Zusammenfassung
- Definition:Pilzinfektion der Haut, verursacht durch Dermatophyten; häufig handelt es sich um eine Zoonose.
- Häufigkeit:Kommt weltweit häufig vor.
- Symptome:Wird auch als Ringelflechte bezeichnet und äußert sich in runden Flecken mit ausgeprägtem rotem Rand.
- Befunde:Die betroffenen Bereiche zeichnen sich durch eine erythematöse Randzone mit leicht schuppender Haut, manchmal mit kleinen Bläschen und Pusteln aus. Die Haut in der Mitte ist blass.
- Diagnostik:Bei zahlreichen und ausgedehnten Läsionen sollten Proben für Mikroskopie und Kultur genommen werden.
- Therapie:In der Regel sind topische Antimykotika ausreichend.
Allgemeine Informationen
Definition
- Tinea corporis, auch als Ringelflechte bezeichnet, ist eine Pilzerkrankung der Haut, hervorgerufen durch Dermatophyten.1
- Siehe auch die Artikel zu Tinea capitis, Tinea pedis und zu weiteren Pilzinfektionen der Haut.
Häufigkeit
- Weltweit häufigste Dermatophytose2
- Das Lebenszeitrisiko für eine Tinea corporis wird auf 10–20 % geschätzt.
- Altersgipfel: späteres Teenager- und junges Erwachsenenalter2
- Die meisten Pilzinfektionen werden von Dermatophyten verursacht.3
Ätiologie und Pathogenese
Dermatophyten
- Dermatophyten werden in geophile, zoophile und anthropophile Arten unterteilt, entsprechend ihrem Hauptreservoir Erde, Tier oder Mensch.2
- Häufigste Erreger sind Trichophyton rubrum, T. tonsurans, and Microsporum canis.2
- Trichophyton
- Trichophyton rubrum
- Steht allein für fast 90 % aller Dermatophyten-Infektionen in Europa.
- Dieser Fadenpilz ist antropophil und kann zu Infektionen überall an der Körperoberfläche, in Haaren und insbes. Nägeln führen, tritt selten im Gesicht auf.
- Tricophyton tonsurans
- meist durch Autoinfektion von einer Tinea capitis2
- Tricophyton mentagrophytes
- weltweit verbreitet, ist zoophil und kann von Tieren (Nagetieren, Rindern, Pferden, Hunden, Katzen) übertragen werden
- beim Menschen Infektion aller üblichen Lokalisationen: Rumpf, Gesicht, Nägel, Haare und Bart
- Trichophyton verrucosum
- Kälberflechte: Eine berufliche Infektion mit Trichophyton verrucosum kann bei Landwirt*innen auftreten und relativ schwer verlaufen.
- Hauptreservoir sind Rinder, seltener Übertragung durch Hunde, Schweine, Schafe, Katzen, Ziegen oder Pferde.
- Trichophyton rubrum
- Epidermophyton2
- Epidermophyton floccosum
- Anteil an den Dermatophyten in Mitteleuropa ca. 3–5 %; zu 80–90 % sind Männer betroffen.
- Epidermophyton floccosum
- Microsporum
- Microsporum canis2
- weltweit führender zoophiler Dermatophyt
- Kann von Hunden und Katzen übertragen werden.
- Befällt die Haut, Haare und Bart und manchmal die Nägel.
- Microsporum canis2
- Übertragungswege
- enger Kontakt zu anderen infizierten Personen, Übertragungen v. a. im Haushalt
- enger Kontakt zu infizierten Tieren (v. a. Haustiere: Hund, Katze)
- kontaminierte Erde2
- Autoinfektion von anderer Lokalisation (z. B. Tinea capitis, Tinea pedis, Onychomykose)
- Inkubationszeit 1–3 Wochen2
Prädisponierende Faktoren
- Warme, feuchte Umgebung
- Gemeinsame Nutzung von Handtüchern und Kleidung
- Tragen luftundurchlässiger Kleidung
- Anamnese einer anderen Dermatophytose (z. B. Tinea capitis, Tinea pedis, Tinea cruris, Tinea unguium)
- Betroffene Familienmitglieder
- Sportarten mit Körperkontakt
- Hyperhidrosis
- Ichtyosis
- Enger Kontakt zu Tieren, Haustiere
- Tätigkeit als Landwirt*in
- Immunschwäche
- Diabetes
- Antibiotika
ICPC-2
- S74 Dermatophyten
ICD-10
- B35.- Dermatophytose [Tinea]
- B35.4 Tinea corporis
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Die Diagnose erfolgt in der Regel anhand der klinischen Untersuchung.
- Für eine zuverlässige Diagnose und vor systemischer Therapie sollte eine Abschabung zur mikroskopischen Untersuchung und eine Probe zum Anlegen einer Kultur erfolgen.
