Was ist der plötzliche Kindstod?
In den 1980er Jahren starben in Schweden jährlich mehr als 100 Kinder jedes Jahr aufgrund von plötzlichem Kindstod. Die Häufigkeit geht stark zurück, und 2004 wurden lediglich 28 Todesfälle registriert. Auch in anderen Industrieländern ist der plötzliche Kindstod deutlich seltener geworden: während z. B. in Deutschland 1987 noch 1,62 von 1000 Lebendgeborenen daran starben, waren es 2013 nur noch 0,22 von 1000 Lebendgeborenen. Der Grund für diesen Rückgang liegt in einer erfolgreichen Aufklärungskampagne: Nachdem konsequent angemahnt wurde, dass Kinder auf dem Rücken schlafen sollten, keine dicken Bettdecken oder Kissen verwendet, die Kinder in kühlen Räumen schlafen und die Eltern möglichst nicht rauchen sollten, sterben seit einigen Jahren deutlich weniger Kinder an plötzlichem Kindstod als noch vor 30 Jahren.
Am häufigsten betroffen sind Kinder im Alter von 2–4 Monaten (rund 100 Lebenstage). 90 % der Fälle treten vor dem Alter von sechs Monaten auf. Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen, und die meisten Fälle treten im Winterhalbjahr auf.
Ursachen
Weltweit wird in diesem Bereich intensiv geforscht, und es existieren zahlreiche Theorien. Die meisten Experten sind sich einig, dass folgende Faktoren das Risiko von plötzlichem Kindstod erhöhen:
- Als größter Risikofaktor wird angenommen, dass das Kind in Bauchlage (oder Seitenlage) schläft.
- Dicke Kissen, Bettdecken und weiche Matratze im Bett des Kindes (stattdessen Babyschlafsack verwenden)
- Schlafen im eigenen Zimmer
- Schlafen in überhitztem Zimmer
- Rauchen während der Schwangerschaft und während des Säuglingsalters des Kindes
- Frühes Abstillen, kein Schnuller
Nicht veränderbare Risikofaktoren:
- Die Mutter ist jünger als 20 Jahre.
- Zwillinge/Mehrlinge
- Geringes Geburtsgewicht, Frühgeburtlichkeit
- Männliches Geschlecht
- Niedrige Einkommensverhältnisse der Eltern
Grundsätzlich ist die Ursache für den plötzlichen Kindstod eine verminderte Sauerstoffversorgung des Kindes durch ungenügende Atmung. Verschiedene Umstände können dazu führen, dass der Säugling bei beginnendem Sauerstoffmangel nicht aufwacht (Aufwachreiz) und dann wieder effektiver atmet, sondern tief weiter schläft und weiterhin ungenügend atmet. Leidet das Kind z. B. an Husten oder Schnupfen oder ist überwärmt, wacht es schlechter auf. Einige der folgenden Punkte (Schnuller, Stillen, Rückenlage) führen hingegen eher zu einem Aufwachreiz und beugen somit dem plötzlichen Kindstod vor.
Ratschläge für Eltern
- Lassen Sie das Kind auf dem Rücken schlafen – nicht auf dem Bauch!
- Lassen Sie das Kind auf einer festen Unterlage in einem praktisch leeren Bett schlafen. Dicke Bettdecken, Felle, Kissen und Stofftiere können sich auf Mund und Nase legen und das Kind ersticken.
- Lassen Sie das Kind im selben Zimmer wie die Eltern schlafen. Die leisen Geräusche wecken das Kind immer mal wieder auf.
- Die Temperatur im Schlafzimmer sollte nicht zu hoch sein, etwa 18 °C, und das Kind sollte nicht zu dick angezogen oder zu warm zugedeckt sein. Das Bettchen sollte nicht genau an einer Heizung oder mittags an einem sonnendurchfluteten Fenster stehen.
- Längeres Stillen scheint vor plötzlichem Kindstod zu schützen.
- Die Verwendung eines Schnullers nach dem Alter von einem Monat kann von Vorteil sein.
- Rauchen Sie während der Schwangerschaft und nach der Geburt nicht.
Es gibt Fälle von plötzlichem Kindstod, wenn das Baby sehr eng direkt neben der Mutter schläft (sogar kurz nach der Geburt, wenn das Baby erschöpft auf dem Bauch der Mutter liegt) und dadurch die Atemwege verlegt werden. Die Gefahr hierfür steigt, wenn die Mutter oder der Vater Alkohol oder Drogen konsumiert hat und entsprechend tief schläft. Liegen diese Risikofaktoren nicht vor, kann das gemeinsame Schlafen in einem Bett jedoch sogar vor plötzlichem Kindstod schützen. Lassen Sie sich am besten von Ihrem Kinderarzt beraten.
Damit das Kind nicht nur auf dem Rücken liegt (was manchmal zu einem abgeflachten Hinterkopf führt), können Sie es auf dem Bauch schlafen lassen, während Sie es beaufsichtigen können (z. B. beim Spaziergang im Kinderwagen).
Home Monitoring?
Bei Kindern, deren Eltern sehr besorgt waren, wurden Bewegungsmelder und Geräte getestet, die die Atmung überwachen. Es konnte aber kein Beweis dafür erbracht werden, dass eine solche Überwachung Kinder vor plötzlichem Kindstod schützt.
Hilfen für Eltern, die ein Kind durch plötzlichen Kindstod verloren haben
Ein Kind zu verlieren, ist eine der schlimmsten Krisen, der ein Mensch ausgesetzt sein kann. Eine solche Krise kann zu Depressionen, Angst und weitere psychischen Problemen führen. Wenn wir nicht darüber sprechen, was passiert ist, steigt die Gefahr derartiger Folgen. Deshalb ist es wichtig, dass Eltern nach dem Verlust eines Kindes professionelle Hilfsangebote in Form von Gesprächen annehmen. Bei einigen Eltern kann auch eine medizinische Therapie erforderlich sein.
Man kann nicht erwarten, über den Verlust eines Kindes hinwegzukommen oder ihn zu vergessen, und darum geht es bei der Therapie auch nicht. Ziel ist es vielmehr, eine Art von Aussöhnung mit dem, was passiert ist, zu erreichen, um seine Kräfte dafür nutzen zu können, ein normales Leben zu führen. Durch eine gemeinsame Bearbeitung der Trauer mit Personen, die sich in diesem Bereich auskennen, ist die Chance, dieses Ziel zu erreichen, viel größer.
Weitere Informationen
- Plötzlicher Kindstod – Informationen für ärztliches Personal
Autorin
- Susanne Meinrenken, Dr. med., Bremen
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References
Based on professional document Plötzlicher Kindstod. References are shown below.
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