Was ist verstärktes Längenwachstum?
- Kinderärzte verwenden häufig Grenzwerte für möglicherweise behandlungsbedürftiges verstärktes Längenwachstum, wenn:
- die erwartete Länge bei Mädchen über 185 cm liegt
- die erwartete Länge bei Jungen über 202 cm liegt.
Tipps, um die erwartete Länge abzuschätzen
- Mädchen, die über 172 cm groß sind, bevor sie ihre erste Regelblutung hatten, können eine Größe von über 180 cm erreichen.
- Bei Jungen, die vor Erreichen der Pubertät über 180 cm groß sind, liegt die errechnete Länge bei 200 cm oder darüber.
- Die endgültige Größe kann mithilfe des Knochenalters, das durch eine Röntgenuntersuchung ermittelt wird, berechnet werden.
Faustregel für die Berechnung der endgültigen Körpergröße
- Jungen: ((Körpergröße der Mutter + 13 cm) + Körpergröße des Vaters)/2
- Mädchen: ((Körpergröße des Vaters – 13 cm) + Körpergröße der Mutter)/2
- 95 % der Jungen und Mädchen werden als Erwachsene etwa (mit einer Variation von ± 8,5 cm) die anhand dieser Formel errechnete Körpergröße erreichen.
Was kann die Ursache sein?
Häufige Ursachen
- Familiärer Hochwuchs:
- Das vererbbare verstärkte Längenwachstum ist die dominierende und gewöhnlichste Ursache.
- Die Berechnung der erwarteten Körpergröße mittels Röntgenuntersuchung ist genauer, wenn sie nach dem Alter von zwölf Jahren durchgeführt wird.
- Frühe Pubertät:
- Ein früher Beginn der Pubertät kommt bei Mädchen häufiger als bei Jungen vor und führt zu einem frühen Wachstumsschub.
- Kinder, die zu Beginn der Pubertät kräftig in die Länge wachsen, hören jedoch oft früher als andere Kinder auf zu wachsen und ihre Erwachsenengröße ist oft geringer.
- Übergewicht:
- Übergewicht bei Kindern kann zu einem leichten Wachstumsanstieg und früherem Beginn der Pubertät führen.
- Solche Kinder können zu Beginn der Pubertät groß sein, aber die Knochenwachstumsfugen schließen sich früher. Als Erwachsene erreichen sie daher für gewöhnlich eine normale Körpergröße.
Seltene Ursachen
- Hormonstörungen können zu einem erhöhten Längenwachstum führen:
- Hypophysentumoren mit erhöhter Produktion von Wachstumshormon (Gigantismus)
- Mangelhafte Funktion der Keimdrüsen, bei der die Pubertät nie einsetzt (Hypogonadismus)
- Chromosomenstörungen:
- Das XYY-Syndrom ist ziemlich häufig und wird oft nicht diagnostiziert.
- XXY (Klinefelter-Syndrom) ist relativ häufig.
- Marfan-Syndrom:
- Eine sehr seltene, erbliche Erkrankung des Bindegewebes.
- Typisch sind die schlanken Hände und Füße mit langen Fingern und Zehen, Schäden an der Linse, Herzklappenfehler und Gefäßschäden.
Wann sollten Sie einen Arzt konsultieren?
- Beim Verdacht, dass das Kind/der Jugendliche bemerkenswert groß werden kann, sollte der Arzt vor der Pubertät oder spätestens zu Beginn der Pubertät aufgesucht werden.
Wie geht der Arzt vor?
- Der Arzt wird vermutlich folgende Fragen stellen:
- Vorkommen von Hochwuchs in der Familie?
- Leidet das Kind unter Kopfschmerzen oder Sehstörungen?
- Ist die Pubertät verzögert?
- Ärztliche Untersuchung:
- Der Arzt wird in der Regel eine herkömmliche körperliche Untersuchung durchführen.
- Es kann notwendig sein, das Sehfeld zu untersuchen.
- Der Arzt wird die sexuelle Reifung und Entwicklung der Hoden und Brüste bewerten.
- Andere Untersuchungen:
- Eine Röntgenuntersuchung der Knochen, um das verbleibende Längenwachstum zu beurteilen
- Wann werden Sie an einen Spezialisten überwiesen?
- Beim Verdacht, dass das Kind sehr groß werden kann, ist es ratsam, das Kind an einen Kinderarzt zu überweisen.
- Mögliche Behandlung:
- Das starke Längenwachstum kann gebremst werden, indem man hohe Dosen Sexualhormone verabreicht oder das Wachstum in den Wachstumsfugen chirurgisch stört.
- Voraussetzung ist, dass die Behandlung früh genug begonnen wird, sodass noch Längenwachstum verbleibt. Die Behandlung führt zu einer Verringerung der endgültigen Größe von etwa 40 % des verbleibenden Längenwachstums. Bei einem berechneten verbleibenden Wachstum von 10 Zentimetern erreicht die Person als Erwachsener eine um 4 Zentimeter geringere Körpergröße als ohne Behandlung. Wenn nur wenige Zentimeter Wachstum vorhanden sind, macht eine Behandlung keinen wirklichen Unterschied aus.
Autoren
- Günter Ollenschläger, Prof. Dr. Dr. med., Internist, Uniklinikum Köln