Impetigo contagiosa

Zusammenfassung

  • Definition:Oberflächliche bakterielle Hautinfektion, die durch Staphylokokken und/oder Streptokokken verursacht wird.
  • Häufigkeit:Sie tritt vorwiegend im Kindesalter auf.
  • Symptome:Charakteristisch sind spontan auftretende Hauterosionen, die von einem honiggelben Schorf bedeckt sind. Meistens treten die Veränderungen an Hautarealen mit Ekzem sowie an den Extremitäten und im Gesicht auf.
  • Befunde:Klinisch zeigen sich oberflächliche oder bullöse Veränderungen. Eine durch Streptokokken verursachte Impetigo kann eine postinfektiöse Glomerulonephritis auslösen.
  • Diagnostik:Unter Umständen Abstrich und Kultur.
  • Therapie:Häufig klingt die Erkrankung auch ohne Therapie ab, andernfalls sollte eine lokale Antibiotikatherapie erfolgen. Bei starker Ausbreitung kann eine systemische Antibiotikatherapie angezeigt sein.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Impetigo contagiosa ist eine oberflächliche Hautinfektion mit spontan auftretenden Hauterosionen, die von einem honiggelben Schorf bedeckt sind.1
  • Die Infektion ist ansteckend. Meist sind Kinder im Alter von 2–6 Jahren betroffen.2
  • Klinisch werden zwei Formen unterschieden:
    1. oberflächliche Impetigo vulgaris
    2. Impetigo bullosa.
      • Bildung flüssigkeitsgefüllter Bläschen > 0,5 cm Durchmesser1

Häufigkeit

  • Inzidenz in Großbritannien 80/100,000 pro Jahr bei Kindern zw. 0 und 4 Jahren, 50/100.000 pro Jahr bei Kindern zw. 5 und 14 Jahren1
  • Häufigeres Vorkommen bei mangelhafter Hygiene und beengten Wohnverhältnissen1
  • Am häufigsten bei Kindern der Altersgruppe von 2–6 Jahren2
  • Insbesondere in Kindergärten und Schulen kann die Erkrankung epidemisch auftreten.
  • Das Auftreten der Erkrankung schwankt im jahreszeitlichen Verlauf erheblich und erreicht seinen Höhepunkt im August/September.

Ätiologie und Pathogenese

  • Oberflächliche Impetigo vulgaris
  • Impetigo bullosa
    • Infektion mit Staphylococcus aureus, der ein exfoliatives Toxin produziert. Dieses Toxin bewirkt eine Aufspaltung der Epidermis und Blasenbildung.1
  • Übertragung
    • Übertragung vorwiegend durch direkten zwischenmenschlichen Kontakt
    • Durch Kratzen oder Reiben der infizierten Bereiche sorgen die Patient*innen für die Verbreitung der Infektion bei sich selber oder die Übertragung auf andere.
    • Enges Zusammenleben (z. B. in Schulen, Kasernen, Wohn- und Pflegeeinrichtungen) begünstigt in jedem Lebensalter die Ausbreitung des Erregers.

Resistenz

  • Staphylokokken
    • 70–80 % der Staphylokokkenisolate produzieren Penicillinase.
      • meist Empfindlichkeit gegen penicillinasestabile Penicilline
    • Mehrfachresistenzen bei methicillinresistenten S. aureus (MRSA) häufig
      • 72 % aller MRSA aus Mitteleuropa sind resistent gegen Erythromycin, 94 % resistent gegen Chinolone, 66 % resistent gegen Clindamycin.
      • Im ambulanten Bereich sind MRSA allerdings selten.
  • Streptokokken
    • Streptokokken sind penicillinempfindlich.
    • Resistenzraten für Makrolide regional unterschiedlich zwischen 10 und mehr als 30 %.

Prädisponierende Faktoren

  • Wärme und Feuchtigkeit
  • Mangelnde Hygiene und enge Wohnverhältnisse 
  • Kinder mit atopischem Ekzem, durchgemachtem Ekzem oder atopischer Prädisposition.
    Impetigo contagiosa
    Impetigo contagiosa
  • Die Besiedelung der Nase mit den entsprechenden Bakterien

ICPC-2

  • S84 Impetigo

ICD-10

  • L01 Impetigo
    • L01.0 Impetigo contagiosa [jeder Erreger] [jede Lokalisation]

