Non-Hodgkin-Lymphom

Zusammenfassung

  • Definition:Maligne Proliferation lymphoider Zellen, die von den B-Zellen (85 %) oder T-Zellen (15 %) des lymphatischen Gewebes ausgehen.
  • Häufigkeit:Die Inzidenz liegt bei ca. 10–15/100.000 und tritt selten vor dem 40. Lebensjahr auf. In den letzten Jahrzehnten kann eine stetige Zunahme verzeichnet werden. AIDS-Patient*innen sind etwa 1.000-fach häufiger betroffen.
  • Symptome:Vergrößerte Lymphknoten, evtl. Nachtschweiß, Fieberepisoden, unfreiwilliger Gewichtsverlust. Die Symptome können jedoch auch fehlen.
  • Befunde:Lymphknotentumor, evtl. Hepatosplenomegalie, Blässe und Rhagaden aufgrund von Anämie.
  • Diagnostik:Biopsie und histologische Untersuchung.
  • Therapie:Abhängig vom histologischen Ergebnis und der Lymphomausbreitung; Behandlungsoptionen sind Bestrahlung, Zytostatika, Antikörper, immunsupprimierende Behandlung oder Knochenmarktransplantation.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Maligne Proliferation von lymphoidem Gewebe. Die histologische Untersuchung unterscheidet zwischen Non-Hodgkin- und Hodgkin-Lymphom.
  • Das Non-Hodgkin-Lymphom umfasst eine große und heterogene Gruppe von Krankheiten mit neuroplastischer Proliferation lymphoider Zellen in Lymphknoten und anderem lymphoidem Gewebe.

Klassifikation (WHO)

  • Die einzelnen Krankheitsbilder werden auf Grundlage einer Kombination von Kriterien für Morphologie, Immunphänotyp, genetischen Veränderungen und Klinik definiert.
  • Es wird Gewicht auf die Abgrenzung der klinischen Krankheitsentitäten gelegt, die sich im Hinblick auf ihr biologisches Verhalten und der Behandlungsoptionen stark unterscheiden.
  • Das Non-Hodgkin-Lymphom wird in mehr als 50 unterschiedliche Unterdiagnosen mit folgenden Hauptgruppen unterteilt:
    • B-Zell-Neoplasien (85 %)
    • T-Zell/NK(natürliche Killerzellen)-Neoplasien (15 %).
  • Vgl. die WHO-Klassifikation lymphoider Neoplasien.5
  • Siehe auch den Abschnitt zur Klassifikation nach ICD-10.

Stadieneinteilung Lymphome (Ann-Arbor-Klassifikation)

  • Stadium I
    • Erkrankung in einer einzelnen Lymphknotenregion nachgewiesen
  • Stadium II
    • Erkrankung in mehreren Lymphknotenregionen auf derselben Seite des Zwerchfells
  • Stadium III
    • Erkrankungen auf beiden Seiten des Zwerchfells, aber auf Lymphknoten und Milz beschränkt
  • Stadium IV
    • Erkrankung außerhalb von Lymphknoten und Milz
  • Zusatz E bei den Stadien I–III bei extranodalem Befall
  • Innerhalb der Stadien wird das Lymphom als A klassifiziert, wenn keine Allgemeinsymptome auftreten, und als B, wenn Allgemeinsymptome vorkommen.

Häufigkeit

  • Inzidenz: Die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen wird auf 10–15 pro 100.000 Personen geschätzt. AIDS-Patient*innen haben eine bis zu 1.000-fach erhöhte Inzidenz.
  • Alter
    • Lymphome können in allen Altersgruppen auftreten, kommen jedoch am häufigsten nach dem 40. Lebensjahr vor.
    • Die Inzidenz der einzelnen NHL unterscheidet sich in den verschiedenen Altersgruppen erheblich.
    • im Kindes- und Jugendalter
      • NHL machen etwa 6,6 % aller malignen Erkrankungen bei Kindern unter 15 Jahren aus. Bei den 15- bis 17-Jährigen nimmt der Anteil zu.
      • jährlich ca. 9 Neuerkrankungen pro 1 Mio. Kinder < 15 Jahre6
      • bei Kindern < 2 Jahre selten
      • Der Einsatz intensiver Leukämieregime hat die Überlebensrate bei Kindern erheblich verbessert.
  • Die Verteilung zwischen indolenten (früher als niedriggradig maligne bezeichnet) und aggressiven NHL ist fast gleich.
    • Das indolente maligne Lymphom tritt in den höheren Altersgruppen häufiger auf.
  • Die Verbesserung der Diagnostik und Klassifizierung der Lymphome hat zu einer 10- bis 15-prozentigen Zunahme der Diagnose NHL (statt Hodgkin-Lymphom) geführt.

