Zusammenfassung
- Definition:Krankheiten mit Ansammlung von anorganischem Staub in den Lungen mit Entzündung und Fibrosierung.
- Häufigkeit:Heutzutage selten.
- Symptome:Kurzatmigkeit, Husten und fortschreitender Belastungsdyspnoe.
- Befunde:Anfangs kaum klinische Befunde.
- Diagnostik:Röntgenthorax, ggf. CT, Lungenfunktionsdiagnostik.
- Therapie:Symptomatisch, in ausgeprägten Fällen Sauerstoff, Lungenrehabilitation, evtl. bronchodilatierende Medikamente.
Allgemeine Informationen
Definition
- Pneumokoniosen sind morphologische Veränderungen der Lungen durch die Inhalation anorganischer Mischstäube.
- Die häufigsten Pneumokoniosen sind Silikose und Asbestose.
- Weitere Pneumokoniosen sind Kohlenstaubpneumokoniose (Anthrakose), Berylliose, Talkose (Magnesiumsilikat), Stannose (Zinn, Zinnoxid) und Siderose (metallisches Eisen oder Eisenoxid).
Häufigkeit
- Inzwischen selten. Jährlich werden je 100.000 Einw. ca. 0,5 Fälle von Silikose und 2 Fälle von Asbestose als Berufskrankheit anerkannt.
Ätiologie und Pathogenese
- Je nach Zusammensetzung des Staubes kommt es zu:
- diffuser oder knotiger Bindegewebsbildung
- entzündlichen Prozessen oder
- Ablagerung des Staubes.
Silikose
- Die sog. Quarzstaublungenerkrankung umfasst neben der klassischen Silikose auch die sog. Kohlenbergarbeiterlunge (Coal Worker's Pneumoconiosis) und die Quarzstaublungenerkrankungen durch andere silikogene Stäube wie Cristobalit und Tridymit.
- Die Inhalation quarzhaltiger, alveolengängiger Mischstäube führt zu einer makrophagozytäre Entzündungsreaktion mit sekundärer interstitieller Fibrosierung, wobei der Prozess auch nach Beendigung der Exposition fortschreitet.
- Es kommt zu einem Lungenemphysem mit Einschränkung der Lungenfunktion.
- Das Risiko eines Lungenkarzinoms ist erhöht.
- Das Caplan-Syndrom ist eine Kombination der Silikose mit rheumatischen Affektionen, die Quarzstaublunge kann auch zusammen mit anderen kollagenen Erkrankungen auftreten.
Asbestose
- Die Asbestose ist eine durch Asbestfaserstaub verursachte, nicht granulomatöse Fibrose der Lunge mit begleitenden chronisch-entzündlichen Veränderungen.
- Die Erkrankung tritt oft erst jahre- bis jahrzehntelang nach der Exposition auf.
- Es entsteht eine chronische Bronchitis und in fortgeschrittenen Fällen emphysematöse Lungenveränderungen.
- Das Risiko eines Lungenkarzinoms und eines Mesothelioms ist erhöht.
- Symptome einer Asbestose sind:
- Reizhusten
Trommelschlegelfinger
- Kurzatmigkeit
- Brustenge.
- Uhrglasnägel, Trommelschlegelfinger und eine Rechtsherzhypertrophie können im späten Stadium auftreten.
- Reizhusten
Kohlenstaubpneumokoniose
- Kohle aktiviert und wirkt lytisch auf alveoläre Makrophagen.
- Schon früh im Krankheitsverlauf entstehen kleine Noduli mit einem Durchmesser von unter 1,5 mm als Reaktion auf die Kohlenstaubinhalation.
- Im späteren Krankheitsverlauf können Noduli bis zu 10 mm groß werden und zu großen Massen zusammenschmelzen, die Kavernen bilden können, insbesondere in den oberen Lungenlappen.
Sonstige Pneumokoniosen
- Eisen und Eisenoxid verursachen Mineralablagerungen und Entzündung.
- Magnesiumsilikat kann relativ schnell Fibrose hervorrufen.
Disponierende Faktoren
- Exposition gegenüber inhalativen Stäuben
- Nikotin
ICD-10
- J60 Pneumokoniose mit Kohlenstaub
- J61 Pneumokoniose, die durch Asbest und andere Mineralfasern verursacht wird
- J62 Pneumokoniose, die durch Steinstaub verursacht wird
- J62.0 Pneumokoniose, die durch Talk verursacht wird
- J62.8 Pneumokoniose, die durch sonstigen Steinstaub verursacht wird
- J63 Pneumokoniose, die durch sonstige anorganische Stäube verursacht wird
- J63.0 Aluminose
- J63.1 Bauxitfibrose
- J63.2 Berylliose
- J63.3 Graphitfibrose
- J63.4 Siderose
- J.63.5 Stannose
- J63.8 Pneumokoniose, die durch sonstige anorganische Stäube verursacht wird
- J64 Pneumokoniose, nicht näher bezeichnet
- J65 Pneumokoniose in Verbindung mit Tuberkulose
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Dyspnoe und Exposition in der Anamnese geben Hinweise auf die Erkrankung.
- Typische Veränderungen im Röntgenbild, ggf. pathologisch-anatomischen Untersuchung von Lungengewebe bestätigen die Diagnose.