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Gelber Schorf auf leicht erythematöser Haut, allein oder in Kombination mit schlaffen Blasen
  • Die Diagnose erfolgt anhand des typischen klinischen Bildes.
  • Klinisch kann im Allgemeinen aufgrund des Erscheinungsbildes der auftretenden Effloreszenzen nicht sicher auf den verursachenden Erreger (kleinblasige Form: Streptokokken, großblasige Form: Staphylokokken) geschlossen werden.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

Impetigo vulgaris

  • Schmerzfreie Maculae oder Papulae, die rasch zu einer nässenden Läsion (Vesikel) mit blassgelbem Inhalt fortschreiten.
    • Teten v. a. im Gesicht und an den Beinen auf.
  • Nach dem Aufplatzen der Blasen bilden sich Erosionen. Der Inhalt trocknet ein und in Folge bildet sich der typische dicke, honiggelbe, juckende Schorf.
    • Wird der Schorf entfernt, tritt eine gelbe Flüssigkeit aus.
  • Der Hautausschlag verbreitet sich durch Autoinokulation häufig auf das umgebende Gewebe.
  • Fieber oder Allgemeinsymptome fehlen.

Impetigo bullosa

  • Typische schlaffe Blasen auf erythematöser Haut, zunächst klarer, dann trüber Inhalt1
  • Impetigo bullosa entsteht oft auf feuchter, intertriginöser Haut, z. B. im Windelbereich, den Achselhöhlen und in der Nackenfalte.3
  • Meistens sind Neugeborene betroffen, aber auch ältere Kinder und Erwachsene können erkranken.
    Eingetrocknete Impetigoblasen
    Eingetrocknete Impetigoblasen
  • Gelegentlich bereiten die Läsionen Schmerzen.
    • häufig keinerlei Allgemeinsymptome
    • evtl. Allgemeinsymptome wie Fieber und Diarrhö3

Klinische Untersuchung

  • Oberflächliche Impetigo vulgaris
    • nässende Hauterosionen mit infektiösem, honiggelbem Schorf
    • Lokalisation im Gesicht, vorwiegend im Bereich der Nase, Mundwinkel und Ohrläppchen; darüber hinaus häufig an Händen, Handgelenken und Rumpf
  • Impetigo bullosa
    • Oberflächliche Blasen mit einem Durchmesser von 0,5–3cm, die von einer schmalen roten Zone umgeben sind.
      Impetigo contagiosa
      Impetigo contagiosa
    • häufig schlaffe Blasen mit einer durchsichtigen oder eitrigen Flüssigkeit
    • Nach dem Aufplatzen der Blasen Ausbildung verkrusteter, erodierter Flächen mit typischen Collerette-artigen Blasenresten am Rand (Collerette: Halskrause)3
  • Gelegentlich besteht eine Schwellung der regionalen Lymphknoten.

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

Bakteriologischer Erregernachweis

  • Ein bakteriologischer Erregernachweis muss nicht routinemäßig erfolgen, sollte aber bei Rezidiven durchgeführt werden, des Weiteren dient er zur:
    • Bestandsaufnahme des lokalen Vorkommens
    • Kontrolle einer Resistenzentwicklung.
  • Bei fehlendem Ansprechen auf die klinische Therapie, Rezidiv oder Ansteckung innerhalb der Familie kommt der bakteriologischen Diagnose besonders hohe Bedeutung zu.
  • Von dem infizierten Hautausschlag kann ein Abstrich für eine Bakterienkultur entnommen werden.
    • Der Wundschorf wird angehoben und ein Abstrich von den darunter liegenden Erosionen durchgeführt.

Labor

Indikationen zur Überweisung

  • Überweisung in die dermatologische Praxis 
    • bei häufigen Rezidiven mit erfolgloser Antibiotikatherapie
    • bei schweren bullösen Formen
    • bei Unsicherheit bezüglich der Diagnose (v. a. bei bullöser Impetigo)

Therapie

Empfehlungen für Infektionen in der ambulanten Versorgung

  • Nichtbullöse (krustenbildende) Form: meist Staphylococcus aureus und/oder Beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A (GAS)3
  • Bullöse Form: toxinbildender Staphylococcus aureus3
  • Klinisch kann im Allgemeinen aufgrund des Erscheinungsbildes der auftretenden Effloreszenzen nicht sicher auf den verursachenden Keim (kleinblasige Form: Streptokokken, großblasige Form: Staphylokokken) geschlossen werden.

Therapieziele

  • Symptome lindern.
  • Krankheitsausbreitung verhindern.
  • Komplikationen vorbeugen.

