Primäre Immunthrombozytopenie

Die ITP ist die häufigste Ursache für einen Mangel an Blutplättchen (Thrombozyten). Sie zeigt sich oftmals in Form von Hauteinblutungen. Oft wird die Erkrankung wird rein zufällig im Rahmen einer Blutuntersuchung entdeckt.

Was ist eine primäre Immunthrombozytopenie?

Die primäre Immunthrombozytopenie (ITP) ist die häufigste Ursache für eine niedrige Thrombozytenzahl im Blut. Früher wurde dieser Zustand als idiopathische thrombozytopenische Purpura bezeichnet. Die wichtigste Aufgabe der sogenannten Thrombozyten, der Blutplättchen, ist es, für die Gerinnung des Blutes zu sorgen, um Verletzungen bspw. der Blutgefäße zu verschließen. Die Thrombozyten sind mikroskopisch klein und oftmals in sehr hoher Menge im Blutkreislauf vorhanden. Der Normwert liegt bei 150–400 x 109 je Liter Blut.

Eine ITP kann sowohl akut als auch chronisch sein. Im Falle einer ITP ist der Thrombozytenwert oftmals unter 50 – dann liegt eine sogenannte Thrombozytopenie vor.

Hauteinblutungen sind häufig ein Anzeichen dafür, dass etwas nicht stimmt. Bei manchen Patienten zeigen sich jedoch keine Symptome – die Erkrankung wird rein zufällig im Rahmen einer Blutuntersuchung entdeckt. Bei Frauen kann eine Thrombozytopenie mitunter zu langanhaltenden oder unregelmäßigen Menstruationsblutungen führen.

Die akute Form wird oftmals im Kindesalter diagnostiziert. In den meisten Fällen tritt sie etwa zwei Wochen nach einem viralen Infekt auf. Jährlich sind etwa sieben von 100.000 Personen von der akuten ITP betroffen.

Die chronische Variante tritt oftmals bei Frauen im Alter von 20 bis 40 Jahren auf. Frauen sind dreimal häufiger betroffen als Männer. Zumeist handelt es sich um einen relativ ungefährlichen Zustand, aber auch schwere Krankheitsverläufe sind möglich.

Ursache

Die ITP ist eine Autoimmunkrankheit, bei der das Immunsystem Antikörper gegen die eigenen Thrombozyten bildet. Welche genaue Ursache dieser Erkrankung zugrunde liegt, ist bislang unklar. Die Milz, die für den Abbau überalterter und beschädigter Blutzellen verantwortlich ist, zerstört die beschädigten Blutplättchen – eine mitunter drastische Reduktion der Thrombozytenzahl im Blut ist die Folge.

Diagnostik

Die meisten Patienten sind Kinder oder junge Frauen, bei denen die Erkrankung infolge spontaner Hauteinblutungen entdeckt wird. Abgesehen von den Hautveränderungen sind oftmals keine Auffälligkeiten zu erkennen. In seltenen Fällen tritt eine Vergrößerung der Milz auf, z. B. nach einer Erkrankung am Pfeiffer-Drüsenfieber. Virale Infektionen gehen oftmals mit geschwollenen Lymphknoten einher. Liegt der Erkrankung eine Hepatitis zugrunde, so zeigt der Befund oftmals eine vergrößerte Leber.

Zur Diagnosestellung ist die Erstellung eines Blutbilds vonnöten. Der Thrombozytenwert ist im Falle einer ITP deutlich verringert. Die Thrombozytopenie lässt sich auch mittels mikroskopischer Untersuchung eines sogenannten Blutausstrichs bestätigen. Mitunter kann eine Knochenmarkpunktion erforderlich sein. Diese wird allerdings nur in Einzelfällen und bei unklarem Befund durchgeführt, sollte aber in jedem Fall vor einer eventuellen Behandlung mit Immunsuppressiva erfolgen. Andere Blutungskrankheiten müssen zuvor ausgeschlossen werden.

Behandlung

Die Behandlung zielt darauf ab, die Thrombozytenzahl auf über 50 zu erhöhen (die Norm liegt bei 150–450), um Blutungen vorzubeugen. Bei den einzelnen Therapieoptionen ist das Alter des Patienten und der Schweregrad der Erkrankung zu berücksichtigen. Akute Fälle bedürfen oftmals keiner Behandlung, da sich der Zustand in der Regel von allein normalisiert.

Mitunter kann eine Behandlung mit Immunsuppressiva wie Prednisolon (Kortison) indiziert sein. Als sekundäre Therapiemaßnahme gilt die operative Entfernung der Milz. In Einzelfällen wird eine Behandlung mit gereinigten humanen Immunglobulinen (Antikörper) oder Zytostatika in Betracht gezogen. Lebensbedrohliche Blutungen erfordern unter Umständen die Gabe von Bluttransfusionen und Thrombozytenkonzentraten.

Eine chronische ITP muss bei Erwachsenen oftmals nicht behandelt werden. Sofern der Thrombozytenwert über 30 liegt, sind Blutungen eher selten. Liegt der Wert bei Kontrolluntersuchungen wiederholt oberhalb von 30–50, ist eine Behandlung nicht nötig. Zeigt der Patient eine erhöhte Blutungsneigung oder muss sich einer Operation mit Blutungsrisiko unterziehen, kann eine Behandlung allerdings sinnvoll sein. Die Therapie erfolgt mit immunsuppressiven Arzneimitteln; bei den meisten Patienten erhöht sich die Thrombozytenzahl während der medikamentösen Behandlung. Werden die Medikamente abgesetzt, sinkt der Wert in der Regel wieder auf das vorherige Niveau ab.

Prognose

Die akute Form der Erkrankung ist zumeist gutartig und von kurzer Dauer. Selbst bei der chronischen Form kann es zu einer spontanen Besserung kommen. Dies ist allerdings nicht die Regel und dauert zudem oftmals viele Jahre. Eine längere medikamentöse Behandlung kann mitunter dann notwendig sein, wenn der Thrombozytenwert konstant unter 30 liegt.

Im Falle einer Splenektomie (operative Entfernung der Milz) ist eine Impfung gegen Pneumokokken notwendig. Die Immunabwehr gegen diese Bakterien ist bei den betroffenen Personen herabgesetzt. Bei Fieber ist unverzüglich ein Arzt zu konsultieren, da fieberhafte Erkrankungen oftmals mit Antibiotika behandelt werden müssen.

Leben mit ITP

Auch wenn der Krankheitsverlauf oftmals nur von kurzer Dauer ist, können auftretende Blutungen ernsthafte Formen annehmen. Faktoren, die ein erhöhtes Blutungsrisiko mit sich führen, sind daher nach Möglichkeit zu vermeiden. Dazu gehören beispielsweise Arzneimitteln wie die Acetylsalicylsäure. Auch bei Verletzungen und Operationen sowie bei bevorstehenden zahnärztlichen Behandlungen muss auf das Blutungsrisiko hingewiesen werden.

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  • Philipp Ollenschläger, Medizinjournalist, Köln

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References

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