Ätiologie und Pathogenese bei B-Zell-Lymphom

  • B-Zell-Neoplasien können als eine klonale Proliferation von B-Zellen beschrieben werden, die in einem bestimmten Stadium der Differenzierung von lymphoiden Stammzellen zu reifen B-Zellen (Plasmazellen) „einfrieren“.
  • Die unterschiedlichen Lymphomerkrankungen spiegeln die Differenzierungsstadien der normalen B-Zellen wider und bilden eine wichtige Grundlage für die Klassifizierung (WHO 2016).5

Ätiologie

  • Infektiöses Agens
    • Scheint an der Entwicklung unterschiedlicher Formen von B-Zell-Lymphomen beteiligt zu sein.
    • Das bekannteste Beispiel ist der Zusammenhang zwischen Epstein-Barr-Virus und endemischem Burkitt-Lymphom in Afrika.
    • Das humane Herpesvirus 8, HIV und das Hepatitis-C-Virus werden alle mit der Entstehung von Lymphomen in Verbindung gebracht.
    • Das MALT-Lymphom in der Magenschleimhaut wird vermutlich von einer Helicobacter-pylori-Infektion verursacht. Frühe Stadien (IE) können teilweise durch die Eradikation vollständig geheilt werden.
  • Risikofaktoren
    • Immundefizienz oder -suppression (z. B. HIV-Infektion, Immunsuppression nach Organtransplantation)
    • Autoimmunerkrankungen (z. B. rheumatoide Arthritis, Morbus Sjögren)
    • Hinweise auf genetische Risikofaktoren
    • Genexpressionsprofil bislang nur als Klassifikations- und Prognosehilfe bei bereits gestellter Diagnose NHL sinnvoll

Ätiologie und Pathogenese bei T-/NK-Zell-Lymphom

Ätiologie

  • Das Virus HTLV-1 wird mit adultem T-Zell-Lymphom/Leukämie in Japan und auf den karibischen Inseln assoziiert und ist wahrscheinlich bei diesem T-Zell-Lymphom ein wesentlicher Faktor in der Pathogenese.
  • Abgesehen von diesem gibt es keine bekannten Umweltfaktoren, die für die Entwicklung der T-Zell-Lymphome disponieren.
  • Enteropathietypische T-Zell-Lymphome des Erwachsenenalters kommen bei Zöliakie vor.

Disponierende Faktoren

ICPC-2

  • B74 Maligner Tumor im Blut-/Lymphsystem IKA

ICD-10

  • Neben den Hauptkategorien sind hier als einzelne Entitäten nur die häufigsten NHL-Formen sowie die in diesem Artikel erwähnten Entitäten aufgeführt.
  • C82 Follikuläres Lymphom
  • C83 Nicht follikuläres Lymphom
    • C83.1 Mantelzell-Lymphom
    • C83.3 Diffuses großzelliges B-Zell-Lymphom
    • C83.5 Lymphoblastisches Lymphom
    • C83.7 Burkitt-Lymphom
  • C84 Reifzellige T/NK-Zell-Lymphome
    • C84.0 Mycosis fungoides
    • C84.8 Kutanes T-Zell-Lymphom, nicht näher bezeichnet
  • C85 Sonstige und nicht näher bezeichnete Typen des Non-Hodgkin-Lymphoms
  • C86 Weitere spezifizierte T/NK-Zell-Lymphome
  • C88 Bösartige immunproliferative Krankheiten
    • C88.0 Makroglobulinämie Waldenström
    • C88.4 Extranodales Marginalzonen-B-Zell-Lymphom des Mukosa-assoziierten lymphatischen Gewebes [MALT-Lymphom]
  • C91 Lymphatische Leukämie
    • C91.0 Akute lymphatische Leukämie [ALL]
    • C91.1 Chronische lymphatische Leukämie vom B-Zell-Typ [CLL]
    • C91.4 Haarzellenleukämie
    • C91.8 Reifzellige B-ALL vom Burkitt-Typ

