Bei einem Insulinschock kommt es zu einer schweren Unterzuckerung (Hypoglykämie), die bei Menschen mit Diabetes beobachtet werden kann.
Genau wie der Rest des Körpers benötigt auch das Gehirn Sauerstoff und Nährstoffe, um die Grundversorgung der Nervenzellen im Gehirn zu decken. Das Gehirn macht nur zwei Prozent des gesamten Körpers aus, verbraucht aber in Ruhephasen ganze 15 Prozent des gesamten Energieumsatzes des Körpers. Darum hat das Gehirn auch einen höheren Energieverbrauch als anderes Gewebe. Der Bedarf ist sogar 7,5-mal so hoch wie der durchschnittliche Energieverbrauch des anderen Körpergewebes.
Nährstoffe können nur für einen Bedarf von zwei Minuten gespeichert werden
Das Gehirn unterscheidet sich von den meisten anderen Körpergeweben. Gehirnzellen können normalerweise nur Glukose aus dem Blut (Blutzucker) als Energiequelle verwenden. Glukose wird über das Blut zugeführt und hat eine Gesamtspeicherkapazität von nur zwei Minuten. Normalerweise wird Glukose in Form von Glykogen kontinuierlich in den Nervenzellen gespeichert. Andere Energiequellen wie Fett werden nur in geringem Maß verwendet. Nervengewebe kann Fett für die Verbrennung nur schwer verwenden.
Eine weitere Besonderheit von Gehirnzellen ist, dass Insulin wenig Einfluss auf die Aufnahme oder Verwendung von Glukose hat. Das Gehirn benötigt also kein Insulin, um Glukose aufzunehmen. Für die Muskeln im Körper ist Insulin hingegen ausschlaggebend, ansonsten gelangt die Glukose nicht in die Zellen. Ohne Insulin können die Muskelzellen keine Glukose aufnehmen, wenn der Körper Energie benötigt.
Sauerstoff muss immer zugeführt werden
Die meisten Körpergewebe kommen einige Minuten ohne Sauerstoff aus. In diesem Fall holen sich die Zellen die Energie aus sogenannten anaeroben Prozessen. Die Zellen bauen dann teilweise Glykogen und Glukose ohne Sauerstoffzufuhr ab und erhalten dadurch Energie. Diese Form der Energiegewinnung ist allerdings ein chemischer Prozess, bei dem übermäßig viel Glukose und Glykogen verbraucht werden.
Das Gehirn hingegen benötigt für die Verbrennung von Glukose Sauerstoff. Es kann im Gegensatz zu Muskelzellen (anaerobe Verbrennung) keine Energie ohne Sauerstoff gewinnen. Um den Gehirnfunktionen Energie bereitstellen zu können, ist eine dauerhafte Versorgung des Gehirns mit Sauerstoff über das Blut notwendig. Ein totaler Sauerstoffverlust im Blut führt nach fünf bis zehn Sekunden zur Bewusstlosigkeit.
Aufnahme von Zucker auch ohne Insulin
Bei Personen mit Typ-1-Diabetes produziert der Körper zu wenig und schließlich kein eigenes Insulin mehr. Das Insulin ist wie ein Schlüssel oder Türöffner für die Glukose, die in die Zellen gelangen muss. Wenn Insulin fehlt oder es nicht ausreichend vorhanden ist, erhalten die Muskelzellen nicht genügend Nährstoffe, da die „Glukosetür“ zu den Zellen verschlossen ist. In diesem Fall erhalten die Nervenzellen im Gehirn dennoch Glukose. Dadurch kommt es bei einem Insulinmangel nicht zum Verlust der mentalen Funktionen. Auch wenn die Muskeln keinen Zucker aufnehmen können, gelangt er dennoch ins Gehirn.
