Balanitis

Zusammenfassung

  • Definition:Entzündung der Eichel. Bei Mitbeteiligung der Vorhaut Balanoposthitis.
  • Häufigkeit:In der männlichen Gesamtbevölkerung Lebenszeitprävalenz von 3–11 %.
  • Symptome:Juckreiz, manchmal auch Brennen und Schmerzen an der Eichel. Beschwerden bei Urinieren und Geschlechtsverkehr.
  • Befunde:Rötung und ödematöse Schwellung der Eichel und Vorhaut. Teilweise Beläge, Ulzerationen oder urethraler Ausfluss.
  • Diagnostik:Klinische Diagnose. Ausschluss von Systemerkrankungen, insbesondere von sexuell übertragbaren Erkrankungen.
  • Therapie:Spezifische Behandlung der auslösenden Ursache. Antiseptische lokale Maßnahmen wie z. B. Povidol-Jod-Penisbad und adäquate Penishygiene.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Balanitis: Entzündung der Glans penis (Eichel)
  • Balanoposthitis: zusätzlich auch Präputium (Vorhaut) beteiligt
  • Balanoposthitis xerotica obliterans (BXO): Lichen sclerosus von Eichel und Vorhaut

Häufigkeit

  • Balanitis
    • in der männlichen Gesamtbevölkerung Lebenszeitprävalenz von 3–11 %1
    • Kann in jedem Lebensalter auftreten.1
  • Balanoposthitis xerotica obliterans2
    • Prävalenz 0,1–0,4 %

Ätiologie und Pathogenese

  • Diverse Ursachen möglich, oft auch Kombination mehrerer Faktoren
  • (Klein-)Kinder
    • Kombination aus physiologischer Phimose und mangelnder Hygiene
    • Lichen sclerosus
  • Jugendliche und junge Erwachsene
    • durch Geschlechtsverkehr übertragene Erkrankungen
    • allergische Kontaktekzeme
      • z. B. Latex (Kondom) oder Gleitmittel
    • mangelnde Hygiene
    • Verletzungen durch übertriebene Reinlichkeit oder Masturbation
    • Analverkehr
  • Ältere Patienten
    • Candida-Infektionen, insbesondere bei Diabetes mellitus oder anderen immunsupprimierenden Erkrankungen
    • Peniskarzinom
    • Balanitis Zoon: chronische Eichelentzündung unklarer Genese
  • In jedem Lebensalter

Prädisponierende Faktoren

ICPC-2

  • Y75 Balanitis

ICD-10

  • N48.0 Balanitis xerotica obliterans
  • N48.1 Balanitis und Balanoposthitis

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Balanitis
    • Gerötete Eichel, die vor allem juckt und auch schmerzen kann.
  • Balanoposthitis xerotica obliterans
    • initial gerötete Vorhaut
    • Im Verlauf weißlich derbe Vernarbungen, die bei ausbleibender Therapie auch die Glans befallen und zum porzellanartigen Abblassen der Glansoberfläche mit typischer Plaquebildung führen.

Anamnese

  • Symptome
    • Juckreiz der Eichel, ggf. auch Schmerzen und Brennen
    • Probleme beim Urinieren und Geschlechtsverkehr
  • Verlauf
    • Beginn und Dauer der Veränderungen
    • Auslöser? Trauma?
  • Hygienische Reinigung der Eichel?
  • Grunderkrankungen
  • Sexualanamnese
    • sexuelle Praktiken
    • Verhütung
    • Anzahl der Geschlechtspartner*innen

Klinische Untersuchung

  • Eichel und Vorhaut gerötet, mitunter Einblutungen oder Petechien
  • Ödematöse Schwellung der Vorhaut mit Schwierigkeiten, die Vorhaut zurückzuziehen.
    3276-2-balanitt.jpg
    Balanitis
  • Inguinale Lymphknotenschwellung möglich
  • Weitere Befunde können Hinweise auf die Auslöser geben:
    • Phimose
    • weißliche Verdickung der Vorhaut (Lichen sclerosus)
    • Bläschen (Herpes)
    • harter Schanker (Syphilis)
    • urethraler Ausfluss (Gonorrhö)
    • Kondylome (HPV)
    • erhabene Rötungen oder weißliche Verfärbungen mit Juckreiz (Pilzinfektion)
    • Verletzungen der Vorhaut/Eichel (Trauma bei Geschlechtsverkehr oder Masturbation).

