Erythema nodosum

Zusammenfassung

  • Definition:Beim Erythema nodosum (EN) handelt es sich um eine kutane Hypersensitivitätsreaktion. Es ist die häufigste Form einer Entzündung des subkutanen Fetts (Pannikulitis). Auftreten im Rahmen verschiedener Grunderkrankungen (Streptokokken-Infektionen, Sarkoidose, Autoimmunerkrankungen, u. a.), auch im Rahmen einer Schwangerschaft und durch Medikamente.
  • Häufigkeit:Die jährliche Inzidenz liegt bei ca. 2–8/100.000. Frauen sind häufiger betroffen, Erkrankungsgipfel zwischen 20. und 35. Lebensjahr.
  • Symptome:Prodromi wie Abgeschlagenheit, Fieber und Arthralgien können den Effloreszenzen um 1–3 Wochen vorausgehen. Schmerzen im Bereich des Erythems.
  • Befunde:Plötzliches Auftreten symmetrischer bilateraler, derber, erythematöser, warmer Knoten und erhabener Plaques. Lokalisation meist an den Schienbeinen, Knöcheln oder Knien.
  • Diagnostik:Die Diagnosestellung erfolgt im Allgemeinen klinisch, eine Biopsie/Histologie ist nur selten erforderlich. 
  • Therapie:Das Erythema nodosum ist normalerweise selbstlimitierend mit Abheilung ohne Residuen. Symptomatische Behandlung durch Lagerung, Kühlen, Analgesie (NSAR). Therapie einer Grunderkrankung. 

Allgemeine Informationen

Definition

  • Beim Erythema nodosum (EN) handelt es sich um eine kutane Hypersensitivitätsreaktion. Es ist die häufigste Form einer Entzündung des subkutanen Fetts (Pannikulitis).1
  • Das klinische Bild ist charakterisiert durch plötzliches Auftreten symmetrischer bilateraler, derber, erythematöser, warmer Knoten und erhabener Plaques, Lokalisation meist an den Schienbeinen, Knöcheln oder Knien.

Häufigkeit

  • Inzidenz 
    • Inzidenz in Mitteleuropa: 2–8/100.000 Einw./Jahr
  • Geschlecht
    • Frauen ca. 3–6 x häufiger betroffen als Männer1
    • bei Kindern gleich verteilt zwischen den Geschlechtern2
  • Alter
    • Kann in jedem Alter auftreten.1
    • Gipfel ca. zwischen 20. und 35. LJ3
  • Ethnizität
    • Kommt in allen ethnischen Gruppen vor.4

Ätiologie

Häufig2

  • Idiopathisch (ca. 50 %)
  • Infektionen (28–48 %)
    • Infektion mit Beta-hämolysierenden Streptokokken Gruppe A ist die häufigste identifizierbare Ursache.4
    • weitere häufigere Erreger: Yersinien, Myokoplasmen, Chlamydien
    • Tuberkulose war früher eine wichtige Ursache hierzulande, heutzutage ist Tb eine häufige Ursache vorwiegend in ärmeren Ländern.1
  • Sarkoidose (11–25 %)
    • EN ist die häufigste kutane Manifestation einer Sarkoidose.4
    • Löfgren-Syndrom: akute Form der Sarkoidose mit bilateraler hilärer Adenopathie, EN und Polyarthritis4
  • Medikamente (3–10 %)
    • Antibiotika (z. B. Sulfonamide, Amoxicillin), orale Kontrazeptiva, u. v. a.
  • Schwangerschaft (2–5 %)
    • Auftreten meist im 2. Trimenon4
  • Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (1–4 %)
    • EN ist die häufigste kutane Manifestation bei chronisch-entzündlicher Darmerkrankung: M. Crohn 4–15 %, Colitis ulcerosa 3–10 %.5

Selten (< 1 %)2

Pathogenese

  • Erythema nodosum ist eine unspezifische Hypersensitivitätsreaktion der Haut auf zahlreiche antigene Stimuli.2
  • Verschiedene Immunmechanismen werden diskutiert wie zirkulierende Immunkomplexe oder eine verzögerte Typ-IV-Reaktion.7
  • Unabhängig von der Ätiologie zeigen histologische Untersuchungen neutrophile und lymphohistiozytäre Infiltrationen im subkutanen Fettgewebe (Pannikulitis).4
    • Ein histopatologisches Kennzeichen sind sog. Miescher-Radiärknötchen (knotige Aggregate kleiner Histiozyten um einen zentralen stern- oder bananenförmigen Spalt).
    • Eine Vaskulitis besteht beim EN nicht.
  • Nach ca. 1–2 Monaten kommt es zu einer Abheilung ad integrum.2

ICPC-2

  • S99 Hautkrankheit, andere

ICD-10

  • L52.0 Erythema nodosum

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Die Diagnosestellung erfolgt anhand des klinischen Bildes.
    • Eine histologische Sicherung ist nicht erforderlich.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Schmerzhafter Ausschlag im Bereich der Schienbeine
  • Prodromi 1–3 Wochen vor Auftreten des EN2-3,8
    • leichtes Fieber
    • Abgeschlagenheit, Müdigkeit
    • Arthralgien
    • Husten
    • Kopfschmerzen
    • Bauchschmerzen, Durchfall
  • Symptome prädisponierender Erkrankungen
    • Infektionen (v. a. Streptokokken-Infekte)
    • Sarkoidose
    • chronisch-entzündliche Darmerkrankung
    • sonstige autoimmune Erkrankung 
    • Malignom (v. a. Lymphome, Leukämien)
  • Sonstige prädisponierende Faktoren
    • Schwangerschaft
    • Impfungen
  • Medikamente (Antibiotika, Kontrazeptiva u. a.)