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Anamnese und klinischer Befund ergeben die Verdachtsdiagnose.
    • Befunde von vergrößerten, schmerzlosen Lymphknoten oder Verdacht auf pathologisches extranodales Lymphgewebe
    • Fieber
    • abdominaler Befall
    • mediastinaler Befall
      • chronischer Husten
      • Stridor
      • Halsvenenstauung
    • intrakranieller Befall
      • Hirnnervenausfälle
      • Kopfschmerzen
      • Störungen von Kognition und/oder Bewusstsein
      • Schwindel, Ataxie
      • sonstige neurologische Symptome
    • epiduraler Befall
      • Querschnittssymptome
  • Die Histologie mit Spezialuntersuchungen bestätigt die Diagnose und unterscheidet zwischen Non-Hodgkin und Hodgkin und den verschiedenen Untergruppen.

Histologie

  • Biopsie des Lymphknotens oder anderem lymphoidem Gewebe
  • Die Diagnostik erfolgt in Kombination von Histologie/Zytologie, Immunphänotypisierung, Genetik und klinischen Befunden.

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Indolente (früher als niedriggradig bezeichnet) maligne Non-Hodgkin-Lymphome sind häufig auf viele Lymphknotenregionen und/oder Knochenmark verteilt und wachsen in der Regel langsam.
  • Aggressive Lymphome (hochgradige) entwickeln sich in der Regel schnell.
  • Meist schmerzlose Lymphknotenschwellungen sind ein häufiges – allerdings unspezifisches – Symptom. Die Lymphknotenschwellungen können zu Beschwerden im Mediastinum und der hinteren Bauchwand/Becken führen.

B-Symptome

  • Nachtschweiß: wiederholt kräftiger Nachtschweiß im vergangenen Monat
  • Fieber: persistierendes oder rezidivierendes Fieber > 38 °C im vergangenen Monat ohne bekannte Ursache
  • Gewichtsverlust: mehr als 10 % in den letzten 6 Monaten
    • B-Symptome treten bei ca. 20 % mit indolentem Lymphom und bei 40 % mit aggressiver Erkrankung auf.

Sonstige Symptome

  • Fatigue/Gewichtsverlust (Anämie)
  • Infektionsneigung (Leukopenie); nicht selten rezidivierende Infektionen ohne Besserung
    • Viele Betroffene leiden bis zur Diagnosestellung an rezidivierenden Infektionen und erhalten häufig Antibiotika.
  • Vergrößerte Lymphknoten, häufig am Hals, in den Achselhöhlen und Leisten
    • Maligne Lymphknoten sind im Verhältnis zu den reaktiven häufig fester und unempfindlicher.
  • Vergrößerte Milz und/oder Leber kommen vor, sind aber selten.
  • Bei nichtlymphoidem Tumor (extranodaler Organaffektion) dominieren von dort ausgehende Lokalsymptome. Am häufigsten sind GI-Trakt und HNO-Bereich.
    • Hoden, ZNS und Skelett sind weitere mögliche Lokalisationen.
  • Bei Befall der Medulla oblongata werden Schwäche und neurogene Ausfälle beobachtet.
  • Dyspnoe kann vorkommen.
  • Mögliche Hautsymptome

Klinische Untersuchung

Befunde aufgrund von Druck durch Lymphknoten oder extranodaler Krankheit

  • Vena-cava-superior-Syndrom
  • Abdomineller Tumor und Rückenschmerzen aufgrund von vergrößerten paraaortalen Lymphknoten
  • Lymphaszites aufgrund gerissener Lymphgefäße

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

Diagnostik bei Spezialist*innen

  • Biopsie des Tumors, ergibt die histologische Diagnose.
  • Die Diagnostik erfolgt kombiniert mithilfe von Histologie/Zytologie, Immunphänotypisierung, Genetik und klinischen Befunden.

Histopathologische Untersuchung

  • Je nach Fragestellung:
    • Lymphknotenentnahme zur Histologie/Immunhistologie, keine Biopsie
    • Knochenmarkbiopsie und Aspirat für immunhistologische Untersuchungen
    • Zytologie
    • Feinnadelaspiration
    • Flowzytometrische Untersuchungen von Blut und Knochenmark
    • zytogenetische Untersuchungen
    • molekulargenetische Methoden.

