Zusammenfassung
- Definition:Gesichtslähmung durch eine Schädigung des 7. Hirnnervs, kann zentral oder peripher auftreten.
- Häufigkeit:Lähmungen bei idiopathischer peripherer Fazialisparese treten jährlich bei 7‒40 von 100.000 Personen auf. Bei Kindern findet sich häufig eine Neuroborreliose als Ursache.
- Symptome:Sprech- und Essschwierigkeiten sowie Schwierigkeiten beim Schließen des Auges.
- Befunde:Lähmung der mimischen Muskulatur, in der Regel einseitig. Herabhängender Mundwinkel. Stirnmuskulatur nur bei peripherer Lähmung betroffen. Bei zentraler Lähmung durch Schlaganfall weitere neurologische Symptome (u. a. Paresen der Extremitäten, Aphasie).
- Diagnostik:Klinische Diagnose, zur Ursachenfindung Labor (Borrelien-Serologie) und Otoskopie (Zoster oticus). Evtl. weitere Diagnostik mittels Lumbalpunktion (bei Kindern obligat), Bildgebung oder elektrophysiologischer Untersuchungen.
- Therapie:Bei idiopathischer Fazialisparese Kortikosteroide. Kalkulierte antivirale Therapie nur bei schweren Formen erwägen. Bei bekannter Genese wird entsprechend dem Erreger bzw. der Ursache gezielt therapiert. Schutz der Kornea bei inkomplettem Lidschluss, z. B. durch Tränenersatzflüssigkeit und Uhrglasverband.
Allgemeine Informationen
Definition
- Periphere Fazialisparese (Bell-Lähmung)
- 60–75 % der peripheren Fazialisparesen sind idiopathischer Genese.
- Die übrigen 25–40 % lassen sich mit einer Erkrankung in Zusammenhang bringen (z. B. Zoster oticus, Borreliose, siehe auch unten).
- Benennung nach Sir Charles Bell (1774‒1842), der als Erster das Syndrom zusammen mit Anatomie und Funktion des N. facialis beschrieben hat.
- Zentrale Fazialisparese
- Anzeichen für Schlaganfall; erfordert notfallmäßige Krankenhaus-Einweisung.
Klassifikation
Häufigkeit
- Häufigste Hirnnervenläsion
- Inzidenz der idiopathischen peripheren Fazialisparese
- 7‒40 Fälle pro 100.000 Personen
- Geschlecht und Alter
- Betrifft Männer und Frauen gleich häufig.
- Inzidenz mit Alter zunehmend
- Zentrale Fazialisparese tritt am häufigsten bei Schlaganfall auf.
Klinische Anatomie
- Innervation des N. facialis
- motorisch
- Alle Gesichtsmuskeln, die für die Mimik verantwortlich sind.
- sensorisch/sensibel
- Geschmackseindrücke der vorderen 2/3 der Zunge
- äußeres Ohr, Gehörgang und Trommelfell
- parasympathische Nerven
- Tränen- und Speicheldrüsen
- motorisch
- Zentrale vs. periphere Lähmung
- Einige Motoneuronen des N. facialis, die zur Stirn ziehen, kreuzen die Mittellinie im Hirnstamm. So stammen die Fasern, die zur Stirn ziehen, aus beiden Hemisphären.
- Durch die aus beiden Hemisphären stammende Versorgung der Stirnmuskulatur ist ihre Innervation bei einer zentralen Läsion erhalten, bei einer peripheren Läsion aber nicht.
Ätiologie und Pathogenese
Periphere Fazialisparese
Idiopathisch
- Ist die häufigste Form (60–75 %).
- Es ist möglich, dass einige Fälle durch Reaktivierung eines latenten Herpesvirus (Herpes-simplex-Virus Typ 1 oder Varizella-Zoster-Virus) in den Hirnnervenganglien verursacht werden.1
- Bei nachgewiesenen Viren (HSV oder VZV) spricht man dann nicht mehr von der idiopathischen Fazialisparese, der Nachweis gelingt jedoch häufig nicht.
Bekannte Ursachen einer peripheren Fazialisparese
- Etwa 1/3 aller Fälle (25–40 %) einer peripheren Fazialisparese hat eine definierbare Erkrankung als Ursache.
