Zusammenfassung
- Definition:Schuppendes, chronisches, nicht ansteckendes Ekzem, das vor allem in Hautbereichen, die viele Talgdrüsen enthalten, vorkommt.
- Häufigkeit:Häufige Hauterkrankung mit Prävalenz in Gesamtbevölkerung von 1–3 %.
- Symptome:Meist asymptomatisches Ekzem, evtl. Juckreiz.
- Befunde:Erythem mit feuchter Schuppung an typischen Lokalisationen (u. a. Stirn, Kopfhaut, Augenbrauen, Nasolabialfalten).
- Diagnostik:Klinische Diagnose.
- Therapie:Lokalbehandlung mit antimykotischen Topika, ggf. in Kombination mit topischen Calcineurin-Inhibitoren oder kortikoidhaltigen Externa. Keine Kortikoide im Gesicht wegen Gefahr der Hautatrophie.
Allgemeine Informationen
Definition
- Schuppendes, chronisches, nicht ansteckendes Ekzem, das vor allem in Hautbereichen, die viele Talgdrüsen enthalten, vorkommt.1
- Kopfhaut, Gesicht, Brust und intertriginöse Bereiche
Häufigkeit
- Die Erkrankung gehört zu den häufigsten Hauterkrankungen.
- Prävalenz
- in der erwachsenen Gesamtbevölkerung 1–3 %
- Alter und Geschlecht2
- Altersgipfel bei Säuglingen und in der Gruppe der 35- bis 45-Jährigen
- Männer erkranken etwas häufiger als Frauen.
Ätiologie und Pathogenese
- Die Pathogenese kann in fünf Phasen eingeteilt werden:2
- Talgdrüsen sezernieren Fette auf Hautoberfläche.
- Der Pilz Malassezia furfur kolonisiert fettige Hautbereiche.
- Malassezia sezerniert Lipase, durch die freie Fettsäuren und Lipidperoxide entstehen, die das Immunsystem aktivieren.
- Das Immunsystem produziert Zytokine, wie z. B. Interleukine und TNF-α, die Keratinozyten zur Proliferation und Differenzierung stimulieren.
- Die folgende Störung der Hautbarriere verursacht u. a. Erythem und Pruritus.
Prädisponierende Faktoren
- Genetische Disposition2
- Immunschwäche
- Parkinson-Syndrom3
- Stress
- Klimatische Faktoren
- Besserung im Sommer und Verschlechterung im Winter
ICPC-2
- S86 Seborrhoische Dermatitis
ICD-10
- L21 Seborrhoisches Ekzem
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Klinische Diagnose
- Erythem mit feuchter Schuppung an typischen Lokalisationen (u. a. Stirn, Kopfhaut, Augenbrauen, Nasolabialfalten)
Differenzialdiagnosen
- Atopisches Ekzem
- Psoriasis
- Tinea capitis
- Kontaktekzem
- Rosazea
- Kutanes Lymphom
- Langerhanszell-Histiozytose
- Lupus erythematodes
Anamnese
- Subjektive Beschwerden fehlen häufig ganz.
- Geringer Juckreiz, im Kopfbereich mehr als im Gesichtsbereich, kann vorkommen.
- Typisch ist vonseiten der Patient*innen die Angabe, dass Stresssituationen zu einer Verstärkung der Hautveränderungen führen.
- Bei Säuglingen Beginn typischerweise in der 3.–4. Lebenswoche2
- Die Differenzialdiagnose atopische Dermatitis tritt in der Regel erst später auf.
- Neurologische oder immunsupprimierende Grunderkrankungen?
- Prädisponieren für ein seborrhoisches Ekzem.
Klinische Untersuchung
- Erytheme mit feuchter Schuppung perinasal, im Bereich der Stirn, Glabella, Nasolabialfalten und Augenbrauen
- Weitere Manifestationsareale, die gemeinsam, aber auch jeweils isoliert auftreten können, sind die Kopfhaut und das Sternum.
Seborrhoisches Ekzem
- Bei Säuglingen ist zudem ein Auftreten im Windelbereich möglich.
- Weitere Manifestationsareale, die gemeinsam, aber auch jeweils isoliert auftreten können, sind die Kopfhaut und das Sternum.
- Haarausfall kann begleitend auftreten.2
Ergänzende Untersuchungen
- Erkrankungsspezifische Laborparameter gibt es nicht.
- Bei Verdacht auf Pilzinfektion ggf. direkte Mikroskopie und/oder Kultur
- Bei therapierefraktären Beschwerden und/oder Unsicherheit bezüglich der Diagnose Hautbiopsie
Indikationen zur Überweisung
- Bei therapieresistenten Verläufen oder Unsicherheit bezüglich der Diagnose Überweisung an eine dermatologische Praxis
Therapie
Therapieziel
- Klinische Erscheinungsfreiheit
Allgemeines zur Therapie
- Heilung bei Erwachsenen ist nicht möglich.
- Eine Erhaltungstherapie ist angeraten, bei der entzündungshemmende Wirkstoffe in niedriger Dosierung mit größerem zeitlichem Abstand angewendet werden.
- Die Haut im betroffenen Areal unterscheidet sich in der Regel auch bei Symptomfreiheit von gesunder Haut.
- Geschädigte Hautbarriere und Entzündungsreaktionen sind nachweisbar, die noch keine klinischen Symptome verursachen.
- Bei Säuglingen ist der Verlauf selten chronisch.2
- Eine Basistherapie mit Emmolienzien ist in der Regel ausreichend.1
- Sowohl Antimykotika als auch lokale Steroide und Calcineurin-Inhibitoren sind wirksam und können zur Steigerung der Wirkung miteinander kombiniert werden.
Medikamentöse Therapie
Lokale Therapie
- Auf der Kopfhaut
- antimykotikahaltige Shampoos Behandlung der Wahl4
- z. B. Ketoconazol 2 %
- Anwendung 2 x wöchentlich empfohlen, Therapiedauer 2–4 Wochen
- Sind die Herde stark entzündlich, können kurzfristig Steroidlösungen angewendet werden.5
- z. B. Betamethasonvalerat 0,1 %
- Anwendung „golfballgroße“ Menge Schaum bzw. entsprechend weniger für Kinder 2 x tgl. (morgens und abends), bis sich der Zustand bessert, bei Kindern maximal 5–7 Tage.
- Bei Erwachsenen gilt: Die kleinste erforderliche Menge Schaum sollte nur über den kürzest möglichen Zeitraum angewendet werden.
- Bestehen ausgeprägte Schuppen, ist das Auftragen eines Oleogels empfohlen.
- Applikationszeit 2–3 h oder über Nacht
- Oleogel löst zunächst die Schuppen, durch Zugabe von Wasser entsteht Emulsion, in der sich die in Öl gelösten Schuppen mit Wasser verbinden.
- antimykotikahaltige Shampoos Behandlung der Wahl4
- Im Gesicht und sternal
- Therapie der 1. Wahl sind topische Antimykotika.
- z. B. Ketoconazol 2 %
- Anwendung 1 x tgl., bei starkem Befall 2 x tgl.
- Dauer: Die Anzeichen der Erkrankungen gehen üblicherweise innerhalb der ersten 14 Tage nach Beginn der Behandlung deutlich zurück. Zur Vermeidung eines Rezidivs mindestens einige Tage über das Verschwinden der Beschwerden hinaus fortsetzen.
- Kombination mit topischen Calcineurin-Inhibitoren möglich (Cave: Off-Label-Use!) und im klinischen Alltag mit sehr guten Ergebnissen
- z. B. Tacrolimus 0,1 % Salbe morgens, Ketoconazol abends
- Steroide wegen Gefahr der Hautatrophie im Gesicht vermeiden.
- Therapie der 1. Wahl sind topische Antimykotika.
Lokale Therapie bei Neugeborenen
- Die Therapie besteht hauptsächlich aus Emollienzien (rückfettende Substanzen wie z. B. Vaseline), um die Menge der Schuppen zu reduzieren.1
- Die Schuppen können vorsichtig mit einer Haarbürste entfernt oder mit einem Lappen abgerubbelt werden.
Rezidivprophylaxe
- Für Hautveränderungen im Gesicht- und Sternalbereich ist eine regelmäßige Pflege mit Pirocton Olamin-haltiger Creme empfohlen.
- Im Kopfbereich können antimykotischer Shampoos auch Monate nach der Abheilung zur Prophylaxe eingesetzt werden.
- Anwendung 1 x wöchentlich oder alle 2 Wochen über 3–6 Monate
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- Bei Säuglingen und Kleinkindern meist selbstlimitierend2
- Bei Erwachsenen chronische Erkrankung mit vielen Rezidiven2
Komplikationen
- Bei älteren Patient*innen und Immunsupprimierten kann sich das seborrhoische Ekzem auf den gesamten Körper ausbreiten (Erythrodermie).
Prognose
- Keine Heilung bei Erwachsenen möglich, jedoch kann oft Symptomkontrolle erzielt werden.
Patienteninformationen
Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?
- Über die Möglichkeiten der Selbstbehandlung und Fortführung der Therapie zur Rezidivprophylaxe auch nach Abheilen der akuten Ekzeme
- Stress vermeiden.
Patienteninformationen in Deximed
Illustrationen

Seborrhoisches Ekzem

Seborrhoisches Ekzem, im Gesicht (Nasolabialfalten)

Seborrhoischen Ekzem, Brustbeinregion

Seborrhoisches Ekzem der Kopfhaut

Seborrhoisches Ekzem

Seborrhoisches Ekzem, Axilla

Seborrhoisches Ekzem im Stirnbereich

Seborrhoisches Ekzem, Nasolabialfalten
Quellen
Literatur
- Clark GW, Pope SM, Jaboori KA. Diagnosis and treatment of seborrheic dermatitis. Am Fam Physician 2015 Feb 1; 91(3): 185-190. www.aafp.org
- Adalsteinsson JA, Kaushik S, Muzumdar S, et al. An update on the microbiology, immunology and genetics of seborrheic dermatitis. Experimental Dermatology 2020; 29{5): 481-9. onlinelibrary.wiley.com
- Mastrolonardo M, Diaferio A, Logroscino G. Seborrheic dermatitis, increased sebum excretion, and Parkinson's disease: a survey of (im)possible links. Med Hypotheses 2003; 60: 907-11. PubMed
- Okokon EO, Verbeek JH, Ruotsalainen JH, Ojo OA, Bakhoya VN. Topical antifungals for seborrhoeic dermatitis. Cochrane Database of Systematic Reviews 2015, Issue 5. Art. No.: CD008138. DOI: 10.1002/14651858.CD008138.pub3. DOI
- Kastarinen H, Oksanen T, Okokon EO, et al. Topical anti-inflammatory agents for seborrhoeic dermatitis of the face or scalp. Cochrane Database Syst Rev. 2014; 5: CD009446. PMID: 24838779 PubMed
Autor*innen
- Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Frankfurt a. M.