Bildgebende Diagnostik

  • Röntgen-Thorax in 2 Ebenen
  • Echokardiografie
  • CT oder MRT
  • Ggf. PET-CT oder -MRT
  • Bei NHL-Kranken mit strahlensensibler immunologischer Grunderkrankung
    • Strahlung vermeiden, Bildgebung nur mit Ultraschall und MRT.
    • Beispiele
      • ATM-Syndrom
      • Bloom-Syndrom
      • Nijmegen-Breakage-Syndrom
      • Ligasedefekte

Weitere Untersuchungen und Prozeduren

  • Je nach Fragestellung:
    • Endoskopien
    • HNO-Untersuchung
    • zahnärztliche Untersuchung
    • Neurologie.
  • Ggf. reproduktionserhaltende Maßnahmen vor geplanter Chemo- oder Radiotherapie

Indikationen zur Überweisung

  • Zügige Überweisung zur Hämatologie/Hämatoonkologie bei Krankheitsverdacht
  • Anhaltende Schwellung von Lymphknoten ohne bekannte Infektion sollten abgeklärt werden (Blutbild, ggf. Bildgebung).

Therapie

Therapieziele

  • Heilung; wird bei mehr als 50 % erzielt.
  • Palliativbehandlung

Allgemeines zur Therapie

  • Nach definierten Therapieprotokollen in spezialisierten Zentren (Kliniken und hämatoonkologische Praxen)
  • Indolente (niedrig maligne) Lymphome sind häufig nicht heilbar. Nur in frühen Stadien, kann eine Heilung durch Bestrahlung erreicht werden.
  • Das Behandlungsziel bei aggressiven (hoch malignen) Lymphomen ist die vollständige Heilung. Dazu erfolgt eine intensive Therapie mit verschiedenen Kombinationen von Zytostatika, immunmodulierenden Substanzen und Bestrahlung.
  • Histologie
    • Bei Non-Hodgkin-Lymphomen ist der histologische Typ (spezifische Diagnose) wichtiger für die Prognose und Wahl der Behandlung als das klinische Stadium (mit Ausnahme von Stadium I und II).
    • Dies beruht teils darauf, dass bei 2 von 3 Betroffenen die Krankheit disseminiert ist (Stadium III oder IV), aber auch darauf, dass die Chemotherapie hier eine wichtigere Rolle spielt als die Bestrahlung.
  • Indizierte Behandlung ist bei lokalisierter Erkrankung die Bestrahlung und bei ausgebreiteter Erkrankung eine Kombination aus Chemo- und Radiotherapie.

Medikamentöse Therapie

  • Es liegen detaillierte Behandlungsprotokolle für die einzelnen Untergruppen des Non-Hodgkin-Lymphoms vor. Da die Tumorentitäten sehr unterschiedlich sind, sind auch die Therapieprotokolle sehr verschieden und lassen sich nicht verallgemeinern
  • Es werden unterschiedliche Therapieprotokolle mit Zytostatika und monoklonalen Antikörpern verwendet, die sich aufgrund aktueller Studienergebnisse laufend ändern.

Chirurgische Therapie

  • Primäre Tumorresektion
    • Kann bei kleinen lokalisierten nicht-lymphoblastischen Lymphomen eine sehr gute Prognose ermöglichen.
    • Bei hohem Operationsrisiko kommt eine Vollresektion nicht infrage.
    • Teilresektionen sind ohne therapeutischen Wert.
  • Second-Look-Operation
    • therapeutischer Wert bei unvollständiger Tumorrückbildung unter Chemotherapie nicht belegt
    • Kann bei B-Zell-Lymphomen zur Entscheidungsfindung über eine Intensivierung der Chemotherapie beitragen.

Therapie des Zentralnervensystems

  • Lymphoblastisches Lymphom oder reifes B-Zell-Lymphom
    • ZNS-Protektion mit systemischer Hochdosis MTX-Therapie und intrathekaler Chemotherapie
  • Bei ZNS-Befall evtl. zusätzlich Schädelbestrahlung

Sekundärbehandlung

  • Eine Hochdosis-Behandlung mit autologer Stammzellentransplantation wird bei Rezidiv und bei einigen Tumortypen nach der ersten Remission durchgeführt.
  • Die Behandlung besteht aus einer Hochdosis-Chemotherapie, evtl. in Kombination mit Hochvolt-Bestrahlung mit nachfolgender Infusion von autologen, blutbildenden Stammzellen.