- Bei Kindern ist fast immer die Ursache eruierbar.
- Unterscheidung in traumatische, entzündliche, traumatische, metabolische, neoplastische und andere seltene Ursachen
- entzündlich: Borreliose, Zoster oticus (die beiden häufigsten Ursachen); zudem selten Erreger wie HIV, CMV, Rubella-Viren, Mumps, Influenza B, Coxsackie-Viren, Rickettsiosen, Ehrlichiose, Guillain-Barré-Syndrom, Herpes-simplex-Virus, Diphtherie, Otitis media
- traumatisch: Felsenbeinfraktur
- metabolisch: Schwangerschaft, Diabetes mellitus
- neoplastisch: Schwannom, Meningeome, Glomustumor, maligne Tumoren, Cholesteatom
- andere seltene Ursachen: Sarkoidose, granulomatöse Polyangiitis, Sjögren-Syndrom, Melkersson-Rosenthal-Syndrom, akute lymphatische Leukämie, Dissektion der A. carotis interna, kongenital
Zentrale Fazialisparese
- Schlaganfall
- Hirntumor
- Andere neurologische Erkrankungen zentralen Ursprungs, z. B. multiple Sklerose
Prädisponierende Faktoren
- Schwangerschaft
- Migräne2
- Diabetes mellitus
- Z. n. viraler Infektion
- COVID-19-Erkrankung und Impfung mit BNT162b2-mRNA-COVID-19-Impfstoff
- möglicherweise mit einem gering erhöhten Erkrankungsrisiko für periphere Fazialisparese verbunden3-4
ICPC-2
- N91 Fazialisparese
ICD-10
- G51.0 Fazialisparese durch Läsion des unteren Motoneurons (peripher)
- G83.6 Zentrale faziale Parese
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Klinische Diagnose
- Zur möglichen Ursachenfindung sind Otoskopie (Zoster oticus) und Laboruntersuchungen (Borrelien-Serologie, ggf. auch Varizella-Zoster-Serologie) obligat.
- abhängig von klinischem Bild ggf. auch Bildgebung, Lumbalpunktion sowie elektrophysiologische Untersuchungen
- Bei Kindern ist wegen der hohen Anzahl nicht-idiopathischer Fälle die Lumbalpunktion obligat.
Differenzialdiagnosen
- Unterscheidung zwischen zentraler und peripherer Parese
- Bei einer zentralen Parese ist die Motorik der Stirn erhalten.
- Siehe hierfür den Abschnitt Ätiologie und Pathogenese.
Anamnese
- Bei einer plötzlich auftretenden einseitigen Gesichtslähmung handelt es sich häufig um eine periphere Fazialisparese ohne nachweisbare Ursache.5
- Die Gesichtslähmung bei einer peripheren idiopathischen Fazialisparese erreicht ihre vollständige Ausprägung in der Regel innerhalb von 48–72 h.
- Mit Auftreten der Lähmung werden oft begleitend retroaurikuläre Schmerzen und schwer fassbare Parästhesien im Bereich der gleichseitigen Wange angegeben.
- Diese sind in der Regel nicht Folge einer Mitbeteiligung des N. trigeminus, sondern Ausdruck der erlebten Minderinnervation bzw. des Tonusverlusts.
- Je nach Höhe der Läsion können Geschmacksstörungen, Verminderung der Tränen- und Speichelsekretion („trockener Mund“) und seltener auch Hyperakusis wegen der Parese des M. stapedius vorkommen.
Klinische Untersuchung
Allgemeines
- Im ersten Schritt der Abklärung Unterscheidung zwischen einer zentralen und peripheren Fazialisparese durch die Untersuchung der Stirnmuskulatur
- Bei zentraler Parese ist Stirnrunzeln möglich (siehe Abschnitt Klinische Anatomie).
- Anschließend wird ein vollständiger neurologischer Status mit detailliertem Hirnnervenstatus empfohlen, um die Läsion anatomisch zu lokalisieren und Hinweise für weitere Differenzialdiagnosen zu erhalten.
- Die klinische Untersuchung gibt Auskunft über das Ausmaß und den Schweregrad der Nervenläsion sowie mögliche Begleitbefunde.
