Zytomegalievirus – was ist das?
Das Zytomegalievirus (CMV) gehört zur Gruppe der Herpesviren und wird auch als humanes Herpesvirus 5 (HHV-5) bezeichnet. Wie alle Herpesviren verbleibt CMV nach der erstmaligen Infektion ein Leben lang im menschlichen Körper. Ca. 50 % der Bevölkerung hatten Schätzungen zufolge bereits einmal Kontakt zu CMV.
Die Infektion mit CMV verläuft bei immungesunden Personen in den meisten Fällen ohne oder mit nur uneindeutigen Symptomen wie Halsschmerzen, Husten, Fieber, Kopfschmerzen und Müdigkeit. Liegt jedoch eine Immunschwäche vor, kann die Infektion einen schweren Verlauf nehmen und z. B. zu Schäden der Netzhaut des Auges und der Lunge führen. Eine erstmalige Infektion während einer Schwangerschaft ist besonders gefürchtet, da eine Übetragung auf das ungeborene Kind in manchen Fällen zu schweren Organschäden beim Kind führen kann.
Übertragung
Da das Virus nach einer erstmaligen Infektion in einigen Körperzellen verbleibt, kann es immer wieder zur Reaktivierung und Vermehrung des Virus kommen. Die Reaktivierung verläuft, ebenso wie die Erstinfektion, meist symptomlos. Eine Ansteckung durch einen Träger ist somit lebenslang möglich.
Das Virus kann in allen Körperflüssigkeiten vorhanden sein, z. B. Tränenflüssigkeit, Speichel, Urin, Genitalsekrete sowie Blut. Die Übertragungswege sind demnach Küssen, Sexualkontakte, Bluttransfusionen sowie Organ- und Knochenmarkstransplantionen. Da CMV auch in der Muttermilch ausgeschieden wird, werden mehr als 1/3 aller Säuglinge während des Stillens infiziert.
Ein besonders hohes Risiko für das ungeborene Kind besteht bei einer Erstinfektion der Mutter während des ersten Schwangerschaftsdrittels. Innerhalb dieses Zeitraums wird der Virus in 1 von 5 Fällen auf den Fetus übertragen. Bei etwa der Hälfte der neu infizierten Ungeborenen kommt es zu schweren bleibenden Fehlbildungen. Im letzten Schwangerschaftsdrittel beträgt die Übertragungsrate auf das ungeborene Kind 80 %. In dieser Phase verursacht die Infektion aber vermutlich keine Schädigungen mehr.
Vor oder nach der Geburt infizierte Kinder können bis zum 3. Lebensjahr oft hohe Virusmengen ausscheiden. Bei einigen hält die Virusausscheidung bis zum 8. Lebensjahr an. Es besteht deshalb ein hohes Übertragungsrisiko beim Kontakt zu Schwangeren oder Personen mit Immunschwäche.
Die Inkubationszeit (Zeitraum zwischen Infektion und Krankheitsausbruch) beträgt 4−6 Wochen.
Risikofaktoren
Durch den engen Kontakt mit Infizierten, die eine hohe Viruslast aufweisen, z. B. Kleinkinder, sind einige Personengruppen gefährdeter als andere (z. B. Personen, die in Kinderbetreuungseinrichtungen arbeiten). Eine ausreichende Händehygiene durch das regelmäßige Waschen der Hände mit Seife und Wasser ist hier deshalb besonders wichtig.
Eine Immunschwäche durch Medikamente, z. B. nach einer Transplantation, oder durch Erkrankungen, z. B. HIV, begünstigt ebenfalls die Infektion mit CMV.
Symptome
In den meisten Fällen verläuft die Erkrankung symptomlos. Manche Betroffenen zeigen das Bild einer Mononukleose, die oft nicht vom Pfeiffer-Drüsenfieber durch das Epstein-Barr-Virus (EBV) zu unterschieden ist. Es kommt zu Fieber, Abgeschlagenheit, Kopf- und Gliederschmerzen sowie zu Veränderungen der Zusammensetzung der weißen Blutkörperchen. Bei der CMV-bedingten Mononukleose treten weniger häufig Mandelentzündungen (Tonsillitis), Vergrößerungen der Milz (Splenomegalie), Hautausschläge und Blutarmut (Anämie) auf. In anderen Fällen können bei einer CMV-Infektion auch nur uneindeutige Symptome eines viralen Infekts vorliegen, z. B. Fieber, Schüttelfrost, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Halsschmerzen und Husten.
