Subscapularis-Tendopathie

Zusammenfassung

  • Definition:Sehnenerkrankung des M. subscapularis.
  • Häufigkeit:Isolierte Verletzungen sehr selten. Meist in Kombination mit Verletzung von anderen Sehnen der Rotatorenmanschette.
  • Symptome:Eher ventrale Schmerzen im Schultergelenk. Eingeschränkte Innenrotation, die z. B. beim Schürzebinden auffällt.
  • Befunde:Verminderte Kraftentwicklung und Schmerzen bei Innenrotation im Schultergelenk. Bei Ruptur vermehrte passive Außenrotation.
  • Diagnostik:Zur Differenzialdiagnostik Röntgen. Zur Darstellung der Sehne Sonografie oder MRT.
  • Therapie:Bei jungen, sportlich aktiven Patient*innen arthroskopische Rekonstruktion der Sehne. Bei älteren Patient*innen mit schlechter Sehnenqualität konservative Therapie mit Physiotherapie zur Kräftigung der restlichen Schultermuskulatur.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Sehnenerkrankung des M. subscapularis, die degenerativ oder traumatisch bedingt sein kann.

Häufigkeit

  • Isolierte Subscapularis-Rupturen sind selten und nur bei ca. 5 % aller Verletzungen der Rotatorenmanschette zu beobachten.1
    • Tritt meist in Kombination mit anderen Sehnenverletzungen der Rotatorenmanschette auf.

Klinische Anatomie

  • Der Humeruskopf wird maßgeblich von den verschiedenen Anteilen der Rotatorenmanschette, dem M. subscapularis, supraspinatus, infraspinatus und teres minor, in der Gelenkpfanne des Schultergelenks zentriert und geführt.
  • M. subscapularis
    • Verlauf: Ursprung Fossa subscapularis (ventrale Fläche der Scapula), Ansatz am Tuberculum minus
    • Innervation: N. subscapularis (C5–C7)
    • Funktion: einziger Innenrotator vom Schultergelenk, zusätzlich Adduktion

Ätiologie und Pathogenese

  • In höherem Alter kommt es meist zu einer Degeneration der Sehnen der Rotatorenmanschette mit Verfettung der Sehnen, die somit für Rupturen besonders anfällig werden.
  • Bei einer traumatischen Ruptur des M. subscapularis besteht der Pathomechanismus in der Regel aus einer forcierten Hyperextension oder Außenrotation des abduzierten Armes.2
    • häufig bereits Vorschädigung durch repetitive Mikrotraumata
    • Prädilektionsstelle ist der muskulotendinöse Übergang.

Disponierende Faktoren

  • Schwere Arbeit mit den Händen über dem Kopf oder häufiges Heben und Tragen
  • Frühere Rotatorenmanschettenverletzung

ICPC-2

  • L92 Schulter-Syndrom

ICD-10

  • M75.1 Läsionen der Rotatorenmanschette

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Charakteristisch sind verminderte Beweglichkeit und Kraft der Innenrotation des betroffenen Schultergelenks im Seitenvergleich.
  • Sicherung der Diagnose durch MRT oder Sonografie

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Symptomatik
    • in der Regel schleichender Beginn mit ventralen Schulterschmerzen und Einschränkung der Innenrotation
    • Degenerative Rupturen sind in der Regel schmerzarm.
  • Trauma?
    • meistens kein eindeutiges Trauma, sondern eher repetitive Mikroverletzungen bzw. degenerative Veränderungen
    • Belastungen der Schulter durch Arbeit (Überkopfarbeiten) oder Sport (Wurfsportarten, Schwimmen)?
  • Vorherige Schulterverletzungen?

Klinische Untersuchung

  • Für die klinische Untersuchung des Schultergelenks siehe auch den entsprechenden Artikel hier.
    • immer Untersuchung im Seitenvergleich an entkleideten Patient*innen empfohlen

Spezifische Tests bei Subscapularis-Tendopathie

  • Häufig vermehrte passive Außenrotation und aktiv eingeschränkte Innenrotation im Vergleich zur gesunden Gegenseite
  • Belly-Press-Test oder Test nach Gerber
    • Patient*in wird aufgefordert, bei geradem Handgelenk mit der flachen Hand auf den Bauch zu drücken und dabei zu versuchen, die Ellenbogen nach vorne zu halten (maximale Innenrotation).
    • Positiv: Ellenbogen kann nicht vorne gehalten werden, stattdessen Flexion im Handgelenk.
  • Lift-Off-Test 
    • Patient*in stehend
    • Handrücken wird auf dem lumbalen Rücken abgelegt.
    • Anschließend soll Handfläche gegen Widerstand der/des Untersucher*in von dem Rücken weggeführt werden (entspricht Innenrotation im Schultergelenk).
    • positiv: deutliche Kraftminderung im Seitenvergleich