- Wichtige Kriterien sind der Lidschluss, die Mitbeteiligung des M. stapedius, die Tränen- und Speichelsekretion sowie das Schmecken.
- Lidschluss
- Ein inkompletter Lidschluss und eine verminderte Tränenproduktion bergen das Risiko einer Hornhautulzeration.
- Funktionsstörung M. stapedius
- Hyperakusis für niedrige Frequenzen
- Tränen- und Speichelsekretion
- Trockenheit von Mund/Auge
- Parasympathische Innervationsstörung der Glandula submandibularis und sublingualis weist prognostisch auf eine schwere Fazialisparese hin.
- Schmecken
- Eine halbseitige Schmeckstörung wird von den Patient*innen meist als unangenehme Missempfindung beim Essen beschrieben.
- Otoskopie
- Da Herpesbläschen ausschließlich im Gehörgang auftreten können, soll bei der Erstuntersuchung immer otoskopiert werden.
- Bei sehr starken Schmerzen sollte, auch wenn keine Herpesbläschen vorliegen, differenzialdiagnostisch an eine Zoster-Infektion (Zoster sine herpete) gedacht werden.
Periphere Fazialisparese
- Bei einer idiopathischen peripheren Fazialisparese ist in der Regel kein anderer Hirnnerv betroffen, und es kommt nicht zu anderen neurologischen Ausfällen.
Zentrale Fazialisparese
- In der Regel liegen auch andere zentralnervöse Ausfälle vor: Paresen der Extremitäten, Sensibilitätsstörungen, Aphasie, Neglect.
Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis
- Laboruntersuchungen
- Obligat: Borrelien-Serologie, insbesondere bei Kindern, da hier der Anteil an Neuroborreliosen mit isolierter Fazialisparese besonders hoch ist.
- bei klinischem Verdacht auf Zoster oticus (Rötung, Schwellung, Ödem und Bläschenbildung im Ohrbereich oder am Trommelfell sowie Schmerzen in der Ohrregion): Varizella-Zoster-Serologie
- in Einzelfällen: Bestimmung von Gangliosid-Autoantikörpern als Hinweis auf eine immunpathogene Hirnnervenschädigung
Diagnostik bei Spezialist*innen
- Elektrophysiologische Untersuchungen
- Bei Unklarheit über periphere oder zentrale Genese der Fazialisparese ist in der Frühphase (1.–3. Tag) der Erkrankung die kanalikuläre Magnetstimulation hilfreich, da durch den Nachweis der kanalikulären Untererregbarkeit die periphere extrazerebrale Genese belegt wird.
- Zur Beurteilung der Prognose können die Elektroneurografie und die Elektromyografie herangezogen werden.
- Lumbalpunktion
- Die Notwendigkeit einer Lumbalpunktion zur Differenzialdiagnose der Fazialisparese wird kontrovers beurteilt.
- in 80–90 % der Untersuchungen Normalbefund
- Bei Kindern (hoher Prozentsatz nicht-idiopathischer Fazialisparesen) und bei klinischem Verdacht auf eine primär nicht-idiopathische Fazialisparese (starker lokaler Schmerz, bilaterale Fazialisparese, lokales vesikuläres Exanthem, z. B. isoliert im Gehörgang, vorbekannte Systemaffektion oder Malignomerkrankung) ist eine Lumbalpunktion indiziert.
- Die Notwendigkeit einer Lumbalpunktion zur Differenzialdiagnose der Fazialisparese wird kontrovers beurteilt.
- Bildgebung
- Bei typischer Klinik und Elektrophysiologie kann die bildgebende Untersuchung zurückgestellt werden.
- cCT: evtl. vor Durchführung einer Lumbalpunktion zum Ausschluss Hirndruck
- cMRT: bei atypischer Klinik mit akzessorischen Symptomen (z. B. Hypakusis, Tinnitus, sensible Ausfälle, Doppelbilder) mit Frage nach Kleinhirnbrückenwinkel- oder Felsenbeinprozess, Parotis- oder Hirnstammläsion
- Sonografie der Gesichts- und Halsweichteile: bei V. a. raumfordernden Prozess der Glandula parotis
Indikationen zur Überweisung/Klinikeinweisung
- Bei Patient*innen mit peripherer Fazialisparese sollte die Behandlung schnell begonnen werden.
