Ohrenschmerzen

Ohrenschmerzen bei Kindern sind ein häufiger Grund für einen Arztbesuch.

Was sind Ohrenschmerzen?

  • Ohrenschmerzen (fachsprachlich Otalgie) können auf Erkrankungen im Ohr oder an anderen Stellen im Kopf- und Nackenbereich hinweisen, die ins Ohr ausstrahlen.
  • Ohrenschmerzen gehören mit zu den häufigsten Gründen für einen Arztbesuch, insbesondere bei Kleinkindern.

Beurteilung von Ohrenschmerzen

  • Kinder:
    • Ohrenschmerzen bei Kleinkindern entstehen häufig infolge einer Ohrenentzündung.
    • Die Wahrscheinlichkeit einer Ohrenentzündung steigt, wenn das Kind bereits früher Ohrenentzündungen hatte und die Schmerzen in der Nacht auftreten.
    • Bei nächtlichen Schmerzen und einem ansonsten gesunden Kind muss in der Nacht in der Regel kein Arzt aufgesucht werden. Die Gabe von Schmerzmitteln wie Paracetamol oder Ibuprofen ist in der Regel ausreichend.
  • Erwachsene:
    • Ohrenschmerzen können insbesondere bei Erwachsenen auch aufgrund von anderen Erkrankungen im Kopf- und Nackenbereich entstehen, z. B. geschwollene Lymphknoten am Hals.

Was kann die Ursache sein?

Häufige Ursachen, die möglicherweise behandlungsbedürftig sind

  • Gehörgangsentzündung (akute Otitis externa)
    • Der Grund ist in der Regel eine Kombination aus Ekzem und Infektion, die Erkrankung tritt häufig wiederkehrend auf. Es gibt eine Reihe von prädisponierenden Faktoren, z. B. Schuppen, Ekzem, Psoriasis, Wärme und Feuchtigkeit oder Verletzungen des Gehörgangs (beispielsweise durch Wattestäbchen).
    • Anfangs kommt es zu Juckreiz, danach können auch Schmerzen, Ausfluss aus dem Gehörgang und eine leichte Hörminderung auftreten.
  • Ohrenschmalz (Zerumen)
    • Ohrenschmalz kann den Gehörgang blockieren und eine Entzündungsreaktion hervorrufen.
    • Normalerweise kommt es zu einem einseitigen Hörverlust, einer Hörminderung und eventuell Schmerzen und anderen Beschwerden.
  • Fremdkörper im Gehörgang
    • Dies kann relativ häufig vorkommen, insbesondere bei Kleinkindern, die sich etwas in das Ohr stecken.
    • Die Gegenstände können meist leicht entfernt werden. Kommt es zu Problemen, sollten Sie einen Arzt aufsuchen, da es zu einer Verletzung des Gehörgangs oder Trommelfells kommen kann.
  • Geschwollene Lymphknoten am Hals
    • Bei einer Infektion im Rachen (akute Rachenentzündung) schwellen die Lymphknoten im Hals vorübergehend an. Dadurch kann Druck auf die umgebenden Strukturen ausgelöst werden, sodass es zu Schmerzen im Ohr kommen kann.
  • Akute Mittelohrentzündung (Otitis media acuta)
    • Sie tritt am häufigsten bei Kleinkindern zwischen 6 Monaten und 3 Jahren auf, die meisten Kinder hatten bereits eine Ohrenentzündung. Meist ist der Entzündung eine Infektion der oberen Atemwege vorausgegangen.
    • Es kommt zu akut auftretenden, meist nächtlichen Ohrenschmerzen und Unruhe, und das Kind fasst sich ans Ohr. Wird das Trommelfell punktiert, komm es zu einer raschen Schmerzlinderung und Ausschüttung von Eiter aus dem Gehörgang.
  • Seröse Mittelohrentzündung (Otitis media serosa)
    • Diese Erkrankung tritt am häufigsten bei Kleinkindern auf. Im Alter von 7 Jahren hatten 30 % der Kinder eine oder mehrere Episoden mit einer Dauer von drei bis neun Monaten. Sie tritt in der Regel nach einer Erkältung oder Ohrenentzündung auf.
    • Es kommt zu einer Hörminderung, Hörverlust und möglicherweise einer verzögerten Sprachentwicklung.
  • Entzündung des Trommelfells (Myringitis)
    • Auslöser ist in der Regel eine Viruserkrankung, und die Erkrankung kann bei Kindern und Erwachsenen gleichermaßen auftreten.
    • Die Symptome ähneln einer normalen Mittelohrentzündung. Bei der Untersuchung des Trommelfells ist dieses jedoch gerötet und stülpt sich nicht in den Gehörgang aus. Es können sich eine oder mehrere Bläschen auf dem Trommelfell bilden (bullöse Myringitis).
  • Pickel im Gehörgang (Gehörgangsfurunkel)
    • Ein Furunkel tritt in der Regel bei Erwachsenen auf.
    • Es kommt zu teilweise starken Schmerzen im Gehörgang. Die Schmerzen treten auf, wenn am Ohrläppchen gezogen oder gegen den Gehörgang gedrückt wird.
  • Druckverletzung (Barotrauma)
    • Typischerweise treten die Ohrenschmerzen beim Landeanflug oder Tauchen auf.
    • Die meisten Betroffenen sind dabei erkältet oder leiden an Heuschnupfen.

Seltene Ursachen

Ausstrahlende Schmerzen

  • In seltenen Fällen können auch andere Organe, z. B. Nebenhöhlen, Zähne, Kiefergelenk, Rachen und Hals, Ohrenschmerzen verursachen.
  • Kiefergelenksbeschwerden
    • Es kann zu Ohrenschmerzen und einem Knacken im Kiefergelenk kommen. Das Kiefergelenk kann schmerzempfindlich sein.
  • Zahnbeschwerden

Auffälliger Befund bei der Ohrenuntersuchung

  • Nekrotisierende Gehörgangsentzündung (nektrotisierende Otitis externa)
    • Die Entzündung greift auf das Knochengewebe im Gehörgang über. Die Erkrankung tritt häufig bei Patienten mit Diabetes oder einer Immunschwächekrankheit auf.
    • Es kommt zu starken, tiefen Schmerzen.
  • Gürtelrose
    • Die Gürtelrose kann Nerven angreifen, die zum Ohr führen.
    • Typischerweise kommt es zu Ohrenschmerzen, Lähmung der Gesichtsnerven und kleinen Bläschen im äußeren Teil des Gehörgangs. Andere Symptome können Hörverlust, Tinnitus, Schwindel oder Geschmacksstörungen sein.
  • Entzündung im Ohrknorpel
    • Knorpelentzündungen können in vielen Organen auftreten, z. B. in Augen, Nase, Herz, Nieren und dem Nervensystem, betreffen aber meist das Ohr.
    • Die Entzündung kann in beiden Ohren auftreten. Die Ohrmuschel ist rot oder blaulila. Die Ohrläppchen sind nicht betroffen, da sie keine Knorpel enthalten.
    • Die Entzündung kann immer wieder auftreten.

Unauffälliger Befund bei der Ohrenuntersuchung

Trotz unauffälligem Befund direkt im Ohr, können Ohrenschmerzen die Folge von Krankheiten anderer Organe sein:

  • Tumoren
    • Tumoren in Nase, Mundhöhle, Rachen, Hals oder Brust können zu Schmerzen führen. Warnsignale sind Schluckbeschwerden, Gewichtsverlust und Heiserkeit.
  • Nervenschmerzen
    • Es können verschiedene Hirnnerven beteiligt sein.
    • Die Trigeminusneuralgie ist am bekanntesten und kennzeichnet sich durch Anfälle mit starken, schneidenden Schmerzen im Bereich des Ober- und Unterkiefers.
    • Die Glossopharyngeusneuralgie verursacht Schmerzen im Hals und bei einigen Patienten auch im Mittelohr.
    • Bei einer Fazialisparese kommt es zu einer Gesichtslähmung. Bei 25 % der Patienten treten die Schmerzen hinter dem Ohr auf.
  • Entzündung der Schläfenarterie (Riesenzellarteriitis)
    • Es kommt zu Schmerzen im Schläfenbereich, die sich auf das Ohr ausbreiten können. Weitere Symptome sind Müdigkeit, Gewichtsverlust, Fieber und Appetitlosigkeit.
    • Die Diagnose sollte schnell gestellt werden, da auch der Sehnerv betroffen sein kann.

Was können Sie selbst tun?

  • Hinweise bei Kindern mit starken Ohrenschmerzen ohne herabgesetzten Allgemeinzustand, insbesondere bei bereits aufgetretenen ähnlichen Episoden:
    • Gabe von schmerzstillenden und fiebersenkenden Medikamenten, z. B. Paracetamol oder Ibuprofen
    • Kissen unter dem Kopf, damit der Kopf höher liegt
    • Viel trinken
    • Nasentropfen/Kochsalzlösung bei verstopfter Nase
  • Gemäß den Empfehlungen wird eine akute Mittelohrentzündung bei ansonsten gesunden Kindern ggf. mit Schmerzmitteln behandelt. Antibiotika kommen erst zum Einsatz, wenn die Schmerzen und Infektion nich nach wenigen Tagen zurückgehen oder wenn das Kind Allgemeinsymptome entwickelt. Im Einzelfall wird der Arzt mit den Eltern entscheiden, wie die Therapie verläuft.

Wann sollten Sie einen Arzt konsultieren?

  • Bei starken Ohrenschmerzen, die bereits länger als einen Tag anhalten, oder geplatztem Trommelfell sollte ein Arzt das Ohr untersuchen.
  • Obwohl eine akute Mittelohrentzündung in der Regel keine Therapie erfordert, sollte eine sorgfältige Nachsorge erfolgen, damit sichergestellt wird, dass das Kind wieder ganz gesund wird. Bei einigen Kindern kann es zu einer chronischen Mittelohrentzündung mit Flüssigkeit im Mittelohr kommen, wodurch eine Hörminderung und bei anhaltenden Beschwerden eine Verzögerung der kindlichen Sprachentwicklung auftreten kann.

Wie geht der Arzt vor?

Anamnese (Krankengeschichte)

Fragen, die der Arzt über das Kind stellen kann:

  • Seit wann hat das Kind diese Beschwerden?
  • Wie hat sich sein Zustand entwickelt?
  • War das Kind erkältet?
  • Wie ist der Allgemeinzustand? Hat das Kind erhöhte Temperatur?
  • Hatte das Kind bereits eine Ohrenentzündung?

Fragen, die der Arzt einem Erwachsenen mit Ohrenschmerzen stellen kann:

  • Seit wann haben Sie diese Beschwerden?
  • Wie stark sind die Schmerzen?
  • Kam es vor der akuten Verschlechterung zu Juckreiz im Ohr?
  • Haben Sie einen Gegenstand (z. B. Wattestäbchen) in den Gehörgang eingeführt?
  • Hat sich das Gehör nach der akuten Verschlechterung vermindert?

Ärztliche Untersuchung

  • Bei Kindern führt der Arzt neben der Untersuchung des Ohres auch eine Kontrolle und Untersuchung von Hals, Brust und Bauch durch, um andere Erkrankungen auszuschließen. Der Arzt achtet auf Hautausschläge und kontrolliert, ob das Kind einen steifen (schmerzhaft unbeweglichen) Nacken hat, weil dies auf eine Hirnhautentzündung deuten kann.

Andere Untersuchungen

  • Andere Untersuchungen sind selten erforderlich.

Überweisung an einen Spezialisten oder ein Krankenhaus

  • Die meisten Menschen mit akuten Ohrenschmerzen können vom Hausarzt behandelt werden.
  • Bei ungeklärten und langwierigen Beschwerden kann eine Überweisung an einen Spezialisten erfolgen.
  • Tritt auch einige Monate nach einer akuten Mittelohrentzündung noch Flüssigkeit im Mittelohr auf, werden Sie an einen Spezialisten überwiesen.

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Ohr Übersicht
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Autoren

  • Susanne Meinrenken, Dr. med., Bremen

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References

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