Supportiv- und Palliativbehandlung

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Bei 70 % liegt zum Zeitpunkt der Diagnose eine extranodale Ausbreitung vor, meist im Knochenmark.
    • Am häufigsten tritt eine extranodale Ausbreitung bei indolentem Lymphom auf.
  • Der Verlauf kann von äußerst aggressiven bis zu gutartigen Formen sehr unterschiedlich sein.
  • Die Behandlungserfolge sind besser geworden, vor allem bei aggressiven Lymphomen.
    • Dies beruht auf einer besseren Diagnostik und einer intensiveren Induktionsbehandlung mit Kombinationstherapien.
    • Die Behandlung der aggressivsten Lymphome (lymphoblastisches Lymphom und Burkitt-Lymphom) hat sich in den letzten Jahren am stärksten verändert.
      • Heute werden ca. 50 % aller an aggressiven Non-Hodgkin-Lymphomen Erkrankten geheilt.
    • Für die langsamer wachsenden, indolenten Non-Hodgkin-Lymphome liegen ebenfalls neue Behandlungsprinzipien vor, die teilweise noch in Studien untersucht werden und die zu einer Verlängerung des Langzeitüberlebens dieser Patientengruppe führen können.

Komplikationen

Prognose

  • Die Prognose der NHL-Patient*innen hängt maßgeblich vom Typ – hoch oder niedrig maligne – ab.
  • Die 5-Jahres-Überlebensrate ist, je nach Typ, sehr unterschiedlich.
  • Die Prognose ist in den letzten Jahren besser geworden.

Abhängig vom Stadium

  • Die Lymphom-Stadieneinteilung ist bei Non-Hodgkin-Lymphom weniger gut anwendbar als bei Hodgkin-Lymphomen, da bei 70 % zum Diagnosezeitpunkt eine extranodale Ausbreitung vorliegt.
  • Negative prognostische Faktoren:
    • Alter > 60 Jahre
    • LDH erhöht
    • > 1 extranodaler Befall
    • WHO-Status ≥ 2
    • Stadium III/IV.
  • Prognose zudem schlechter bei:
    • B-Symptomen
    • reduziertem Allgemeinzustand.

Indolente (niedrig maligne) Non-Hodgkin-Lymphome

  • Mediane Überlebenszeit nahe 10 Jahre
  • Nur im frühen Stadium können Betroffene durch Bestrahlung komplett geheilt werden.

Aggressive (hoch maligne) Non-Hodgkin-Lymphome

  • Unbehandelt liegt die mediane Überlebenszeit bei 6 Monaten.
  • Heutzutage werden 40–50 % vollkommen geheilt.

Verlaufskontrolle

  • Nachsorgeschema (hämatoonkologisches Zentrum)
  • Blutbild und Differenzialblutbild zwischen den Zytostatikazyklen
  • Ggf. fortlaufende Überwachung zur Früherkennung eines Tumorlyse-Syndroms (vor allem beim Burkitt-Lymphom):
  • Infektionsüberwachung
    • Bei Fieber und Leukozyten unter 1, evtl. Neutrophilen unter 0,5: notfallmäßige stationäre Aufnahme (Sepsis-Therapie)!
    • 7–14 Tage nach einem Zyklus ist die Leukozytenzahl typischerweise niedrig.
  • Schmerzbehandlung
  • Behandlung der Übelkeit
  • Evtl. Kontrolle und Behandlung der strahlungsgeschädigten Haut

Thromboembolische Komplikationen

  • Bei Krebspatient*innen ist das Risiko für thromboembolische Erkrankungen deutlich erhöht.
  • Eine bestehende Behandlung mit Antikoagulanzien ist in den meisten Fällen nach der Lymphom-Diagnose fortzusetzen.
    • Während der Zytostatikabehandlung wird aufgrund des verminderten Blutungsrisikos in der Regel niedrigmolekulares Heparin anstelle von Warfarin verabreicht.
    • Bei Thrombozyten < 50.000 ist die Dosierung durch die Hämatolog*in anzupassen.
  • Zusatzfaktoren, die das Risiko erhöhen:
    • Fremdkörper (ZVK?)
    • Komorbidität
    • Alter (> 40 Jahre)
    • Adipositas (BMI > 30 kg/m2)
    • Immobilisierung (bettlägerig > 3 Tage)
    • frühere TVT
    • Thrombophilie
    • Varizen
    • Hormonbehandlung.