Allgemeines zur Therapie

  • Es handelt sich um eine selbstlimitierende Erkrankung, i. d. R. Ausheilung auch ohne Behandlung.
  • Ergebnisse einer Cochrane Metaanalyse von 2012
    • Topische Antibiotika zeigten bessere Heilungsraten als Placebo.
    • Mupirocin und Fusidinsäure waren gleich wirksam.
    • Topische Antibiotika waren wirksamer als systemische.
    • Zur Wirksamkeit antiseptischer Lokalbehandlung existiert keine ausreichende Evidenz.4
  • Ein sorgfältiges Aufweichen und Reinigen von etwaigen Krusten mit Wasser und Seife wird empfohlen.
  • Ausgeprägte Verläufe, Allgemeinsymptome (Fieber, Lymphadenopathie) und Rezidivneigung sowie größere und stärker ausgebreitete Läsionen erfordern ein systemisches Antibiotikum.

Medikamentöse Therapie

  • Topische antiseptische Therapie
    • Polyhexanid, Polyvidon, Octenidin, Chlorhexidin
    • Sind topischen Antibiotika unterlegen.3 
    • Bei älteren Kindern (ab 5 Jahren) und Erwachsenen ergänzend zu Seife und Wasser bei der Körperhygiene möglich.1
  • Lokale Antibiotikatherapie
    • Mittel der 1. Wahl1,3
      • Fusidinsäure 2 % und Mupirocin 2 % sind die Antibiotika der Wahl.
      • Auftragen auf das betroffene Areal 3 x tgl. über 6–8 Tage
    • Es gelten dabei folgende Überlegungen:
      • Mupirocin sollte eigentlich auf die Therapie von MRSA beschränkt bleiben.
        • Ein unkritischer Einsatz bei Impetigo ist zu vermeiden.
      • Bei Staphylococcus aureus ist eine Fusidinsäure-Resistenz möglich, aber selten.
  • Systemische Therapie
    • Bei mehreren Läsionen oder ausgebreitetem und/oder progredierendem Verlauf (meist Impetigo bullosa), bei Neugeborenen und bei fehlendem Ansprechen auf die lokale Therapie ist die Einleitung einer systemischen Antibiotikatherapie ratsam.
    • Die orale antibiotische Therapie sollte durch eine topische antiseptische Hautpflege unterstützt werden.
  • Die systemische Therapie sollte nach Ergebnis des mikrobiologischen Abstrichs erfolgen.
  • Antibiotika
    • Flucloxacillin1
      • Kinder unter 2 Jahren: 62,5–125 mg p. o. alle 6 Stunden
      • Kinder von 2–10 Jahren: 125–250 mg p. o. alle 6 Stunden
      • Kinder ab 10 Jahren und Erwachsene: 250–500 mg p. o. alle 6 Stunden
    • Cefalexin1
      • Kinder 25–50 mg/kg/d p. o. auf 4 Tagesdosen verteilt
      • Erwachsene 250–500 mg p. o. alle 6 Stunden
    • Erythromycin1
      • Kinder 40 mg/kg/d auf 4 Einzeldosen verteilt
      • Erwachsene 250 mg p. o. alle 6 Stunden
    • bei MRSA (selten): Clindamycin oder Trimethoprim / Sulfamethoxazol oder Doxycyclin1

Prävention

  • Die wichtigste Vorbeugemaßnahme ist eine sorgfältige Händehygiene.
  • Mitglieder einer Familie oder sozialen Gruppe sollten keine gemeinsamen Handtücher und Waschlappen benutzen.
  • Das Ansteckungsrisiko wird durch eine sorgfältige Abdeckung der Läsionen reduziert.
  • Die Nasenschleimhaut stellt eine häufige Erregerquelle dar.
    • Bei Bedarf wird eine erneute Antibiotikatherapie verabreicht. Auch Angehörige mit Impetigo-Symptomen sind zu behandeln.
    • Bei rezidivierendem Erkrankungsverlauf, der auf Staphylococcus aureus zurückzuführen ist, ist die Ermittlung der Träger*innen anzustreben; ggf. ist eine Sanierung erforderlich.

