Unkomplizierte Harnwegsinfekte bei Frauen

Brennen beim Wasserlassen, häufiger Harndrang, ein unangenehmes Gefühl im Unterbauch – oftmals steckt eine Blasenentzündung (Zystitis) dahinter. Bei einer unkomplizierten Zystitis handelt sich um eine harmlose, aber unangenehme Erkrankung, die häufig junge, gesunde, sexuell aktive Frauen betrifft. Zur Vorbeugung einer Blasenentzündung werden eine hohe Trinkmenge und regelmäßiges Wasserlassen empfohlen, v. a. nach dem Geschlechtsverkehr.

Was ist ein Harnwegsinfekt?

Bei einem Harnwegsinfekt rufen Bakterien eine Entzündungsreaktion in der Schleimhaut der Harnwege hervor. Man unterscheidet zwischen unteren und oberen Harnwegsinfekten. Die unteren Harnwege bestehen aus Harnröhre und Harnblase. Bei einer Harnröhrenentzündung (Urethritis) können stechende oder brennende Schmerzen besonders anfangs beim Wasserlassen auftreten. Die Patienten leiden ggf. unter Ausfluss (z. B. dickflüssig, weiß-gelblich) sowie einer schmerzhaften Reizung der Harnröhre. Die häufigste Ursache sind Chlamydien, seltener Mykoplasmen oder Gonokokken.

Ist die Harnblase betroffen (Blasenentzündung oder akute Zystitis), verursacht die Infektion mitunter Brennen beim Wasserlassen, besonders gegen Ende des Wasserlassens, häufigen und starken Drang zur Harnentleerung mit oftmals nur geringen Mengen, ein unangenehmes Gefühl im Unterbauch sowie manchmal blutigen Urin.

Dehnt sich die Entzündung auf die oberen Harnwege (Harnleiter) und die Nierenbecken aus (Nierenbeckenentzündung oder Pyelonephritis), können Fieber, Schüttelfrost sowie Rücken- oder Flankenschmerzen hinzukommen.

Warum kommen Blasenentzündungen so häufig bei Frauen vor?

Die Blasenentzündung oder Zystitis ist die häufigste Infektion bei Frauen. Die Hälfte aller Frauen hat in ihrem Leben mindestens einmal eine Zystitis. In einer Befragung gaben 3 % der Frauen an, an wiederholten Harnwegsinfektionen zu leiden. Die Häufigkeit ist abhängig von der Altersgruppe (am höchsten bei über 80-Jährigen).

Blasenentzündungen kommen bei Frauen deutlich häufiger vor als bei Männern. Ein Grund ist die Anatomie der Harnröhre der Frau, die deutlich kürzer ist als die des Mannes. Außerdem liegt der Ausgang der Harnröhre bei Frauen in der Nähe der Vagina und des Darmausgangs. Deswegen werden Bakterien schneller in die Harnblase verschleppt. Sie entstammen meist der eigenen Darmflora oder werden oder beim Geschlechtsverkehr übertragen. Durch Geschlechtsverkehr kann es durch die Bewegungen zur Verschleppung der Bakterien kommen, die die Harnröhre hinaufgelangen. Man spricht dann auch von einer Honeymoon-Zystitis, an der häufiger junge sexuell aktive Frauen erkranken. Vorbeugend wirkt das Wasserlassen nach dem Geschlechtsverkehr, um eventuelle Bakterien auszuspülen.

Wann ist ein Harnwegsinfekt unkompliziert?

Untere Harnwegsinfekte werden in komplizierte und unkomplizierte Harnwegsinfekte eingeteilt. Unkomplizierte Harnwegsinfekte liegen in der Regel bei Frauen vor, die nicht schwanger sind, keine anatomischen Besonderheiten des Harntraktes aufweisen und bei denen keine relevanten Begleiterkrankungen/Umstände (z. B. Diabetes mellitus, eingeschränkte Nierenfunktion oder Immunschwäche) vorliegen, die eine Harnwegsinfektion bzw. schwere Komplikationen begünstigen.

Beim Arzt reicht meist die Schilderung der Beschwerden aus, um die Diagnose zu stellen. Weitere Untersuchungen sind in der Regel nicht erforderlich. Je nach Befund und Vorliebe der Patientin erfolgt eine Therapie mit Antibiotika oder nur eine Behandlung der Symptome.