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • Nicht notwendig

Diagnostik bei Spezialist*innen

Röntgen

  • Beurteilung degenerativer Veränderungen des Schulter- und Akromioklavikulargelenkes
  • Bei Rotatorenmanschettenmassenruptur besteht ein Humeruskopfhochstand.

Ultraschall

  • Dynamische Beurteilung der Sehnen sowie Bursae des Schultergelenks

MRT

  • Genaue Beurteilung der Weichteile und insbesondere der Rotatorenmanschette und Bizepssehne
    • meist zur OP-Planung indiziert

Indikationen zur Überweisung

  • Bei konservativ therapierefraktären Beschwerden Überweisung an Schulterchirurg*in

Therapie

Therapieziele

  • Schmerzen lindern.
  • Schulterfunktion wiederherstellen.

Allgemeines zur Therapie

  • Die Indikation zur operativen Sehnenrekonstruktion sollte in Abhängigkeit des Patientenalters und der Sehnenqualität im MRT kritisch evaluiert werden.2
  • Meist können durch Physiotherapie und Kräftigung der Schultermuskulatur eine ausreichende Schulterfunktion und Schmerzlinderung erzielt werden.

Empfehlungen für Patient*innen

  • Arbeiten und Aktivitäten vermeiden, die die Schmerzen verschlimmern.

Konservative Therapie

NSAR

  • Schmerzlindernde und entzündungshemmende Medikamente können in der akuten Phase indiziert sein.
    • z. B. Ibuprofen 600 mg 1–0–1 für 5 Tage

Kühlen

  • Bei akutem Reizzustand wirkt die 3–4 x tägliche Applikation von Eisbeuteln auf die schmerzhafte Stelle oft schmerzlindernd.

Physiotherapie

  • Kräftigung der Rotatorenmanschette
  • Ausgleich von Muskelverkürzungen und -dysbalancen

Operative Therapie

  • Bei jungen, sportlich aktiven Patient*innen mit guter Sehnenqualität kann eine arthroskopische Naht der rupturierten Subscapularissehne durchgeführt werden.3
    • Bei älteren Patient*innen besteht wegen der verminderten Sehnenqualität (degenerative Verfettung) ein deutlich erhöhtes Risiko für eine Re-Ruptur, sodass in diesen Fällen häufig ein konservatives Vorgehen sinnvoller ist.2

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Ist die Sehne nur überlastet, lässt die Schmerzsymptomatik durch Kühlen und antiphlogistische Medikamente meist innerhalb einiger Tage nach.

Komplikationen

  • Bei dezentriertem Humeruskopf durch Ruptur einer oder mehrerer Sehnen der Rotatorenmanschette Entwicklung einer Omarthrose

Prognose

  • Bei isolierter Ruptur der Subscapularissehne können die restliche Rotatorenmanschette sowie der M. deltoideus die Funktion oft gut kompensieren, insbesondere durch physiotherapeutische angeleitete Übungen.
  • Bei einer Massenruptur der Rotatorenmanschette ist die Schulterfunktion dagegen deutlich eingeschränkt, und abhängig vom Patientenalter ist eine arthroskopische Rekonstruktion oder Schulterprothese notwendig.
    • Bei älteren Patient*innen mit geringem Funktionsanspruch an die Schulter ist auch hier ein konservatives Vorgehen möglich.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Literatur

  1. Kreuz PC, Remiger A, Erggelet C, et al. Isolated and combined tears of the subscapularis tendon. Am J Sports Med 2005; 33(12): 1831-7. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  2. Witte L, Schneider MM, Jung C, et al. Medial Rotator Cuff Failure. Arthroskopie 2015; 28: 237-9. www.researchgate.net
  3. Yoon JS, Kim SJ, Choi YR, et al. Arthroscopic Repair of the Isolated Subscapularis Full-Thickness Tear: Single- Versus Double-Row Suture-Bridge Technique. Am J Sports Med 2019; 47(6): 1427-33. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov

Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Frankfurt a. M.

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