Differenzialdiagnosen
- Atopisches Ekzem
- Pityriasis rosea
- Nummuläres Ekzem
- Psoriasis
- Syphilis
- Impetigo contagiosa
- Seborrhoisches Ekzem
- Granuloma anulare
Anamnese
- Ringelflechte: runder Fleck mit ausgeprägtem rotem Rand
- Oft leichter Juckreiz
Tinea corporis
- Erfragung möglicher Tierkontakte, vor allem wenn mehrere Ekzeme vorliegen.
- Nagetiere, Katzen (Microsporum canis), Hunde, Rinder etc.
Klinische Untersuchung
- Auf freier Haut wachsen Dermatophyten zentrifugal und bilden scharf begrenzte, kreisförmige oder polyzyklische Läsionen mit erhöhter Aktivität und Entzündungen in der aktiven Randzone der Infektion.
- In der Randzone findet sich gerötete, leicht schuppende Haut, manchmal mit kleinen Bläschen und Pusteln.
Tinea corporis
- Die Infektion stirbt in der Mitte aufgrund von Substratmangel ab und das Ekzem bildet die typische Ringelflechte.
- Auftreten v. a. an exponierten Stellen, bei Kindern und Jugendlichen v. a. am Körperstamm2
Tinea corporis gladiatorum4
- Diese spezielle Variante tritt unter Ringer*innen aufgrund des ausgeprägten Hautkontakts auf.
- Erreger ist meist Trichophyton tonsurans.
- Neben ringförmigen Läsionen liegen oft erythematöse, schuppende Papeln und Plaques vor.
- Typische Lokalisationen sind Kopf, Hals und Arme, die Beine seltener.
Tinea corporis profunda
- Häufiger bei zoonotischen Pilzinfektionen, z. B. bei der Kälberflechte
- Stark entzündete Läsion mit furunkuloiden Knoten, gelegentlich auch mit Allgemeinsymptomen und Lymphknotenschwellung
Diagnostik bei Spezialist*innen
- Kultur: Goldstandard2
- Proben sollten besonders aus der Übergangszone zwischen krankem und gesundem Gewebe entnommen werden.
- Mikroskopie2
- Die direkte Mikroskopie mit 10–20 % Kalilauge erleichtert den Nachweis von Hyphen und Pilzmyzel.
- PCR (Polymerase-Kettenreaktion)2
- deutlich schneller als die Pilzkultur
- Tiere, die als Infektionsquelle in Verdacht stehen, sollen tierärztlich untersucht werden.
- Falls Kontakte mit mehreren Tieren vorliegen, kann die Kultur von den Patient*innen Aufschluss darüber geben, welche Tierart am wahrscheinlichsten als Infektionsquelle infrage kommt.
Indikationen zur Überweisung
- Hartnäckige und ausgedehnte Infektionen, die auf die topische Therapie nicht ansprechen.
- Wenn Zweifel an der Diagnose bestehen.
Therapie
Therapieziele
- Die Infektionsquellen vermeiden und behandeln.
- Die Pilzinfektion eliminieren.
- Rezidiven vorbeugen.
Allgemeines zur Therapie
- Sämtliche prädisponierenden Faktoren sollten möglichst behoben werden.
- In der Regel reicht eine lokale Therapie aus.
- Bei ausgedehnter Tinea corporis kann eine perorale Therapie angebracht sein.
- Ein lokales Kortikoid kann in der Anfangsphase bei starkem Juckreiz oder ausgeprägter Entzündungsreaktion zusätzlich hilfreich sein.
Ratschläge für Patient*innen
- Tragen leichter, locker sitzender Kleidung
- Die Haut sollte trocken und sauber gehalten werden.2
Ansteckungsgefahr
- Eine Infektion erfolgt bei direktem Kontakt oder Kontakt z. B. über Sportmatten.
- Unter der Therapie besteht rasch kein Infektionsrisiko mehr; Kinder mit Ringelflechte können prinzipiell nach nur wenigen Tagen wieder in die Schule/Tagesbetreuung gehen.
- Bei Epidemien in Kindergärten sollten alle Kinder untersucht und bei Bedarf entsprechend therapiert werden.
Medikamentöse Therapie
- Der Abschnitt beruht, soweit nicht anders gekennzeichnet, auf dieser Referenz.2
Lokale Behandlung
- Oberflächliche Hautmykosen können üblicherweise lokal behandelt werden.
- Die Behandlung sollte mindestens 2 cm über die betroffenen Areale hinausgehen.
- Dosierung: 1–2 x tgl. über 2–4 Wochen, symptomadaptiert
- Verwendet werden können:
- Imidazolpräparate (Azole): Ketoconazol, Clotrimazol (2–3 x tgl.), Econazol und Miconazol
- Allylamine (Terbinafin, 1 x tgl.)
- Ciclopirox
- Tolnaftat.
- Laut einer Metaanalyse gab es zwischen den verschiedenen topischen Antimykotika keine Unterschiede bezüglich der Heilungsraten.5
- Schwangerschaft und Stillzeit: Für eine lokale Therapie sind Clotrimazol und Miconazol lt. embryotox.de zu bevorzugen.
- Nystatin und Amphotericin haben gegen Dermatophyten keine Wirkung.
Systemische Therapie
- Indikationen
- tiefe oder sehr große oder multiple Läsionen
- rezidivierende oder chronische Tinea
- bei Nichtansprechen auf topische Therapie
- bei Immunsuppression
- Fluconazol
- Erwachsene 150 mg: 1 Kapsel wöchentlich über 4–6 Wochen
- Kinder 6 mg/kg 1 x wöchentlich p. o. (max. 200 mg/Woche)
- Off-Label-Use
- Beachte zahlreiche Wechselwirkungen!
- Terbinafin
- Erwachsene: 250 mg 1 x tgl. p. o. über 2–4(–6) Wochen
- Kinder (Off-Label-Use)
- 10–20 kg: 1 x tgl. 62,5 mg p. o.
- 21–40 kg: 1 x tgl. 125 mg p. o.
- > 40 kg: 1 x tgl. 250 mg p. o.
- Terbinafin sollte nicht bei Leberfunktionsstörungen gegeben werden.
- Treten unter der Therapie Leberwerterhöhungen auf (eine Kontrolle sollte nach 4–6 Wochen erfolgen), ist die Behandlung abzubrechen.
- Itraconazol
- Erwachsene 200 mg/d in einer Einzeldosis
- Kinder 3–5 mg/kg/d (max. 200 mg/d)
- Off-Label-Use
- Therapiedauer 2–4 Wochen, ggf. auch länger
- Beachte zahlreiche Wechselwirkungen!
- Schwangerschaft
- Eine systemische antimykotische Therapie sollte nur bei zwingender Indikation und möglichst nicht im 1. Trimenon erfolgen. Im Einzelfall sollte abgewogen werden, ob der therapeutische Nutzen für die Mutter das potenzielle Risiko für das ungeborene Kind überwiegt. Dies gilt für Itraconazol, Fluconazol und Terbinafin.
- Fluconazol: nur Kurzzeittherapie bei zwingender Indikation
- Stillzeit
- Bevorzugtes systemisches Antimykotikum Fluconazol, jedoch nur bei zwingender Indikation.
- keine Anwendung von Terbinafin systemisch in der Stillzeit
- Bei wiederholter Anwendung von Fluconazol wird vom Stillen abgeraten.
Komplikationen und Prognose
Komplikationen
- Bakterielle Superinfektion
- Hypo- oder Hyperpigmentierungen der betroffenen Hautareale2
Prognose
- Gutes Ansprechen auf die antimykotische Therapie2
- Rezidive nicht selten, v. a. bei fortbestehendem Reservoir2
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Illustrationen

Tinea corporis

Tinea corporis

Tinea corporis

Tinea corporis
Quellen
Literatur
- Andrews MD, Burns M. Common tinea infections in children. Am Fam Physician 2008; 77: 1415-20. PubMed
- Leung AK, Lam JM, Leong KF, Hon KL. Tinea corporis: an updated review. Drugs Context. 2020 Jul 20;9:2020-5-6. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Havlickova B, Czaika VA, Friedrich M. Epidemiological trends in skin mycoses worldwide. Mycoses. 2008 Sep;51 Suppl 4:2-15 www.ncbi.nlm.nih.gov
- Zalewski A, Goldust M, Szepietowski JC. Tinea Gladiatorum: Epidemiology, Clinical Aspects, and Management. J Clin Med. 2022 Jul 14;11(14):4066. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Rotta I, Ziegelmann PK, Otuki MF, Riveros BS, Bernardo NLM, Correr CJ. Efficacy of topical antifungals in the treatment of dermatophytosis: a mixed-treatment comparison meta-analysis involving 14 treatments. JAMA Dermatol. 2013;149(3):341–349. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- Sahoo AK, Mahajan R. Management of tinea corporis, tinea cruris, and tinea pedis: a comprehensive review. Indian Dermatol Online J. 2016;7(2):77–86. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- Nenoff P, Kruger C, Ginter-Hanselmayer G, Tietz HJ. Mycology – an update. Part 1: dermatomycosis: causative agents, epidemiology and pathogenesis. J Dtsch Dermatol Ges. 2014;12(3):188–209. doi: 10.1111/ddg.12245. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
Autor*innen
- Franziska Jorda, Dr. med., Fachärztin für Viszeralchirurgie, Ärztin in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Kaufbeuren