Zusammenfassung
- Definition:Eine Aortendissektion bezeichnet eine Verletzung der inneren Gefäßwand der Aorta mit Einblutung zwischen die Gefäßwandschichten. Abhängig von der Lokalisation unterscheidet man Dissektionen Typ A nach Stanford mit Beteiligung der Aorta ascendens und/oder des Aortenbogens und Typ B nach Stanford, die sich auf die Aorta descendens beschränken.
- Häufigkeit:Die Inzidenz von Aortendissektionen liegt bei etwa 6/100.000 Fälle pro Jahr, wobei Typ-A-Dissektionen häufiger auftreten.
- Symptome:Typisch sind plötzliche, stärkste Brustschmerzen, seltener auch Rücken- oder Bauchschmerzen. Durch Minderperfusion der Aortenäste kann es zu Organschädigung und vielseitigen weiteren Symptomen kommen.
- Befunde:Bei schweren Verläufen Kreislaufinstabilität bis zum Schock. Im Übrigen oft arterieller Hypertonus, Blutdruck- oder Pulsdifferenz beider Arme, Pulsdefizit, neu aufgetretenes Diastolikum bei Aortenklappeninsuffizienz.
- Diagnostik:Zeitnahe Diagnostik zum Ausschluss anderer Differenzialdiagnosen und Nachweis der Aortendissektion mittels bildgebender Untersuchung (CT-Angiographie, Echokardiografie, seltener MRT)
- Therapie:Behandlung in einem spezialisierten Zentrum. Bei Typ-A-Dissektionen unverzügliche chirurgische Therapie mit Implantation einer Aortenprothese. Bei Typ-B-Dissektion konservative Therapie oder endovaskuläre Therapie, seltener chirurgische Therapie.
Allgemeine Informationen
Definition
- Eine akute Aortendissektion (AAD) bezeichnet eine Verletzung der aortalen Gefäßwand mit intramuraler Einblutung und Auftrennung der Gefäßwandschichten.1
- wichtigste Entität des akuten Aortensyndroms (AAS)
- seltenes, jedoch akutes und lebensbedrohliches Krankheitsbild
- Einteilung nach Lokalisation entsprechend der Stanford-Klassifikation
- Stanford-Typ A: mit Beteiligung der Aortenwurzel und Aorta ascendens
- Stanford-Typ B: beginnt im absteigenden Ast der Aorta ohne Beteiligung der Aorta ascendens
- Klinisch manifestiert sich eine Aortendissektion mit plötzlichem, starkem, restrosternalem Brustschmerz bzw. Rückenschmerzen
- abhängig von der Lokalisation ggf. Ausstrahlung zwischen die Schulterblätter bzw. in Abdomen und Rücken
- Komplikationen der Aortendissektion
- Aortenruptur
- Ischämien in versorgten Organen und Extremitäten, z. B. ischämischer Schlaganfall
- hämorrhagischer bzw. kardiogener Schock
- Herzbeteiligung mit Aortenklappeninsuffizienz und Perikarderguss
- Die bildgebende Untersuchung der Wahl zum Nachweis einer Aortendissektion ist in der Regel die CT-Angiografie.
- Die Therapie sollte an einem Zentrum mit Herz- bzw. Gefäßchirurgie erfolgen.
- Möglichkeit der chirurgischen, endovaskulären oder konservativen Therapie abhängig vom Befund und des individuellen Risikos
- Unbehandelt ist die Letalität sehr hoch.
Akutes Aortensyndrom (AAS)1
- Akutes Krankheitsbild der Aorta, charakterisiert durch Notfallsituationen mit ähnlichen klinischen Charakteristika
- Umfasst folgende Entitäten:
- akute Aortendissektion (AAD)
- intramurales Aortenhämatom (IMH)
- penetrierendes Aortenulkus (PAU)
- traumatische Aortenverletzungen (TAV)
Häufigkeit
- Populationsbezogene Erhebung der Region Oxford2
- Inzidenz von 6/100.000 pro Jahr
- Stanford-Typ-A-Dissektionen mit 71,2 %
- Stanford-Typ-B-Dissektionen mit 28,8 %
- Inzidenz von 6/100.000 pro Jahr
- Inzidenz abhängig von vorbekannter arterieller Hypertonie3
- 21/100.000 pro Jahr bei Menschen mit arterieller Hypertonie
- 5/100.000 pro Jahr bei Menschen ohne arterielle Hypertonie
- Erkrankungsgipfel > 50. Lebensjahr
- Männer sind häufiger betroffen als Frauen.
Ätiologie und Pathogenese
Ätiologie
- Chronische Schädigung oder Schwächung der Gefäßwand der Aorta
- z. B. durch arterielle Hypertonie
- Durch zunehmende Dilatation vermehrter Wandstress
- Letztlich akute Wandeinblutung bzw. Dissektion
Pathogenese
- Bei einer akuten Aortendissektion kommt es zum Einriss der innersten Gefäßwandschicht, der Intima, z. T. auch der Media.
- In diese Aufspaltung der Gefäßwand tritt das strömende Blut ein (Entry).
- Aufspaltung in der Regel in Richtung des Blutstroms
- Durch fortschreitende Aufspaltung entstehen zwei Lumina, das wahre und falsche Gefäßlumen, die durch die Dissektionsmembran voneinander getrennt sind.
- Bei einem ggf. vorhandenen distalen, erneuten Intimaeinriss kann es zum Wiedereintritt des Blutes aus dem falschen in das richtige Lumen kommen (Re-Entry).
Klassifikation
- Stanford-Klassifikation,
- Typ-A-Aortendissektionen
- Alle Dissektionen, die auch die Aorta ascendens betreffen.
- Typ-B-Aortendissektion
- Beginn distal der linken A. subclavia ohne Beteiligung der Aorta ascendens
- Typ-A-Aortendissektionen
- DeBakey-Klassifikation,
- Typ DeBakey I
- Beteiligung der Aorta ascendens und descendens
- Typ DeBakey II
- Dissektion nur der Aorta ascendens
- Typ DeBakey III
- Dissektion nur der Aorta descendens
- Typ IIIa: Beschränkt sich auf die deszendierende thorakale Aorta.
- Typ IIIb: Ausdehnung bis unterhalb des Zwerchfells
- Typ DeBakey I
- Einteilung nach klinischem Verlauf1
- akute Aortendissektion: ≤ 14 Tage
- subakute Aortendissektion: 15–90 Tage
- chronische Aortendissektion: > 90 Tage
- Klassifikation der akuten Aortensyndrome (AAS)1
- Klasse 1: klassische Aortendissektion (AD)
- Klasse 2: intramurales Aortenhämatom (IMH)
- Klasse 3: umschriebene/diskrete Aortendissektion mit Vorwölbung
- Klasse 4: penetrierendes Aortenulkus (PAU) nach Plaqueruptur
- Klasse 5: iatrogene oder traumatische Aortenverletzungen (TAV)
Prädisponierende Faktoren4
- Arterielle Hypertonie1,4
- wichtigster Risikofaktor
- bei etwa 70 % der Betroffenen
- Atherosklerose
- Aortenaneurysma
- Diabetes mellitus4
- Rauchen
- Erbliche Bindegewebserkrankungen
- Marfan-Syndrom (MFS)
- Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS)
- familiäre Form der thorakalen Aortenaneurysmen und Aortendissektionen
- Erbliche Vaskulopathien
- Entzündliche Gefäßerkrankungen
- Riesenzellarteriitis
- Takayasu-Arteriitis
- systemischer Lupus erythematodes
- rheumatische Aortitis
- Morbus Behçet
- Syphilis
- mykotische Aortitis
- Morbus Ormond (retroperitoneale Fibrose)
- Iatrogene Dissektion
- z. B. Katheterinterventionen bzw. Aortenklappen-/Aortenoperation
- Substanzmissbrauch (z. B. Kokain)
- Einnahme von Fluorchinolonen5-6
- Aktuelle Daten relativieren diesen Zusammenhang allerdings.7
ICD-10
- I71.-: Aortenaneurysma und -dissektion
I71.0-: Dissektion der Aorta - I71 Aortenaneurysma und -dissektion
- I71.0 Dissektion der Aorta [jeder Abschnitt]
- I71.1 Aneurysma der Aorta thoracica, rupturiert
- I71.3 Aneurysma der Aorta abdominalis, rupturiert
- I71.5 Aortenaneurysma, thorakoabdominal, rupturiert
- I71.8 Aortenaneurysma nicht näher bezeichneter Lokalisation, rupturiert
- Q25 Angeborene Fehlbildungen der großen Arterien
- Q25.4 Sonstige angeborene Fehlbildungen der Aorta
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
Leitlinie: Diagnostik bei V. a. Aortendissektion1
- Klinischer Verdacht auf ein akutes Aortensyndrom
- Labordiagnostik (s. u.)