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • Abhängig von Verdachtsdiagnose
    • Abstrich von Eichel und Vorhaut, ggf. Untersuchung des Erststrahlurins zum kulturellen Nachweis der Keime
    • histologische Untersuchung bei therapieresistenten Verläufen mit Verdacht auf Präkanzerose oder Peniskarzinom
    • Screening auf andere sexuell übertragbare Krankheiten
    • Ausschluss systemischer Erkrankungen, z. B. Diabetes

Indikationen zur Überweisung

  • Bei unklarer Ursache der Balanitis
  • Bei rezidivierenden Beschwerden
  • Bei Verdacht auf Peniskarzinom oder Präkanzerosen

Therapie

Therapieziele

  • Infektion sanieren.
  • Symptome lindern.
  • Rezidiv verhindern.

Allgemeines zur Therapie

  • Bei Kindern reichen meist lokale antiseptische Maßnahmen aus.
  • Bei Erwachsenen spezifische Behandlung entsprechend der Ursache
    • z. B. antimykotische oder antibiotische Therapie
      • Cave: Bei der Lokalbehandlung ist daran zu denken, dass Kondome ihre Reißfestigkeit verlieren können.
  • Bei rezidivierenden Entzündungen oder narbiger Vorhautverengung Zirkumzision in Erwägung ziehen.

Medikamentöse Therapie

Allgemein

  • Bakterielle Infektionen
    • Povidon-Jod-Penisbäder
    • Povidon-Jod-Salben oder Gentamicin-Creme, evtl. mit Mullstreifen unter die Vorhaut, regelmäßig wechseln, insbesondere nach dem Urinieren.
  • Bei Ekzemen und Kontaktdermatitis
    • lokale milde Kortikosteroidsalben

Spezifisch

  • Candida-Balanitis
    • beispielhaftes Präparat: 1 % Clotrimazol Creme
    • Anwendung: 2–3 x tgl. dünn auftragen für 1–2 Wochen.
  • Lichen sclerosus et atrophicans (Balanitis xerotica obliterans)
    • Soll immer behandelt werden, da es sich um eine fortschreitende Erkrankung handelt, die auf Urothel übergreifen kann.
    • Therapie der Wahl ist ein hochpotentes topisches Kortikosteroid (Clobetasol 0,05 %) für 3 Monate.
    • Vollständige Zirkumzision wird empfohlen, wenn die topische Therapie nicht zur kompletten Remission führt.
  • Bei sexuell übertragbaren Erkrankungen (u. a. Syphilis, Gonorrhö, HPV, Herpes genitalis) entsprechende Behandlung des Erregers
    • Partnerbehandlung, um wechselseitige Ansteckung zu verhindern.

Operative Therapie

  • Zirkumzision (Beschneidung) Mittel der Wahl bei frustraner medikamentöser Therapie, narbiger Phimose und V. a. Malignität

Prävention

  • Penishygiene
    • tägliches Abspülen des Penis mit lauwarmem Wasser
    • Vorhaut wird nur so weit zurückgestreift, wie es problemlos möglich ist.
    • Nach der Reinigung sollte die Vorhaut wieder nach vorn über die Eichel geschoben werden.
  • Mechanische Reize vermeiden.
  • Verwendung eines Kondoms beim Geschlechtsverkehr
  • Gewichtsabnahme bei adipösen Patienten1

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Rezidive sind bei unzureichender Hygiene häufig.

Komplikationen

  • Meatusstenose durch Narbenbildung und Verformungen
  • Narbige Phimose
  • Maligne Entartung
  • Invasive Ausbreitung einer Candida-Infektion

Prognose

  • Die Prognose ist von der Grunderkrankung abhängig.
  • Bei milder Balanitis sehr hohe Wahrscheinlichkeit für komplikationsloses Abheilen bei adäquater Therapie und Penishygiene

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

3276-2-balanitt.jpg
Balanitis

Quellen

Literatur

  1. Leber MJ. Balanitis. Medscape, last updated Nov 28, 2018. emedicine.medscape.com
  2. Becker K. Lichen Sclerosus in Boys. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(4): 53-58. www.ncbi.nlm.nih.gov

Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Allgemeinmedizin, Frankfurt

Link lists

Authors

Previous authors

Updates

Gallery

Snomed

Click to edit