Fatigue, chronische Müdigkeit

  • Eine häufige Komplikation einer Krebsbehandlung mit Zytostatika oder Bestrahlung. Lymphomkranke scheinen besonders häufig betroffen zu sein.
  • Typische Zeichen sind:
    • subjektives Gefühl des Unwohlseins und reduziertes Leistungsvermögen aufgrund von verringerter Energie
    • Die Beschwerden äußern sich in Form von Müdigkeit oder Schwäche, die nicht durch Ausruhen oder Schlaf kompensiert werden kann.
  • Viele Betroffene beschreiben dies als einen der am meisten belastenden Faktoren in Zusammenhang mit der Behandlung der Krebserkrankung.
  • Behandlung der Fatigue mit einem persönlich angepassten Trainingsprogramm

Nach abgeschlossener Behandlung

  • Nach hochdosierten Zytostatika und Stammzellentransplantation (HMAS) sind Auffrischungsimpfungen angezeigt.

Rehabilitation

  • Viele Beschwerden erreichen erst einige Zeit nach Abschluss der kurativen Lymphom-Behandlung ihr volles Ausmaß.
  • Hierzu gehören physische und psychische Beschwerden (Angst und/oder Depression) sowie soziale und finanzielle Probleme.

Physische Rehabilitation

  • Unterschiedliche körperliche Beschwerden, z. B.:
    • reduzierte Muskelfunktion und Schmerzen in Muskeln und Skelett
    • Lymphödem
    • periphere Polyneuropathie und Nervenschmerzen
    • reduzierte Herz- und Lungenkapazität
    • Fatigue, chronische Müdigkeit.
  • Mögliche Interventionen
    • angepasstes Trainingsprogramm (Physiotherapie und/oder Sportmedizin)
      • Ziele sind die Verbesserung der Kondition, Verminderung der chronischen Muskelschmerzen und des chronischen Erschöpfungszustandes.
    • Lymphdrainage 
    • Ergotherapie
      • Funktionsbewertung
      • Anpassung der häuslichen Umgebung
      • Anschaffung technischer Hilfsmittel

Psychosoziale Rehabilitation

  • Psychische Reaktionen können frühzeitig auftreten, aber auch lange Zeit nach Abschluss der Behandlung.
  • Der Bedarf an Hilfe und Behandlung kann in der Rehabilitationsphase genauso groß sein wie während der Behandlung.
    • unterstützende Gespräche (ärztliches, psychologisches und pflegerisches Personal)
    • therapeutische Behandlung bei Angst und/oder Depression
    • Familientherapie
    • Begleitung minderjähriger Angehöriger
  • Maßnahmen zur Wiedereingliederung, wie z. B. stufenweise Eingliederung (Hamburger Modell), Umschulungsmaßnahmen oder Arbeitsmarktmaßnahmen
  • Es sollte ein individueller Plan ausgearbeitet werden, der die langfristige Versorgung, z. B. mit häuslicher Krankenpflege oder Haushaltshilfe sicherstellt.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Lindernde Behandlung bei fortgeschrittener Krebserkrankung

Quellen

Leitlinien

  • National Institute for Health and Care Excellence. Non-Hodgkin’s lymphoma: diagnosis and management, Stand 2016. www.nice.org

Literatur

  1. European Society for Medical Oncology. Peripheral T-cell lymphomas: ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up, Stand 2015. www.esmo.org
  2. National Institute for Health and Care Excellence. Non-Hodgkin’s lymphoma: diagnosis and management, Stand 2016. www.nice.org.uk
  3. European Society for Medical Oncology. Diffuse large B-cell lymphoma (DLBCL): ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up, Stand 2015 www.esmo.org
  4. Chan E, Ng CH, Ooi M, Poon M. Non-Hodgkin's lymphoma. BMJ Best Practice. Last reviewed: 11 Dec 2021; last updated: 09 Nov 2021 bestpractice.bmj.com
  5. Swerdlow SH, Campo E, Pileri SA, et al. The 2016 revision of the World Health Organization classification of lymphoid neoplasms. Blood 2016; 127:2375-90. PMID: 26980727 PubMed
  6. Kaatsch P, Grabow D, Spix C. German Childhood Cancer Registry - Annual Report 2016 (1980-2015). Institute of Medical Biostatistics, Epidemiology and Informatics (IMBEI) at the University Medical Center of the Johannes Gutenberg University Mainz, 2016. www.unimedizin-mainz.de

Autor*innen

  • Thomas M. Heim, Dr. med., Wissenschaftsjournalist, Freiburg

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