- Bei einer sicheren Diagnose kann die Behandlung in der Hausarztpraxis, ggf. in Zusammenarbeit mit Spezialist*innen (HNO, Ophthalmologie), durchgeführt werden.
- Bei unsicherer Diagnose sollten die Patient*innen schnellstmöglich an Neurolog*in überwiesen oder in ein Krankenhaus eingewiesen werden.
- Überweisung an HNO-ärztliche Praxis
- bei Auffälligkeiten im Bereich des Ohres, der Ohrspeicheldrüse, des Mastoids, des Trommelfells oder einer Beeinträchtigung der Hörfunktion
- Überweisung an augenärztliche Praxis
- bei Verdacht auf Hornhautaffektion durch mangelnde Tränensekretion und inkompletten Lidschluss
- Bei zentraler Parese: notfallmäßige Klinikeinweisung
Therapie
Therapieziele
- Restitutio ad integram beschleunigen.
- Kornea vor einer Schädigung bei inkomplettem Lidschluss schützen.
Allgemeines zur Therapie
- Kortikosteroide verkürzen den Verlauf und erhöhen den Anteil an Patient*innen, die vollständig genesen, wenn die Behandlung innerhalb von 3 Tagen nach Beginn der Parese begonnen wird.6-7
- Bei bekannter Genese wird entsprechend dem Erreger bzw. der Ursache gezielt therapiert.
- Bei inkomplettem Lidschutz Schutz der Kornea durch gute Pflege des Auges, ggf. Tränenersatzmittel und nächtlichen Uhrglasverband
Empfehlungen für Patient*innen
- Evtl. kann ein Training der Gesichtsmuskeln durch Grimassen die Restitution beschleunigen und verbessern. Ausreichende Belege hierfür gibt es nicht, es kann aus psychologischen Gründen dennoch empfohlen werden.
- Schutz der Kornea durch adäquate Pflege des Auges (siehe Weitere Maßnahmen)
Medikamentöse Therapie
Glukokortikoide
- Patient*innen mit idiopathischer Fazialisparese sollen mit Glukokortikoiden behandelt werden.
- Die Steroide begünstigen die vollständige Rückbildung und verringern das Risiko von Synkinesien, autonomen Störungen sowie Kontrakturen.
- Empfohlen werden Therapieschemata aus den aktuellsten randomisierten Studien:
- entweder für 10 Tage 2 x 25 mg Prednisolon – oder –
- für 5 Tage 60 mg Prednisolon mit folgender täglicher Reduktion um 10 mg.
- Die morgendliche einmalige Glukokortikoidgabe wäre aus endokrinologischer Sicht wegen der geringeren Suppression der adrenalen Achse zu bevorzugen.
Virustatika
- Eine zusätzliche virustatische Therapie kann nicht generell empfohlen werden.
- Cochrane-Analyse zeigt bei Personen mit schwerer Bell-Lähmung (House-Brackmann-Score von 5 und 6 oder gleichwertig auf anderen Skalen), dass die Kombination von Virustatikum und Kortikosteroid im Vergleich zu Kortikosteroid allein keinen eindeutigen Effekt auf die Genesung nach 6 Monaten hatte (RR = 0,82).8
- Allerdings verringerten antivirale Medikamente plus Kortikosteroide das Risiko von Spätfolgen wie Synkinesien und Krokodilstränen im Vergleich zu Placebo bzw. Kortikosteroid allein (RR = 0,56).8
- Eine Entscheidung darüber sollte im Einzelfall im „Informed Consent“ mit den Patient*innen getroffen werden.
- Bei Nachweis eines Erregers sollte die zielgerichtete Therapie erfolgen, z. B.:
- Antibiotika bei akuter Neuroborreliose
- beispielhaftes Präparat: Doxycyclin
- Dosierung Erwachsene/Jugendliche ab 50 kg: 2- bis 3 x tgl. 100 mg oder 1 x tgl. 200–300 mg p. o.; 14 Tage
- Dosierung Kinder ab 9. Lebensjahr nach Abschluss der Zahnschmelzbildung: 4 mg/kg Körpergewicht pro Tag (max. 200 mg); 14 Tage
- Virostatika beim Zoster oticus
- beispielhaftes Präparat: Aciclovir
- Dosierung: 3 x tgl. 5–10 mg/kg KG i. v. für 7 Tage
- oder 5 x tgl. 800 mg p. o. für 7 Tage
- Bei klinischem Verdacht durch Bläschen im Gehörgang und/oder bei neuropathischen Schmerzen ist ein Therapiebeginn bereits vor dem Vorliegen der Serologie empfohlen.