Klinische Untersuchung

  • Charakteristisches klinisches Bild2-4
    • Lokalisation
      • meist nur Schienbeine betroffen, evtl. auch Knie, Knöchel
      • selten andere Lokalisationen wie Stamm, Arme, Oberschenkel, Waden, Gesicht
      • symmetrisch, bilateral
    • Art der Läsionen
      • erythematöse Knoten und Plaques
      • initial hellrot, später livid-rot bis grüngelb (Blutergüssen ähnelnd)
      • unscharf abgegrenzt
      • Einzelne Knoten treten mit einer Dauer von ca. 2 Wochen auf, in den ersten 3–6 Wochen können neue Läsionen auftreten.
    • Größe der Läsionen ca. 2–6 (1–10) cm, im Verlauf evtl. konfluierend
      • druckempfindlich
      • nie ulzeriert
  • Selten Hepatosplenomegalie, vergrößerte Lymphknoten

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • Möglichst gezielte Diagnostik je nach vermuteter Grunderkrankung auf der Basis von Anamnese und klinischer Untersuchung4

Labor

Rö-Thorax

Diagnostik bei Spezialist*innen

Biopsie, Histologie

  • Im Allgemeinen nicht erforderlich

Sonstige weiterführende Untersuchungen

  • Je nach vermuteter Grunderkrankung erweiterte gastroenterologische, pneumologische, rheumatologische, onkologische oder infektiologische Abklärung

Therapie

Therapieziele

  • Beschwerden lindern.
  • Evtl. Grunderkrankung behandeln.

Allgemeines zur Therapie

  • Symptomatische Therapie1,4
    • Hochlagern der Beine, evtl. Bettruhe
    • Kompressionsstrümpfe, Bandagen
    • Kühlen
    • Analgesie (insbesondere NSAR, alternativ Paracetamol)
    • in schweren Fällen systemisches Kortikosteroid
      • Die klinische Erfahrung zeigt rasche Wirkung sowohl auf Schmerzen als auch Hautläsionen.9
      • Das optimale Behandlungsregime ist nicht definiert, verabreicht werden kann z. B. Prednison 20 mg/d über 7–10 Tage.9
  • Ggf. Absetzen auslösender Medikamente

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Komplikationen

  • Evtl. Komplikationen im Rahmen einer Grunderkrankung

Verlauf und Prognose

  • Sehr gute Prognose
  • Überwiegend Abheilung in 2–8 Wochen ohne Residuen4
  • Rezidive in ca. 1/3 der Fälle, v. a. bei idiopathischem EN, oder wenn eine Grunderkrankung nicht effektiv behandelt werden kann.4

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Erythema nodosum
Erythema nodosum
Erythema nodosum
Erythema nodosum

Quellen

Literatur

  1. Kroshinsky D. Erythema nodosum. BMJ Best Practice, last updated 30 Jul 2021. Zugriff 31.12.22. bestpractice.bmj.com
  2. Schwartz R, Nervi S. Erythema Nodosum: A Sign of Systemic Disease. Am Fam Physician 2007; 75: 695-700. www.aafp.org
  3. Hebel J. Erythema nodosum. Medscape, updated May 11, 2020. Zugriff 31.12.22 emedicine.medscape.com
  4. Leung A, Leong K, Lam J. Erythema nodosum. World J Pediatr 2018; 14: 548–554. doi:10.1007/s12519-018-0191-1 DOI
  5. Chowaniec M, Starba A, Wiland P, et al. Erythema nodosum – review of the literature. Reumatologia 2016; 54: 79-82. doi:10.5114/reum.2016.60217 DOI
  6. Sullivan R, Clowers-Webb H, Davis MD. Erythema nodosum: a presenting sign of acute myelogenous leukemia. Cutis 2005; 76: 114-6. PubMed
  7. Perez-Garca D, Chavez-Alvarez S, Ocampo-Candiani J, et al. Erythema Nodosum: A Practical Approach and Diagnostic Algorithm. Am J Clin Dermatol 2021; 22: 367-378. doi:10.1007/s40257-021-00592-w DOI
  8. Blake T, Manahan M, Rodins K. Erythema Nodosum – A Review of an Uncommon Panniculitis. Dermatology Online Journal 2014. doi:10.5070/D3204022376 DOI
  9. Kroshinsky D. Erythema nodosum. UpToDate, last updated Jan 24, 2020. www.uptodate.com

Autor*innen

  • Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i. Br.

Link lists

Authors

Previous authors

Updates

Gallery

Snomed

Click to edit