Der Blutzucker muss immer über dem kritischen Wert liegen
Das Gehirn ist gefährdet, wenn ein Diabetiker zu viel Insulin zuführt. Dann dringt die Glukose aus dem Blut in die vielen insulinempfindlichen Zellen ein, insbesondere in die Muskel- und Leberzellen. Der Blutzuckerspiegel ist dann zu niedrig, um die Gehirnzellen zu versorgen. Dadurch können sich die mentalen Funktionen innerhalb kürzester Zeit ernsthaft verschlechtern. Im schlimmsten Fall kann dieser Zustand zum Koma oder Tod führen. Normalerweise kommt es aber zu einer kognitiven Störung. Die Person ist z. B. verwirrt, der Zustand bessert sich bei der Zufuhr von Zucker.
Damit das Gehirn immer funktioniert, ist es wichtig, dass der Blutzuckerspiegel stets über einem kritischen Wert liegt. Darauf muss bei der Kontrolle des Blutzuckerspiegels besonders geachtet werden. Ist der Blutzuckerspiegel zu niedrig (unter 40–50 mg/dl bzw. unter 2–3 mmol/l), treten Symptome der Hypoglykämie oder im schlimmsten Fall ein Insuslinkoma auf. Ein Insulinkoma ist gekennzeichnet durch eine zunehmende Nervosität und Reizbarkeit und kann zu Schwindelanfällen, Krämpfen, Koma und sogar dem Tod führen.
Betroffene benötigen schnellstmöglich Hilfe, da ansonsten ein Atem- und Kreislaufversagen droht. Angehörige oder Freunde können helfen, indem sie dem bewusstlosen Diabetiker eine Glukagon-Spritze geben.
Weitere Informationen
- Diabetes Typ 1
- Diabetes Typ 2
- Diabetes, Hypoglykämie
- Typ-1-Diabetes, Insulintherapie
- Hypoglykämie bei Diabetes mellitus – Informationen für ärztliches Personal
- Typ-1-Diabetes – Informationen für ärztliches Personal
- Typ-2-Diabetes – Informationen für ärztliches Personal
Autorin
- Marie-Christine Fritzsche, Ärztin, Freiburg
Link lists
Authors
Previous authors
Updates
Gallery
Snomed
References
Based on professional document Hypoglykämie bei Diabetes mellitus. References are shown below.
- Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG). Therapie des Diabetes mellitus Typ 1. AWMF Leitlinie 057-013. S3. Stand 2018. www.awmf.org
- Donnelly LA, Morris AD, Frier BM, et al. Frequency and predictors of hypoglycaemia in Type 1 and insulin-treated Type 2 diabetes: a population-based study. Diabet Med 2005; 22:749. PubMed
- Cryer PE, Axelrod L, Grossman AB, et al. Evaluation and management of adult hypoglycemic disorders: an Endocrine Society Clinical Practice Guideline. J Clin Endocrinol Metab 2009; 94:709. PubMed
- NVL-Programm von BÄK, KBV, AWMF. Nationale VersorgungsLeitlinie Typ-2-Diabetes: Therapie. AWMF-Leitlinie Nr. nvl-001g, Stand 2013 www.awmf.org
- Seaquist ER, Anderson J, Childs B, et al. Hypoglycemia and diabetes: a report of a workgroup of the American Diabetes Association and the Endocrine Society. J Clin Endocrinol Metab 2013; 98:1845. PubMed
- Egidi G. Die Neue Nationale Versorgungsleitlinie „Therapie des Typ-2-Diabetes“. Darstellung der wichtigsten Inhalte für die Hausärzteschaft. ZFA | Z Allg Med | 2013; 89 (5) www.degam.de
- Treiber G. Nicht-Diabetes-assoziierte Hypoglykämien. Journal für Klinische Endokrinologie und Stoffwechsel 2020; 13: 177-81. link.springer.com
- Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG). Diabetes und Straßenverkehr. AWMF-Leitlinie Nr. 057 - 026. S2e. Stand 2017 www.awmf.org
- Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin (DEGAM). Leitlinie: Hausärztliche Risikoberatung zur kardiovaskulären Prävention. S3. Stand 2017 www.degam.de
- Lo SC, Yang YS, Kornelius E, et al. Early cardiovascular risk and all-cause mortality following an incident of severe hypoglycaemia: A population-based cohort study. Diabetes Obes Metab. 2019. PMID: 30972910. www.ncbi.nlm.nih.gov