Bei einer CMV-Infektion im Mutterleib (konnatal) kann es beim Kind u. a. zu Hör- und Sehschäden, Verkalkungen des Gehirns, Wasseransammlungen innerhalb des Schädels (Hydrozephalus), Zahndefekten, Lernschwierigkeiten oder Wachstums- sowie Entwicklungsverzögerungen kommen.
Bei Personen mit einem erworbenen Immundefizit, z. B. AIDS, mit einem angeborenen Immundefekt oder unter immununterdrückender (medikamentöser) Therapie sowie bei Neugeborenen kann die Infektion Komplikationen hervorrufen und zahlreiche Organsysteme schädigen, z. B. Lunge (Pneumonie), Leber, Darm und Augen.
Diagnostik
Da eine Infektion mit CMV häufig symptomlos verläuft, kann man das Virus in sich tragen, ohne es zu wissen. Eine Kontrolle, ob man Kontakt zum Virus hatte oder nicht, ist in der Regel nicht angezeigt. In der Schwangerschaftsvorsorge wird in manchen Fällen ein Test auf CMV angeboten.
Treten Symptome auf, die auf eine CMV-Infektion hinweisen, wird die Krankengeschichte erörtert (z. B. ob Kontakt zu Kleinkindern besteht, etc.) und der Körper auf Krankheitszeichen untersucht. Zudem wird Blut abgenommen und mitunter auf das Vorhandensein von Antikörpern gegen CMV getestet (Serologie). Liegen Antikörper vor, deutet dies darauf hin, dass Kontakt zum Zytomegalievirus bestand. Je nach Art der Antikörper kann ggf. rückgeschlossen werden, ob eine Neuinfektion mit CMV vorliegt. Ggf. wird auch auf andere Viruserreger (u. a. EBV) getestet, da sie ein ähnliches Krankheitsbild hervorrufen können.
Therapie
Bei immungesunden Personen ist in der Regel keine Therapie angezeigt. Auch bei Personen, die seropositiv für CMV sind (Antikörper gegen CMV tragen), sind keine speziellen Maßnahmen erforderlich.
Bei immungeschwächten Personen können bei einer CMV-Infektion sogenannte virustatische Medikamenten verabreicht werden, welche die Vermehrung des Virus hemmen und in der Regel eine gute Wirkung zeigen. Ein Off-Label-Use, d. h. eine Anwendung trotz fehlender Zulassung für virostatische Medikamente bei Kindern, ist bei infizierten Neugeborenen möglich. Die virostatische Behandlung von Schwangeren und Stillenden wird nicht empfohlen.
Schwangere Frauen, die keine Antikörper gegen CMV besitzen (seronegativ sind), sowie immungeschwächte seronegative Personen sollten vorbeugende Maßnahmen ergreifen. Enger Kontakt mit Speichel und Schleimhäuten, v. a. bei Kleinkindern, sollte vermieden werden, z. B. Küssen, Abwischen von Nase und Mund, Ablecken von Schnullern. Insbesondere bei Kindern unter 3 Jahren sollte auch der Kontakt zu Urin gemieden werden. Gegenständen und Oberflächen, die Kontakt mit Speichel und Urin von Kleinkindern hatten, sollten regelmäßig gereinigt werden. Bestand Kontakt zu möglicherweise infizierten Körperflüssigkeiten (z. B. beim Windelnwechseln, Füttern, Waschen und Spielzeug, das in den Mund genommen wurde), sollten die Hände gründlich mit Wasser und Seife gewaschen werden. Auf eine gemeinsame Benutzung von Geschirr, Besteck, Zahnbürsten, Handtüchern und Waschlappen sollte verzichtet werden.
Weitere Informationen
- Pfeiffer-Drüsenfieber (Mononukleose)
- HIV, Symptome und opportunistische Infektionen
- Lebertransplantation
- Zytomegalie – Informationen für ärztliches Personal
- Mononukleose– Informationen für ärztliches Personal
Autoren
- Marleen Mayer, Ärztin, Mannheim