Differenzialdiagnosen
- Lungenkarzinom
- Sarkoidose
- Lungenfibrose ohne bekannte Ursache
- Lymphangitis carcinomatosa
- Tuberkulose
Anamnese
- Expositionsanamnese
- Belastungsdyspnoe
- Husten und Auswurf
- Hämoptysen weisen eher auf ein Bronchialkarzinom hin.
- Nikotin
Klinische Untersuchung
- Der auskultatorische und perkutorische Befund ist häufig uncharakteristisch, feines Knisterrasseln kann den Hinweis auf eine Lungenfibrose geben.
- Bei Asbestose können Uhrglasnägel oder Trommelschlegelfinger bestehen.
Diagnostik bei Spezialist*innen
- Ein Tuberkulose-Test sollte bei entsprechendem Verdacht erwogen werden.1
- EKG, ggf. Echokardiografie
Funktionsdiagnostik
- Spirometrie mit Flussvolumenkurve2
- Ganzkörperplethysmografie
- Reversibilitätstest
- Bestimmung der CO-Diffusionskapazität (Transferfaktor)
- Blutgasanalyse in Ruhe und nach submaximaler Belastung
- Spiroergometrie
Röntgenthorax
- Silikose
- kleine rundliche Schatten im Rö-Thorax mit typischer Verteilung
- Zur Sicherung der Diagnose ist ein qualifiziertes Low-Dose-Volumen-HRCT des Thorax erforderlich.
- Asbestose
- Röntgen zeigt zumeist verbreitete, 2–4 mm große unregelmäßige Verdichtungen überwiegend in basalen Lungenabschnitten.
- Bei fortgeschrittener Erkrankung entwickeln sich mehr streifenförmige Verdichtungen basal (Bienenwabenmuster).
- Pleuraverdickung ist bei den meisten vorhanden.
- CT zeigt die Verbreitung deutlicher, insbesondere bei ausgeprägten Pleuraveränderungen.
Pathologisch-histologische Untersuchungen
- Asbestkörperchen können im Sputum, in der bronchialalveolären Lavage (BAL) oder durch Lungenbiopsie nachgewiesen werden.
- Eine Biopsie zur Diagnosesicherung ist nicht nötig; steht entsprechendes Lungenmaterial zur Verfügung, kann die Diagnose so bestätigt werden.
Indikationen zur Überweisung
- Bei Verdacht auf Pneumokoniose
Therapie
Therapieziel
- Eine Verschlechterung des Zustands verhindern.
Allgemeines zur Therapie
- Es gibt keine spezifische Behandlung gegen Pneumokoniosen.
- Je nach Schweregrad der Lungenfunktionseinschränkung kann die Gabe von Sauerstoff, einer Lungenrehabilitation sowie, bei Obstruktion, eine Behandlung mit Bronchodilatatoren hilfreich sein.
Medikamentöse Therapie
- Zur Therapie einer begleitenden Obstruktion siehe COPD.
- Glukokortikoide sind bei Pneumokoniosen wirkungslos.
Prävention
- Lüftung und Schutzausrüstung korrekt verwenden.
- Unnötige Exposition gegenüber potenziellen Agenzien vermeiden.
- Nikotinkarenz
Anerkennung als Berufskrankheit
- Treten Pneumokoniosen im Zusammenhang mit beruflichen Tätigkeit auf, können diese als Berufskrankheit anerkannt werden.
- Es wird eine ausführliche Arbeits- und Gefährdungsanamnese erhoben, und ein Gutachten entscheidet über die Anerkennung als Berufskrankheit.
- Dann können bestimmte Maßnahmen durchgeführt werden:
- Ersatzstoffprüfungen
- geeignete Schutzvorrichtungen
- spezielle therapeutische Maßnahmen
- Einstellung der gefährdenden Tätigkeit
- Zahlung einer Rente.
- Manchmal muss die Tätigkeit erst vollständig aufgegeben werden, damit die Anerkennung als Berufskrankheit erfolgen kann.
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- Schwere und Verlauf der Erkrankung hängen vom Ausmaß der Exposition ab, gerade bei der Asbestose kann es auch Jahre nach der Exposition zum Ausbruch der Krankheit kommen.
Komplikationen
- Ausgeprägte Lungenfibrose mit respiratorischer Insuffizienz und Cor pulmonale
- Silikose disponiert für eine Infektion mit dem Mycobacterium tuberculosis und atypischen Mykobakterien.,
- Wahrscheinlich erhöhtes Risiko für ein Lungenkarzinom
- Rauchen erhöht die Anfälligkeit für Pneumokoniosen und verschlechtert das Kranheitsbild.3
Prognose
- Je nach Verlauf
Verlaufskontrolle
- Regelmäßige Kontrollen, weil die Krankheit auch nach Beendigung der Exposition fortschreitet.
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Illustrationen

Trommelschlegelfinger (mit freundlicher Genehmigung von Dr. med. Erich Ramstöck)

Silikose, Röntgen
Quellen
Literatur
- teWaternaude JM, Ehrlich RI, Churchyard GJ, et al. Tuberculosis and silica exposure in South African gold miners. Occup Environ Med 2006;63:187-192. PubMed
- Rosenman KD, Reilly MJ, Gardiner J. Results of spirometry among individuals in a silicosis registry. J Occup Environ Med 2010;52:1173-1178. PubMed
- Kuempel ED, Wheeler MW, Smith RJ, et al. Contributions of dust exposure and cigarette smoking to emphysema severity in coal miners in the United States. Am J Respir Crit Care Med 2009;180:257-264. PubMed
Autor*innen
- Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge