Definition
- Asystolie bezeichnet einen Kreislaufstillstand mit fehlender elektrischer und mechanischer Aktivität des Herzens.
- Eine Asystolie gehört mit der pulslosen elektrischen Aktivität (PEA) zur Gruppe der nicht-defibrillierbareren Rhythmen.1
- Das Überleben nach Asystolie oder PEA gilt als unwahrscheinlicher, wenn keine korrigierbare Ursache gefunden und behandelt werden kann.1
- Eine Asystolie kann im Verlauf auf dem Boden einer Kammertachykardie (ventrikuläre Tachykardie, VT) entstehen.
- Vermutlich hat sich der Rhythmus bei vielen Patienten bis zur ersten Aufzeichnung eines EKG zur Asystolie verschlechtert.1
ICD-10
- I46.9 Herzstillstand, nicht näher bezeichnet
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Bewusstloser Patient
- Kein tastbarer Puls
- EKG
- Null-Linien-EKG (isoelektrische Linie ohne sichtbare P-Wellen)
- Bei Vorhandensein von P-Wellen ist ggf. der Einsatz eines transkutanen Herzschrittmachers indiziert.
- Prüfung der Lage und des Kontaktes der Elektroden1
Reversible Ursachen
- Prüfen von korrigierbaren Ursachen für den Kreislaufstillstand:
- Hypoxie
- Hypovolämie
- Hyper- oder Hypokaliämie
- Hypothermie
- Herzbeuteltamponade
- Intoxikation
- Thromboembolie (Lungenembolie)
- Spannungspneumothorax
Therapie
Allgemeines zur Therapie
- Die Behandlung bei Kreislaufstillstand durch Asystolie folgt dem Reanimations-Algorithmus der ERC-Leitlinien.1
- Nicht defibrillierbarer Rhythmus
- Unterscheidung von Kammerflimmern (feine VT) kann schwierig sein.
- Bei Zweifeln keine Defibrillation, sondern CPR fortführen.
- Einsatz eines Schrittmachers bei reiner Asystolie ist nicht sinnvoll.1
- Kein präkordialer Faustschlag bei Asystolie1-2
- Einsatz auch bei defibrillierbaren Rhythmen nur in besonderen Fällen
- Routinemäßige Anwendung von Atropin bei Asystolie oder PEA wird nicht mehr empfohlen.
- Professionelle Helfer sollen erwägen, eine Reanimation abzubrechen, wenn trotz laufender Reanimationsmaßnahmen und ohne reversible Ursache eine Asystolie länger als 20 Minuten besteht.1
- dabei nach Möglichkeit eine ggf. vorliegende Patientenverfügung und den mutmaßlichen Wille des Patienten berücksichtigen
- insbesondere bei Zeichen einer schweren zerebralen Schädigung (weite, starre Pupillen) wenig Aussicht auf Erfolg
- Hypothermie als Ausnahme: Fortsetzung bis nach Wiedererwärmung!
Leitlinie: Maßnahmen bei Asystolie1
Vorgehen
- Kardiopulmonale Reanimation (CPR) 30:2
- Thoraxkompressionen und Beatmung im Wechsel
- Auf Frequenz, Tiefe, Entlastung achten und Unterbrechungen minimieren.
- Defibrillator/EKG-Monitor anschließen.
- Rhythmus beurteilen.
- Lage und Kontakte der Elektroden prüfen, ohne Thoraxkompressionen zu unterbrechen.
- Asystolie ist ein nicht defibrillierbarer Rhythmus.
- CPR (Thoraxkompression/Beatmung 30:2) für 2 Minuten fortführen.
- Währenddessen:
- Anlage eines peripher-venösen Zugangs
- bei Nichtgelingen intraossärer Zugang
- Atemwegssicherung und Sauerstoffgabe
- Intubation erwägen, ggf. Kapnografie.
- Gabe von 100%igem Sauerstoff
- Thoraxkompression ohne Unterbrechung, wenn Atemweg gesichert.
- Gabe von 1 mg Adrenalin
- Anlage eines peripher-venösen Zugangs
- Erneute Rhythmusbeurteilung nach den 2 Minuten
- erneut 1 mg Adrenalin bei weiter bestehender Asystolie
- Wechsel zum Algorithmus für defibrillierbare Herzrhythmen, wenn Kammerflimmern auftritt.
- Fortsetzung der kardiopulmonalen Reanimation (CPR)
- Verabreichung von 1 mg Adrenalin alle 3–5 Minuten, solange ein tastbarer Puls fehlt.
Reversible Ursachen behandeln
- Prüfen und behandeln von korrigierbaren Ursachen für den Kreislaufstillstand:
- Hypoxie
- Hypovolämie
- Hyper-/Hypokaliämie
- Hypothermie
- Spannungspneumothorax
- Intoxikation
- Herztamponade
- Lungenembolie
Zu erwägende Maßnahmen
- Ultraschall-Untersuchung
- Verwendung mechanischer Reanimationsgeräte für Transport oder weitere Behandlung
- Koronarangiografie und perkutane Koronarintervention (PCI)
- Extrakorporale CPR (eCPR)
- Ggf. weitere Interventionen bei Kreislaufstillstand aus besonderer Ursache
Bei Wiedereinsetzen des spontanen Kreislaufes („Return of Spontaneous Circulation“, ROSC)
- Vorgehen nach ABCDE-Methode (Airway, Breathing, Circulation, Disability, Environment)
- Ziel: SpO2 94–98 % und Normokapnie
- 12-Kanal-EKG
- Ursache des Kreislaufstillstands behandeln.
- Temperaturkontrolle
- Einleitung der Postreanimationsbehandlung
Abbruch der Reanimation
- Dauer eines Wiederbelebungsversuchs soll an die individuellen Umstände angepasst sein.
- Berücksichtigung klinischer Aspekte und Aussicht auf Erfolg
- Asystolie, die länger als 20 min dauert, ohne reversible Ursache unter laufender CPR als vernünftiger Grund für den Abbruch weiterer Reanimationsversuche.
Quellen
Leitlinien
- European Resuscitation Council (ERC), Guidelines for Resuscitation. 2021. ERC
Literatur
- European Resuscitation Council (ERC). Guidelines for Resuscitation. 2021 www.cprguidelines.eu
- Nehme Z, Andrew E, Bernard SA, Smith K.. Treatment of monitored out-of-hospital ventricular fibrillation and pulseless ventricular tachycardia utilising the precordial thump. Resuscitation 2013; 84(12): 1691-6. pmid:23994203 PubMed
Autoren
- Jonas Klaus, Arzt, Freiburg im Breisgau