- Bildgebende Diagnostik
- Vorrangige Untersuchungen sind CT, MRT und TEE.
- CT-Angiografie bzw. MR-Angiografie
- zur optimalen Einschätzung der Dissektionsausdehnung
- überlegen für Diagnose von IMH, PAU undTAV
- transösophageale Echokardiografie (TEE)
- bessere Darstellung des Blutflusses und der Lokalisation von Einrissen
- geeignet für instabile Patient*innen und für die Überwachung von Veränderungen (intraoperativ/intensivmedizinisch)
Risikoscore zur Erhöhung der Vortestwahrscheinlichkeit8
- Risiko-Score von 0–3 Punkte (je 1 Punkt pro positive Kategorie)
- Hochrisiko-Anamnese
- Marfan-Syndrom (oder andere Bindegewebserkrankungen)
- Familienanamnese für Aortenerkrankungen
- bekannte Aortenklappenerkrankung
- bekanntes thorakales Aortenaneurysma
- vorangegangene Manipulation im Bereich der Aorta (einschl. herzchirurgischer Eingriff)
- Hochrisiko-Schmerzmerkmale
- Hochrisiko-Untersuchungsmerkmale
- Evidenz eines Perfusionsdefizits
- Pulsdefizit
- Unterschiede im systolischen Blutdruck
- fokale neurologische Defizite (im Zusammenhang mit entsprechendem Schmerz)
- diastolisches Herzgeräusch über Erb (neu und im Zusammenhang mit entsprechendem Schmerz)
- Hypotension oder Schock
- Evidenz eines Perfusionsdefizits
Differenzialdiagnosen
- Akutes Koronarsyndrom (ACS)
- Aortenaneurysma
- Mesenterialischämie
- Lungenembolie
- Pyelonephritis
- Nierensteine
- Rückenmarksverletzung
- Andere Ursachen von akuten Brustschmerzen
- Andere Ursachen eines akuten Abdomens
Anamnese
- Akuter Beginn der Beschwerden
- Klinische Beschwerden1,4,9-10
- akute Brustschmerzen oder Rückenschmerzen
- abruptes Einsetzen des Schmerzes
- Lokalisation besonders retrosternal und zwischen den Schulterblättern
- Wandern des Schmerzes
- stärkster jemals erlebter Schmerz („Vernichtungsschmerz")
- Bauchschmerzen
- Synkope
- Schock
- akute Brustschmerzen oder Rückenschmerzen
- Akute Komplikationen1,10
- Aortenklappeninsuffizienz
- Herzbeuteltamponade
- Myokardinfarkt
- akute Herzinsuffizienz
- Pleuraerguss
- neurologische Defizite (Koma, Schlaganfall)
- Rückenmarksverletzung
- Mesenterialischämie mit akuten Bauchschmerzen
- akutes Nierenversagen
- Ischämie der unteren Extremitäten
- Klinische Merkmale einer Bindegewebserkrankung (z. B. Hochwuchs bei Marfan Syndrom)
- Familienanamnese mit Aortenerkrankungen
Klinische Untersuchung
- Allgemeine körperliche Untersuchung inkl. Vitalparameter
- oft erhöhter Blutdruck (ca. 50 %)9
- Zeichen eines Schocks
- Blutdruckdifferenz (ca. 15 %)9,11
- Seitendifferenz in Puls oder Blutdruck zwischen den Armen
- Pulsdefizit (ca. 19 %)
