Jetlag

Zusammenfassung

  • Definition: Eine Schlaf-wach-Rhythmusstörung, die mit langen Flugreisen in Verbindung steht, bei denen viele Zeitzonen überquert werden.
  • Häufigkeit: Häufig auftretendes Phänomen.
  • Symptome: Symptome sind Schlafstörungen, Müdigkeit während des Tages, verminderte Leistungsfähigkeit, Magen-Darm-Beschwerden und allgemeine Schwäche.
  • Befunde: Keine spezifischen klinischen Befunde.
  • Diagnostik: Es sind keine zusätzlichen Untersuchungen erforderlich.
  • Therapie: In der Regel ist neben der Anpassung an die neue Zeitzone keine weitere Therapie erforderlich, evtl. Melatonin.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Als Jetlag bezeichnet man ein Syndrom, das mit langen Flugreisen in Verbindung steht, bei denen mehrere Zeitzonen überquert werden.
  • Es ist eine vorübergehende Desynchronisation zwischen endogenen Körperrhythmen und exogenen Umweltrhythmen.1

Häufigkeit

  • Jetlags betreffen die meisten Flugpassagiere, die 6 oder mehr Zeitzonen überqueren.2
  • Die Häufigkeit und der Schweregrad steigen mit der Anzahl der Zeitzonen, die überquert werden.
  • Reisen in Richtung Westen (Tag wird länger) verursachen weniger Störungen als Reisen in Richtung Osten (Tag wird kürzer).3

Ätiologie und Pathogenese

  • Ein Jetlag ist eine Störung des zirkardianen Rhythmus aufgrund einer Desynchronisation der „inneren Uhr“ mit dem Ortstagesrhythmus.
  • Unter dem Einfluss von Licht und Dunkelheit passt sich der Rhythmus schrittweise an, vermittelt u. a. durch Melatonin, das von der Zirbeldrüse abgegeben wird.
    • Dunkelheit stimuliert die Melatoninabgabe.
    • Helles Licht reduziert die Melatoninabgabe.

Prädisponierende Faktoren

  • Flugreisen in östlicher Richtung
  • Überquerung von mehr als 5 Zeitzonen
  • Große individuelle Unterschiede

ICD-10

  • F51 Nichtorganische Schlafstörungen
    • F51.2 Nicht organische Störung des Schlaf-wach-Rhythmus
    • F51.8 Sonstige nichtorganische Schlafstörungen

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Ein- und Durchschlafstörungen unmittelbar nach einer langen (Flug-)Reise, bei der Zeitzonen überquert wurden mit zusätzlichen Symptomen wie vermehrter Tagesmüdigkeit, Reizbarkeit, Appetitminderung und z. T. Schwindel2
  • Zunehmende Beschwerden, je höher die Anzahl der Zeitzonen ist.

Differenzialdiagnosen

  • Andere Schlafstörungen sind meist unwahrscheinlichen wegen des direkten Zusammenhangs mit der (Flug-)Reise.

Anamnese

  • Der Grad der Beschwerden hängt von der Anzahl der Zeitzonen ab, die überquert werden.
  • Reisen in Richtung Westen verursachen weniger Probleme als Reisen in Richtung Osten.1
  • Ein Jetlag ist gekennzeichnet durch schlechten Schlaf in Form von Einschlafproblemen und unruhigem Schlaf. Übliche Zusatzbeschwerden sind Müdigkeit während des Tages, verminderte Leistungsfähigkeit, Magen-Darm-Beschwerden und allgemeine Schwäche.4
  • Manche Menschen bekommen nur einige der typischen Symptome.

Therapie

Therapieziel

  • Schnelle Anpassung an den örtlichen Tagesrhythmus

Allgemeines zur Therapie

  • Viele (die meisten) der Betroffenen passen ihren Tagesrhythmus innerhalb weniger Tage an, indem sie sich einfach den örtlichen Rhythmus übernehmen.
  • Bei Patient*innen, die Beschwerden haben und damit kämpfen, ihren Rhythmus anzupassen, ist eine Lichttherapie oder eine medikamentöse Therapie indiziert.5

Empfehlungen für Patient*innen

  • Es sollten ca. 1 Tag Anpassungszeit pro 2 Zeitzonen in Richtung Osten bzw. 50 % weniger in Richtung Westen eingeplant werden.6
  • Neben ausreichend Schlaf gilt es als positiv, unverzüglich am Ortstagesrhythmus – mit Aufenthalt im Tageslicht – teilzunehmen, auf Alkohol und Schlafmittel zu verzichten sowie anstrengende Aktivitäten in den ersten Reisetagen zu vermeiden.6

Lichttherapie

  • Eine aktive Lichtexposition (insbesondere mit Tageslicht, aber auch Tageslichtlampen) kann dazu beitragen, den Tagesrhythmus schneller zu verändern.

Medikamentöse Therapie

  • Melatonin (unretardiert, 0,5–5 mg/d) ist zur Prävention und Behandlung des Jetlags ab einer Zeitverschiebung von 5 Stunden wirksam (Number Needed to Treat = 2).
    • Als physiologisches Neurohormon synchronisiert es über zentrale und periphere Oszillatoren den Tag-Nacht-Rhythmus.2,6-7
  • Auf Z-Hypnotika und andere Schlafmittel (außer Melatonin) sollte verzichtet werden.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Ein Jetlag äußert sich unmittelbar nach dem Flug am stärksten und verschwindet innerhalb von 4–6 Tagen, nachdem die Anpassung an die neue Ortszeit erfolgt ist.3
  • Je mehr Zeitzonen überquert werden, desto länger dauert es, bis der Jetlag vorüber geht.

Komplikationen

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

  • Jetlag

Quellen

Literatur

  1. Adlakha A. Jet lag and sleep phase disorders. BestPractice, last updated July 1, 2022. bestpractice.bmj.com
  2. Cingi C, Emre IE, Muluk NB. Jetlag related sleep problems and their management: a review. Travel Med Infect Dis 2018; 24: 59–64. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  3. Herxheimer A, Petrie KJ. Melatonin for the prevention and treatment of jet lag (Cochrane review). In: The Cochrane Library, Issue 4, 2003. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  4. Herxheimer A, Waterhouse J. The prevention and treatment of jet lag. BMJ 2003;326:296-297. www.ncbi.nlm.nih.gov
  5. Sack RL. Clinical practice: jet lag. N Engl J Med. 2010;362:440-447. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  6. Wendt S, Beier D, Paquet D, Trawinski H, Fuchs A, Lübbert C. Medical advice for travelers. Dtsch Arztebl Int 2021; 118: 349–56. www.aerzteblatt.de
  7. Tordjman S, Chokron S, Delorme R, et al. Melatonin: pharmacology, functions and therapeutic benefits. Curr Neuropharmacol 2017; 15: 434–43. www.ncbi.nlm.nih.gov

Autor*innen

  • Christoph Allerlei, Dr. med., Facharzt für Allgemeinmedizin und Facharzt für Innere Medizin, Frankfurt a. M.



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