Sobald jedoch ein komplizierender Faktor (z. B. Fieber, Flankenschmerzen, Nierensteine, vorherige Antibiotikatherapie, Urinkatheter etc.) vorliegt sowie bei Kindern, Männern und Schwangeren, die sich mit Brennen beim Wasserlassen vorstellen, ist eine weitere Diagnostik empfohlen.

Ursachen

Harnwegsinfekte werden durch das Eindringen von Bakterien in die normalerweise keimfreie Harnblase verursacht. Fast immer handelt es sich dabei um Darmbakterien. Etwa drei von vier Infektionen werden von der Bakterienart Escherichia coli (E. coli) hervorgerufen. 

Nicht nur die Anatomie der Frau begünstigt das Aufsteigen von Darmbakterien in die Harnblase. Nach der Menopause nimmt der Spiegel weiblicher Geschlechtshormone (vor allem Östrogen) bei Frauen langsam ab. Eine Folge ist, dass die Schleimhaut der Scheide und in den Harnwegen dünner und trockener wird (atrophische Vulvovaginitis). Keime können dann leichter eindringen und eine Harnwegsinfektion hervorrufen.

Weitere Risikofaktoren für die Entwicklung eines Harnwegsinfekts sind Verhütungsmethoden mit Diaphragmen und Spermiziden, die Verhütung mit DMPA (Depot-Medroxyprogesteronacetat) sowie eine Antibiotikaeinnahme.

Darüber hinaus scheinen auch eine geringe Trinkmenge und seltenes Wasserlassen Harnwegsinfekte zu begünstigen. Bei Frauen, die nur selten Urinieren und das Bedürfnis zum Wasserlassen unterdrücken, können etwaige Bakterien länger in der Harnblase verweilen und sich somit schneller vermehren.

Diagnostik

Zur Diagnosestellung reicht meist die Beschreibung der typischen Krankheitszeichen (u. a. Schmerzen beim Wasserlassen, häufiges Wasserlassen mit geringen Urinmengen und fehlender Ausfluss aus der Vagina) durch die Patientin aus. Oft wird zusätzlich eine einfache Urinuntersuchung mittels Teststreifen durchgeführt, um den Verdacht zu erhärten. In der Regel ist eine ausführliche körperliche Untersuchung bei einem unkomplizierten Harnwegsinfekt bei nicht schwangeren Frauen nicht erforderlich.

Wenn ein komplizierender Faktor vorliegt, die Beschwerden nicht zurückgehen oder sich verschlimmern, wird ggf. eine Urinkultur angelegt. An den heranwachsenden Bakterien kann getestet werden, welches Antibiotikum am besten wirkt. Die Kultur ist in der Regel ein zuverlässiger Test, vorausgesetzt die Urinprobe wurde nicht durch Keime verunreinigt, die von den äußeren Geschlechtsteilen stammen. Als Urinprobe eignet sich am besten der sogenannte Mittelstrahlurin: Lassen Sie den Urinstrahl erst eine Weile laufen, ehe Sie die mittlere Portion des Harnstrahls in einem sauberen Becher auffangen. Befüllen Sie den Becher nicht bis zum Aussetzen des Strahls, sondern lassen Sie diese letzte Urinportion in die Toilette laufen. Möglicherweise kommen in diesen Fällen auch weitere diagnostische Methoden zum Einsatz, z. B. Ultraschall oder urologische Untersuchungen.

Therapie

Unkomplizierte Blasenentzündungen bei gesunden Frauen sind in der Regel harmlos. Sie heilen oftmals innerhalb von einer Woche von selbst aus. Es kann deshalb zunächst eine nichtantibiotische Behandlung erfolgen. Das Brennen und die Schmerzen beim Wasserlassen können unter Absprache mit dem behandelnden Arzt ggf. mit Schmerzmitteln behandelt werden. Außerdem kann das Auflegen einer Wärmflasche die Schmerzen reduzieren. Zusätzlich kann ein Rezept für ein Antibiotikum mitgegeben werden. Falls sich die Symptome nicht bessern oder verschlimmern, kann das Antibiotikum dann im Verlauf eingenommen werden. Um die Heilung zu beschleunigen, sollte viel getrunken (mindestens 2 Liter am Tag, wenn nichts dagegenspricht, wie zum Beispiel eine Herzschwäche) und die Harnblase vollständig und regelmäßig entleert werden.

