Postmenopausale Blutung

Allgemeine Informationen

Definition

  • Vaginale Blutung, die frühestens ein Jahr nach der Menopause auftritt.1

Häufigkeit

  • Bis zu 11 % aller postmenopausalen Frauen sind von einer vaginalen Blutung betroffen.1
    • ca. 10 % der Frauen mit postmenopausaler Blutung haben einen malignen Tumor, in erster Linie ein Endometriumkarzinom.2

Diagnostische Überlegungen

  • Gibt es keine anderen ursächlichen Befunde, sollte bis zum Beweis des Gegenteils von einem gynäkologischen Malignom ausgegangen werden.
    • Eine unverzügliche gynäkologische Abklärung sollte bei jeder postmenopausalen Blutung in die Wege geleitet werden.
  • Häufige Ursachen einer postmenopausalen Blutung 

Abwendbar gefährliche Verläufe

ICPC-2

  • X12 Postmenopausale Blutung

ICD-10

  • N93.9 Abnorme Uterus- oder Vaginalblutung, nicht näher bezeichnet
  • N95.0 Postmenopausenblutung

Differenzialdiagnosen

Endometriumkarzinom

  • Die postmenopausale Blutung ist ein Frühsymptom des Endometriumkarzinoms.
    • 91 % der Frauen mit Endometriumkarzinom haben eine abnorme vaginale Blutung.3
    • 75 % der Endometriumkarzinome können so im Stadium I nach FIGO diagnostiziert werden.
  • Bei postmenopausalen Frauen kommt es zu Blutungen und Ausfluss, Schmerzen treten erst in einem späten Stadium auf.
  • Evtl. ist der Uterus vergrößert, kann unregelmäßig, hart und mit dem umgebenden Gewebe adhärent sein.
  • Diagnose durch klinische Untersuchung, transvaginale Sonografie, Zytologie, Hysteroskopie und Abrasio

Zervixkarzinom

  • Siehe Artikel Zervixkarzinom.
  • Inzidenz: ca. 10–11 Neuerkrankungen/100.000 Frauen/Jahr
  • Der Altersgipfel liegt bei 40–59 Jahren. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 55 Jahren, bei In-situ-Karzinomen bei 34 Jahren.
  • Anfangs wenige Symptome
    • Kontaktblutungen und Blutungen bei Anstrengungen, unregelmäßige Blutungen, reichlicher Ausfluss erst im fortgeschrittenen Stadium
  • Im frühen Stadium sind meist keine sichtbaren oder tastbaren Befunde möglich.
  • Die Diagnose lässt sich in der Regel durch eine Zervixzytologie, Portiobiopsie oder zervikale Abrasio bestätigen.

Östrogentherapie

  • Kann postmenopausale Blutungen verursachen.
  • Muss bei Persistenz länger als 4–6 Monate nach Therapiebeginn weiter abgeklärt werden.1

Zervixpolypen

  • Polypen entstehen durch hyperplastische Wucherungen von endometrialem Drüsengewebe oder Stroma.
  • Sie können intermittierende Blutungen, insbesondere postkoital, verursachen.
  • Sie können bei einer gynäkologischen Untersuchung nachgewiesen werden.

Atrophie der Schleimhäute

  • Siehe Artikel Klimakterium.
  • Die Schleimhaut wird dünner und trockener, die Querfalten der vorderen Vaginalwand glätten sich.
  • Es kann zu Symptomen wie erhöhtem Ausfluss (evtl. mit Blut), Dyspareunie, Schmerzen bei der Blasenentleerung, Brennen in der Vagina, häufigen Harnwegsinfekten oder vaginalen Infektionen kommen.

Uterusmyome

  • Siehe Artikel Uterusmyome.
  • Häufigste gutartige Tumoren der Frau, bei 1/3 aller Frauen kommt es zu symptomatischen Myomen.4
  • Die Häufigkeit steigt mit dem Alter bis zur Menopause an und sinkt dann wieder ab.5
  • Meist treten keine Symptome auf, und die Tumoren werden zufällig entdeckt.
    • Die häufigsten Symptome sind Menorrhagie, Drangsymptome, Probleme bei der Blasenentleerung, gestörter Stuhlgang.
  • Bimanuelle Palpation:
    • ein oder mehrere eindeutig abgegrenzte Tumoren auf dem Uterus oder ein vergrößerter, unregelmäßig geformter Uterus ertastbar
  • Die Diagnose erfolgt aufgrund einer klinischen Untersuchung
    • Bestätigung durch Ultraschalluntersuchung

Ovarialkarzinom

  • Siehe Artikel Ovarialkarzinom.
  • Dritthäufigstes gynäkologisches Malignom nach Brustkrebs und Endomentriumkarzinom
  • Mittleres Erkrankungsalter 69 Jahre, tritt aber in jedem Alter auf.
  • Etwa 1 von 76 Frauen erkrankt im Laufe ihres Lebens am Ovarialkarzinom.
  • Die Symptomatik ist unspezifisch:
    • Völlegefühl, Blähungen, unklare abdominelle Schmerzen oder Beschwerden, Zunahme der Miktionsfrequenz, erhöhter Bauchumfang, evtl. reduzierter Allgemeinzustand und Gewichtsverlust.
  • Bei 3/4 der betroffenen Frauen ist das Karzinom zum Diagnosezeitpunkt schon im fortgeschrittenen Stadium (FIGO-Stadium III/IV).
  • Im fortgeschrittenen Stadium wird eine harte, unregelmäßige, feste Resistenz im Bereich der Adnexe, im weiteren Verlauf auch im Bereich des Omentum majus ertastet, ggf. Aszites.
  • Die Verdachtsdiagnose ergibt sich aufgrund von suspektem klinischem und sonografischem Befund sowie erhöhtem CA-125.
    • Diagnosesicherung durch Laparotomie und histologischen Befund

