Infektanfälligkeit

Unter Infektanfälligkeit versteht man das gehäufte Auftreten oder eine auffällig lange Dauer von Infektionskrankheiten. Ursache kann ein vorübergehend oder dauerhaft geschwächtes Immunsystem sein.

Was versteht man unter Infektanfälligkeit?

Definition

Wie viele Infekte im Jahr sind normal? Wann steckt eine Immunschwäche dahinter? Leider gibt es keine genauen Daten darüber, welche Anzahl, welche Art und welcher Verlauf von Infektionskrankheiten in welchem Lebensalter als „normal“ zu bezeichnen sind.

Bei Kindern gelten bis zu acht „kleine“ Infekte (z. B. Atemwegsinfekte/Erkältungen) im Jahr als normal. Treten Erkrankungen häufiger (bei Erwachsenen 4 oder mehr Infekte mit Antibiotikabehandlung im Jahr) auf oder heilen sie über mehrere Wochen nicht aus, könnte eine Störung des Immunsystems vorliegen.

Es wird zwischen primärer (angeborener) und sekundärer (erworbener) Immunschwäche unterschieden.

Zu den primären Immundefekten zählen seltene Erkrankungen mit genetischer Ursache, bei denen ein Teil des körpereigenen Immunsystems fehlt oder nicht richtig funktioniert. Häufig treten schon im Kleinkindalter wiederholt schwere Infekte auf.

Sekundäre Immunschwächen können als Folge vieler Erkrankungen (z. B. HIV, Diabetes) oder auch Therapien (z. B. Chemotherapie) auftreten.

Ursachen

Eine Infektanfälligkeit kann durch körperliche Überlastung, Schlafmangel oder ständigen Stress verursacht werden. Auch wenn Menschen verschiedenen Krankheitserregern gleichzeitig ausgesetzt sind, können mehrere Infekte schnell hintereinander auftreten.

Es kann aber auch eine „krankhafte“ Ursache vorliegen, wie die primäre oder sekundäre Immunschwäche (siehe oben).

Häufigkeit

Häufig berichten Patient*innen in der Hausarztpraxis von ihrer „Infektanfälligkeit“, aber selten handelt es sich tatsächlich um einen Immundefekt.

Unter 100.000 Menschen haben etwa 3–4 eine primäre Immunschwäche. Eine sekundäre Immunschwäche tritt deutlich häufiger auf als eine primäre.

Warnzeichen

Bei Kindern sind verschiedene Warnzeichen definiert, die Hinweise auf eine Immunschwäche geben können, z. B. Dermatitis (Entzündung der Haut), verspäteter Abfall der Nabelschnur, Gedeihstörung, Infektionen durch ungewöhnliche Erreger oder an ungewöhnlichen Stellen, langanhaltende Infektionen mit unzureichender Wirkung von Antibiotikatherapie, schwere Infektionen (z. B. Hirnhautentzündung), Komplikationen nach Lebendimpfungen, mehr als acht Infektionen im Jahr.

Warnzeichen auf einen primären (angeborenen) Immundefekt bei Erwachsenen sind z. B. vier oder mehr Atemwegserkrankungen mit Antibiotikabehandlung im Jahr, immer wieder auftretende Infektionen trotz Antibiotikabehandlung, zwei oder mehr schwere bakterielle Infektionen (z. B. Lungenentzündung, Hirnhautentzündung, Blutvergiftung), bekannter Immundefekt in der Familie oder wenn Antibiotika nicht wirken.

Untersuchungen

Wichtig ist die Unterscheidung zwischen „normaler“ und „krankhafter“ Infektanfälligkeit. Im Anamnesegespräch können Fragen zu Krankheiten in der Familie, eingenommenen Medikamenten und früheren oder akuten Erkrankungen gestellt werden. Bei der körperlichen Untersuchung werden vor allem die Haut und evtl. Wunden nach Auffälligkeiten überprüft, die Hinweise auf eine Krankheit geben können.

Durch eine Blutentnahme können das Blutbild (rote Blutkörperchen, weiße Blutkörperchen und Blutplättchen) die Gesamtmenge der Antikörper im Blut untersucht werden. Bei einer Ultraschalluntersuchung kann die Milz kontrolliert werden. Wenn die Milz fehlt oder nicht richtig arbeitet (Asplenie), steigt das Risiko für Infektionen.

Liegen Warnzeichen (siehe oben) vor, können verschiedene Blut- und immunologische Untersuchungen durchgeführt werden. Bei primären Immundefekten kann für Betroffene und ihre Angehörigen eine genetische Beratung notwendig sein.

Bei Verdacht auf eine Immunschwäche sollte frühzeitig zu Spezialist*innen überwiesen werden.

Behandlung

Liegt eine Grunderkrankung vor, die die Immunschwäche auslöst, wird diese behandelt. Werden Medikamente eingenommen, die das Immunsystem unterdrücken, werden diese ggf. abgesetzt. Bei Leukopenie (zu wenig weiße Blutkörperchen) besteht ein erhöhtes Risiko für Infektionen. Hier sind Antibiotika hilfreich. Bei einem Antikörpermangel können Immunglobuline verabreicht werden.

Bei vielen Immundefekten ist eine Heilung nur mit einer Stammzelltransplantation möglich. Die Gentherapie befindet sich momentan noch in der experimentellen Phase.

Vorbeugung/Impfung

Sport führt im Vergleich zu fehlender Bewegung zu einem geringeren Infektionsrisiko, wenn ein moderates Maß gewählt wird, z. B. fünf Trainingseinheiten à 45 Minuten pro Woche. Die Phase bis 72 Stunden nach einem Wettkampf geht mit einer erhöhten Anfälligkeit für Atemwegsinfekte einher.

Bei Asplenie (fehlende oder nicht funktionierende Milz) sollte gegen Pneumokokken, Haemophilus influenzae Typ B und Meningokokken sowie jährlich gegen Grippe geimpft werden. Grundsätzlich sollten auch bei Immundefekten möglichst alle empfohlenen Impfungen durchgeführt werden. Bei vielen Immundefekten sind Lebendimpfungen allerdings verboten. Hierzu werden Sie von Ihren Ärzt*innen beraten.

Weitere Informationen

Autorin

  • Ulrike Boos, Redakteurin von Deximed, Freiburg



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References

Based on professional document Infektanfälligkeit. References are shown below.

  1. Deutsche Gesellschaft für Immunologie. Diagnostik auf Vorliegen eines primären Immundefektes (PID). AWMF-Leitlinie Nr.112-001. Stand 2017. (abgelaufen) www.awmf.org
  2. Härtel C. Pädiatrische Sportmedizin. Berlin, Heidelberg: Springer, 2021. link.springer.com
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