Eine Antibiotikatherapie kann den Verlauf abkürzen und Symptome lindern und wird meistens gut vertragen. Dennoch sind Nebenwirkungen möglich. Im Falle eines unkomplizierten akuten Harnwegsinfekts bei einer ansonsten gesunden jungen Frau ist eine Einmalbehandlung mit Fosfomycin oder eine dreitägige Behandlung mit einem anderen Präparat meist ausreichend.

Frauen, die an wiederkehrenden Harnwegsinfekten leiden, können mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin vorbeugende Maßnahmen besprechen. Diese bestehen zum Beispiel in einer Einnahme von Mannose oder pflanzlichen Mitteln, z. B. Präparaten aus Kapuzinerkressekraut und Meerrettichwurzel. Eine andere Möglichkeit besteht in der Stand-by-Medikation, bei der Frauen das Antibiotika vorrätig haben und bei ersten Anzeichen eines Harnwegsinfekts eine Selbstbehandlung vornehmen (nach vorheriger Absprache mit dem Arzt).

Nach den Wechseljahren kann eine lokale Behandlung mit Östrogenen vorbeugende Wirkung zeigen. Dafür werden östrogenhaltige Zäpfchen in die Scheide eingeführt.

Was können Sie selbst tun?

Es gibt einige Dinge, die Sie selbst tun können, um das Risiko für Harnwegsinfekte zu verringern:

  • Entleeren Sie Ihre Harnblase regelmäßig und vollständig.
  • Achten Sie auf eine ausreichende Trinkmenge (mindestens 2 Liter am Tag, wenn nichts dagegenspricht, wie wie z. B. eine Herzinsuffizienz).
  • Es ist ausreichend, den Intimbereich nur mit Wasser oder Pflegeprodukten zu reinigen, die für die Intimhygiene geeignet sind. Hiermit wird die normale Scheidenflora aufrechterhalten, die für die Bakterienabwehr wichtig ist. Vermeiden Sie „Intimsprays" oder ähnliches.
  • Nach dem Geschlechtsverkehr sollte die Blase jedes Mal vollständig entleert werden.
  • Nach erfolgtem Stuhlgang ist auf die richtige Reinigung zu achten: Diese sollte bei Frauen immer von der Scheide in die Richtung des Afters erfolgen und nicht umgekehrt.
  • Vermeiden Sie zur Verhütungszwecken die Verwendung eines Scheidendiaphragmas und spermienabtötender Mittel (Spermizide), da diese im Verdacht stehen, das Risiko für Harnwegsinfekte zu erhöhen.

Eine Wirkung für die vorbeugende Einnahme von Cranberry-Extrakte konnte wissenschaftlich nicht eindeutig nachgewiesen werden. Auch für andere natürliche Mittel (zum Beispiel Tees aus Wacholder, Birke, Brennessel, Eukalyptus, Goldrute, Heuhechel und Javatee) liegen keine eindeutigen wissenschaftlichen Daten vor.

Prognose

Bei den meisten Patientinnen führt die antibiotische Behandlung zu einer schnellen Genesung. Ein unkomplizierter Harnwegsinfekt zeigt überdies selbst ohne medikamentöse Behandlung innerhalb einer Woche eine Spontanheilungsrate von 30–50 %. Einige Frauen haben allerdings wiederholte Harnwegsinfektionen. Nach einer ersten Harnwegsinfektion erkranken 20–36 % der jungen Frauen innerhalb eines halben Jahres erneut. Dennoch ist auch bei wiederholtem Auftreten nicht mit schweren Komplikationen zu rechnen.

In manchen Fällen kann ein Infekt der unteren Harnwege in die oberen Harnwege aufsteigen und eine Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis) hervorrufen. Es kommt dann zu einer Verstärkung der Beschwerden und häufig auch zu Fieber und Flankenschmerzen. Beobachten Sie diese Beschwerden bei sich oder gehen die Symptome der Blasenentzündung auch nach einer Woche nicht zurück, sollten Sie eine Ärztin konsultieren.

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  • Marleen Mayer, Ärztin, Mannheim
  • Dorit Abiry, Doktorandin am Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf

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References

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