Weitere Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Handelt es sich sicher um eine vaginale Blutung? 
    • DD urethrale Blutung oder peranale Blutung
  • Wann traten die Blutungen auf?
    • Spontane Blutung ohne auslösenden Faktor?
    • Trauma oder Riss?
  • Wie häufig treten die Blutungen auf?
    • Einmalig oder wiederkehrend?
  • Wie lange und wie viel?
    • Schmierblutungen?
    • Starke Blutungen?
  • Wird Östrogen verwendet?
    • Systemische oder lokale Anwendung?
  • Weitere Symptome?
    • Schmerzen, Gewichtsabnahme, Müdigkeit

Klinische Untersuchungen

  • Allgemeinzustand der Patientinnen
  • Lebermetastasen?
  • Vergrößerte inguinale oder supraklavikuläre Lymphknoten?
  • Evtl. digital-rektale Untersuchung, zum differenzialdiagnostischen Ausschluss einer peranalen Blutung

Ergänzende Untersuchungen

In der Hausarztpraxis

In der gynäkologischen Praxis

  • Gynäkologische Untersuchung
    • Untersuchung von Vulva, Vagina und Zervix: Atrophie, Wunden, Tumoren?
    • Zervixzytologie: Pap-Abstrich
    • Blutung ex uteri?
    • gründliche Palpation der Organe im kleinen Becken
  • Vaginalsonografie
    • Eine Endometriumdicke > 3 mm bei postmenopausalen Patientinnen mit uteriner Blutung ist suspekt. 
      • Bei einer sonografischen Endometriumdicke ≤ 3 mm soll zunächst zugewartet und nach 3 Monaten eine Kontrollsonografie erfolgen.
      • Eine Endometriumdicke < 3 mm schließt eine endometriale Pathologie mit einer Sensitivität von 98 % nahezu aus.6
    • Bei postmenopausalen Patientinnen mit einer Hormontherapie und einer Endometriumdicke zw. 3 und 5 mm kann die Hydrosonografie zur weiteren Abklärung erfolgen.
  • Ggf. Endometriumbiopsie (Tao Brush oder Pipelle-Biopsie): Mit der Pipelle kann ein Endometriumkarzinom mit einer Sensitivität von 99,6 % bei postmenopausalen Patientinnen diagnostiziert werden.
  • Hysteroskopie und fraktionierte Abrasio: Goldstandard in der Diagnostik des Endometriumkarzinoms
    • immer bei:
      • Endometriumdicke > 3 mm (> 5 mm bei Hormonersatztherapie)
      • bei rezidivierender postmenopausaler Blutung (unabhängig von der Endometriumdicke) oder
      • nicht auswertbarer Biopsie.
    • Bei einem klinisch eindeutigen Karzinom kann auf die Hysteroskopie verzichtet werden.

Maßnahmen und Empfehlungen

Indikationen zur Überweisung

  • Jede postmenopausale Blutung sollte zeitnah fachärztlich gynäkologisch abgeklärt werden, damit kein Malignom übersehen wird.

Therapie

  • Siehe hierfür jeweils die entsprechenden Arztinformationen.
  • Die atrophische Kolpitis wird mittels lokalem Östrogen behandelt.

Quellen

Literatur

  1. Elnahhas I, Mitwally M. Assessment of vaginal bleeding. BMJ Best Practice, last updated Dec 15, 2021. bestpractice.bmj.com
  2. Carugno J. Clinical management of vaginal bleeding in postmenopausal women. Climacteric. 2020 Aug;23(4):343-349. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  3. Clarke, MA, Long, BJ, Del Mar Morillo, A, Arbyn, M, Bakkum-Gamez, JN, Wentzensen, N, Association of Endometrial Cancer Risk With Postmenopausal Bleeding in Women: A Systematic Review and Meta-analysis. 2018. 178 (9)(9): p. 1210-1222. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  4. Boosz AS, Reimer P, Matzko M, Römer T, Müller A. The conservative and interventional treatment of fibroids. Dtsch Arztebl Int 2014; 111: 877–83. DOI:10.3238/arztebl.2014.0877. www.aerzteblatt.de
  5. Evans P, Brunsell S. Uterine fibroid tumors: diagnosis and treatment. Am Fam Physician 2007; 75: 1503-8. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  6. Timmermans, A. Opmeer, B. C. Khan, K. S. Bachmann, L. M. Epstein, E. Clark, T. J. et.al. Endometrial thickness measurement for detecting endometrial cancer in women with postmenopausal bleeding: a systematic review and meta-analysis. Obstet Gynecol, 2010. 116: p. 160-7. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov

Autor*innen

  • Franziska Jorda, Dr. med., Fachärztin für Viszeralchirurgie, Ärztin in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Kaufbeuren

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