderlich sein, Familienmitglieder von Erkrankten zu untersuchen, sofern sie es selbst wünschen.
  • Bei einer Transferrinsättigung < 45 % kann die Erkrankung mit großer Sicherheit ausgeschlossen werden.
    • Evtl. kann der Ferritinwert alle 5 Jahre überprüft werden.
  • Bei Gesunden mit C282Y-Homozygotie werden jährliche Ferritinkontrollen und je nach Wert und klinischem Bild ggf. weitere Untersuchungen empfohlen.5
  • Impfung gegen Hepatitis A und B bei allen Hämochromatose-Betroffenen3

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Bei Männern bis zum 30.–40. Lebensjahr und bei Frauen bis zum 50.–60. Lebensjahr verläuft die Krankheit häufig asymptomatisch.
  • Wird mit der Behandlung frühzeitig begonnen (bevor Gewebeschäden entstehen), kann man Beschwerden und Komplikationen vorbeugen.
  • Wenn Komplikationen eintreten, kann die Behandlung kardiale Beschwerden lindern und evtl. den Insulinbedarf reduzieren.

Komplikationen

Prognose

  • Wird frühzeitig mit der Aderlasstherapie begonnen (bevor sich eine Leberzirrhose entwickelt hat), ist die Lebenserwartung normal.
  • Wenn Gelenkbeschwerden oder erektile Dysfunktion auftreten, scheinen Aderlässe dies nur geringfügig zu beeinflussen.
  • Beim Auftreten von Komplikationen wie Leberzirrhose, Diabetes oder Kardiomyopathie ist die durchschnittliche Lebenserwartung reduziert.

Verlaufskontrolle

  • Die Kontrollen erfolgen in Zusammenarbeit von Spezialist*in und Hausärzt*in.
  • Anfangs sind meist häufige Aderlässe notwendig, später dann seltener (im Abstand von 2–4 Monaten).
    • Während der Erhaltungstherapie sollte Ferritin bei < 50–100 µg/l (< 105–211 pmol/l) liegen.
    • Die Transferrinsättigung sollte normal sein.

Untersuchungsintervalle bei Eisenüberladung

  • Serumferritin
    • bei Werten unter der Interventionsgrenze jährlich
    • ansonsten monatlich
  • Verlaufskontrolle kardialer oder hepatischer Eisenüberladung
    • Eisengehalt der Leber (quantitative MRT) jährlich
    • Kardio-MRT (T2-gewichtet) jährlich ab einem Patientenalter von 10 Jahren
  • Leberlabor
  • Sonografie Abdomen (jährlich)
  • Herz (jährlich)
  • Endokrine Funktionen
  • Ab einem Patientenalter von 10 Jahren zusätzlich (jährlich):

Bei Leberzirrhose

Toxizitätsmonitoring unter Chelatbildnertherapie

  • Deferipron
    • 2–4-wöchentlich, im 1. Jahr wöchentlich: Differenzialblutbild
    • jährlich: Zink im Serum (nüchtern)
  • Deferoxamin
    • jährlich: ophthalmologische Untersuchung, Audiometrie, ggf. Kreatinin-Clearance (ab einem Patientenalter von 6 Jahren)
    • 3-monatlich: Cystatin C
  • Deferasirox
    • monatlich (im 1. Monat und bei Dosissteigerung wöchentlich): Kreatinin
    • monatlich (im 1. Monat und bei Dosissteigerung 2-wöchentlich): GOT, GPTGamma-GTAPBilirubin
    • monatlich: Cystatin C
    • alle 3 Monate: Blutgasanalyse (Hydrogencarbonat), Kalzium, Phosphat, Urin-Stix (Proteinurie?)
    • jährlich: ophthalmologische Untersuchung, Audiometrie

Patienteninformationen

Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?

  • Über die Ernährung
    • Eine spezielle Diät hat keine Bedeutung für die Erkrankung.
    • Es wird eine normale gesunde Ernährung empfohlen.
    • Die zusätzliche Einnahme von Vitamin C sollte vermieden werden, weil dies die Eisenaufnahme fördert.

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Leitlinien

  • European Association for the Study of the Liver. EASL clinical practice guidelines for HFE hemochromatosis. J Hepatol 2010; 53: 3-22. PubMed

Literatur

  1. Crownover BK, Covey CJ. Hereditary hemochromatosis. Am Fam Physician 2013; 87: 183-90. www.ncbi.nlm.nih.gov
  2. Powell LW, Seckington RC, Deugnier Y. Haemochromatosis. Lancet 2016 Aug 13; 388(10045): 706-16. pmid:26975792 PubMed
  3. Brown KE. Haemochromatosis. BMJ Best Practice. Last reviewed: 16 Jun 2022, last updated: 11 Mar 2021. bestpractice.bmj.com
  4. Porto G, Brissot P, Swinkels DW, et al. EMQN best practice guidelines for the molecular genetic diagnosis of hereditary hemochromatosis (HH). Eur J Hum Genet 2016; 24: 479-95. pmid:26153218 www.ncbi.nlm.nih.gov
  5. European Association for the Study of the Liver. EASL clinical practice guidelines for HFE hemochromatosis. J Hepatol 2010; 53: 3-22. PubMed
  6. Bacon BR, Adams PC, et al. Diagnosis and Management of Hemochromatosis: 2011 Practice Guideline by the American Association for the Study of Liver Diseases. Hepatology 2011; 54: 328-343. doi:10.1002/hep.24330 DOI

Autor*innen

  • Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg

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