- Antibiotika bei akuter Neuroborreliose
Weitere Maßnahmen
Hornhautprotektion
- Symptomatische Therapie mit künstlichen Tränen, Hornhautschutz durch Dexpanthenol-Augensalbe und nächtlichem Uhrglasverband bei unzureichendem Lidschluss
- Bei schwerwiegenden persistierenden Paresen kann eine Oberlidbeschwerung (äußerlich Bleigewichte oder subkutan implantierte Gold- oder Platingewichte) eine Therapieoption zur Protektion des Auges sein.
- Zudem können operative mikrochirurgische Behandlungsmöglichkeiten wie die chirurgische Rekonstruktion des betroffenen N. facialis (Cross-Face-Nervennaht), die Hypoglossus-Fazialis-Jump-Nervennaht oder ein freier Muskeltransfer erwogen werden.
Trainingsprogramm
- Für den Nutzen einer Übungsbehandlung gibt es bisher bei geringen Fallzahlen der durchgeführten Studien keine ausreichenden Belege.
- Sie kann aber aus psychologischen Gründen in Betracht gezogen werden.
Akupunktur
- Der Nutzen von Akupunktur ist aktuell nicht belegbar.
Hyperbare Oxygenation
- Die hyperbare Oxygenation kann nicht empfohlen werden.
Schwangerschaft
- Bei Schwangeren gelten die gleichen diagnostischen und therapeutischen Prinzipien.
- Wegen der bisher unzureichend untersuchten potenziellen Risiken für den Glukosestoffwechsel sollte eine Prednisolon-Therapie allerdings zumindest initial unter stationären Bedingungen unter Hinzuziehen geburtshilflicher Expertise vorgenommen werden.
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- In 80 % der Fälle kommt es zu einer völligen oder fast völligen Rückbildung innerhalb von 6 Monaten.9
- Rezidivrate von 4–14 %
Komplikationen
- Hornhautulzeration in der akuten Phase, wenn das Auge sich nicht schließen lässt.
- Dauerhafte Fazialisparese
- Unwillkürliche Kontraktionen der durch den N. facialis innervierten Muskeln (Synkinesien)
Prognose
- Die Prognose der Erkrankung ist insgesamt gut (s. o. Verlauf).
- Ein erhaltener Stapedius-Reflex (keine Hyperakusis) spricht für eine günstige Prognose.10
Indikatoren für eine schlechtere Prognose1
- Vollständige Lähmung des N. facialis
- Keine Besserung nach 3 Wochen
- Alter > 60 Jahre
- Starke Schmerzen
- Zoster oticus (Ramsay-Hunt-Syndrom)
- Begleiterkrankungen: Bluthochdruck, Diabetes
- Schwangerschaft
- Bei elektrophysiologischen Untersuchungen nachgewiesene ausgeprägte Degeneration des N. facialis
- Traumatische/postoperative Fazialisparesen mit deutlich schlechterer Prognose als infektiös bedingte Fazialisparesen10
Verlaufskontrolle
- Die Patient*innen sollten wiederholt einbestellt werden, bis die Lähmung sich gut zurückgebildet hat.
- Ist die Lähmung nicht innerhalb eines halben Jahres zurückgegangen, sollte eine Vorstellung in einem spezialisierten Zentrum erfolgen.
- Mikrochirurgisch erfahrene Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurg*innen können mit rekonstruktiven Maßnahmen nach erfolgloser nicht chirurgischer Therapie eine statische oder dynamische Wiederbelebung der Gesichtsmimik anbieten.
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Illustrationen

Zentrale Fazialisparese rechts

Periphere Fazialisparese links mit Bell-Phänomen
Quellen
Literatur
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Autor*innen
- Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Münster