Umgang mit Ausbrüchen

  • Bei einem Ausbruch in Kindergarten, Schule oder anderen Einrichtungen kommt einer sorgfältigen Handhygiene hohe Bedeutung zu.
  • Darüber hinaus sollte dafür Sorge getragen werden, dass Einmaltücher für die tägliche Reinigung von Spielsachen und Ähnlichem zum Einsatz kommen, und dass gemeinsam benutzte Gegenstände gereinigt bzw. gewaschen (und evtl. desinfiziert) werden.
  • Die Reinigung soll mindestens mit Wasser und Seife erfolgen.
  • Wenn ein rasches Eingreifen erforderlich ist, kann u. U. die Verwendung von Oberflächendesinfektionsmitteln zur Desinfektion von gemeinsam genutzten Gegenständen und Türgriffen angezeigt sein.
  • Mitarbeiter*innen und betreute Personen von Gemeinschaftseinrichtungen, die an einer Impetigo erkrankt sind, müssen der Einrichtung fernbleiben.

Wiederzulassung in Gemeinschaftseinrichtungen

  • Solange die Läsionen infektiös sind, dürfen keine sozialen Gemeinschaftseinrichtungen betreten werden.
  • Keine Tätigkeit in Küchen oder Gaststätten/Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung bzw. Betrieben mit Lebensmittelkontakt, solange Infektiosität besteht.
  • 24 Stunden nach Beginn einer wirksamen (lokalen) Antibiotikatherapie kann eine Wiederzulassung erfolgen, wenn die Läsionen nicht mehr eitern. Ohne Antibiotikatherapie ist eine Wiederzulassung erst nach Abheilung der Läsionen möglich. Ein schriftliches ärztliches Attest ist nicht erforderlich.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Impetigo contagiosa gilt als unkomplizierte Erkrankung mit selbstbegrenzendem Verlauf sowohl der bullösen als auch der nichtbullösen Form bei ansonsten gesunden Patient*innen.3 
  • Bei Neugeborenen engmaschige Kontrollen zum Ausschluss von Komplikationen1

Komplikationen

  • Bei Patient*innen mit einem guten Ernährungsstatus und ohne schwerwiegende Grunderkrankungen werden selten Komplikationen in Form von schwerwiegenden Infektionen bei Impetigo contagiosa beobachtet.
  • Eine unbehandelte Staphylokokken-Infektion kann die Entstehung von Furunkeln und Karbunkeln begünstigen.
  • Sehr selten tritt eine akute Glomerulonephritis auf.1
  • Sehr selten Ausbildung einer Phlegmone, Osteomyelitis oder Sepsis, v. a. bei Neugeborenen.1

Prognose

  • Die Erkrankung heilt i. d. R. ohne Narbenbildung aus.

Patienteninformationen

Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?

  • Die Erkrankung ist ansteckend, das Ansteckungsrisiko lässt aber mit Therapiebeginn rasch nach.
  • 24 Stunden nach Beginn der Therapie mit einer lokal anzuwendenden Antibiotikasalbe können Kinder den Kindergarten wieder besuchen, wenn die Therapie gute Wirkung zeigt und die Hautveränderungen nicht mehr eitern.
  • Kinder mit ausgedehnten Hautveränderungen sollten so lange zu Hause bleiben, bis die Läsionen abgetrocknet bzw. ausgeheilt sind.
  • Adäquate Körperhygiene, getrennte Nutzung von Handtüchern und das Waschen der Kleidung und Bettwäsche (möglichst mit 60 °C) sind Grundlage der Behandlung.

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Exanthem_Gesicht.jpg
Impetigo contagiosa (mit freundlicher Genehmigung von Dr. Regina Beverungen)
Impetigo contagiosa
Impetigo contagiosa
Eingetrocknete Impetigoblasen
Eingetrocknete Impetigoblasen
Impetigo contagiosa
Impetigo contagiosa: mit Staphylokokken infizierte Läsion in der Nasenöffnung

 Weitere Abbildungen finden Sie hier.

Quellen

Literatur

  1. Freeman M, Impetigo. BMJ Best Practice, last updated 10/2020. bestpractice.bmj.com
  2. Cole C, Gazewood J. Diagnosis and treatment of impetigo. Am Fam Physician 2007; 75: 859-64. PubMed
  3. Hartman-Adams H, Banvard C, Juckett G. Impetigo: diagnosis and treatment. Am Fam Physician. 2014 Aug 15;90(4):229-35. www.aafp.org
  4. Koning S, van der Sande R, Verhagen AP, et al. Interventions for impetigo. Cochrane Database Syst Rev. 18.01.2012 www.cochranelibrary.com

Autor*innen

  • Franziska Jorda, Dr. med., Fachärztin für Viszeralchirurgie, Ärztin in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Kaufbeuren
  • Stefan Bösner, Prof. Dr. med., Facharzt für Allgemeinmedizin, Abteilung für Allgemeinmedizin, Präventive und Rehabilitative Medizin, Marburg (Review)

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