- Differenz zwischen Herzfrequenz und tastbarer Pulsfrequenz
- Diastolisches Herzgeräusch9
- Ausdruck einer Aortenklappeninsuffizienz bei Typ-A-Dissektion
- Zeichen eines Perikardergusses oder einer Perikardtamponade (ca. 13 %)
- gestaute Halsvenen, paradoxer Puls und arterielle Hypotonie
- Klinische Zeichen einer Bindegewebserkrankung
- z. B. Marfan-Syndrom (MFS) oder Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS)
Diagnostik bei Spezialist*innen
Labordiagnostik
- Erforderliche Laborparameter1
- Blutbild
- C-reaktives Protein (CRP), Procalcitonin
- Entzündung, SIRS, Sepsis
- Creatinkinase (CK)
- Reperfusionsschaden, Rhabdomyolyse
- Troponin I oder T
- Myokardischämie, Myokardinfarkt
- D-Dimere
- erhöht bei Aortendissektion, Lungenembolie, Thrombose
- hohe Spezifität, somit zum Ausschluss einer Aortendissektion geeignet1
- Kreatinin, GOT, GPT, Laktat, Glukose
- Blutgase
- metabolische Störung, Oxygenierung
EKG
- Ausschluss anderer Erkrankungen mit Primärsymptom Brustschmerz (z. B. Herzinfarkt)
- Ggf. Nachweis ischämietypischer EKG-Veränderungen auch bei Aortendissektion
- Bei Typ-A-Dissektionen und Beteiligung der Koronargefäße kann es zum Herzinfarkt kommen.
- Unauffälliges EKG bei 38 % der Typ-B-Dissektionen
Bildgebende Diagnostik
- Ziel der akuten bildgebenden Diagnostik
- differenzialdiagnostische Abklärung
- Nachweis einer Dissektionslamelle, die zwei Lumina innerhalb der Aorta trennt, als Beweis einer Aortendissektion.
- Transthorakale Echokardiografie (TTE)
- als initiales bildgebendes Verfahren in allen Verdachtsfällen empfohlen1
- CT, MRT und TEE sind gleichermaßen zuverlässig in Bestätigung oder Ausschluss einer akuten Aortendissektion (AAD).12
- CT-Angiografie
- häufig Primärdiagnostik der Wahl
- bei instabilen Patient*innen geeignet (je nach örtlicher Verfügbarkeit und Expertise)1
- zur optimalen Einschätzung der Dissektionsausdehnung
- überlegen für Diagnose von IMH, PAU und TAV
- transösophageale Echokardiografie (TEE)
- bei instabilen Patient*innen geeignet (je nach örtlicher Verfügbarkeit und Expertise)1,12
- bessere Darstellung des Blutflusses und der Lokalisation von Einrissen
- geeignet zur Überwachung von Veränderungen (intraoperativ/intensivmedizinisch)
- in der Akutsituation erheblicher Nachteil durch lange Untersuchungszeiten
- bei stabilen Patient*innen (je nach örtlicher Verfügbarkeit und Expertise)
- bei instabilen Patient*innen geeignet (je nach örtlicher Verfügbarkeit und Expertise)1,12
- Wiederholung der Bildgebung bei:
- negativem Befund und fortbestehendem klinischem Verdacht
- bei unkomplizierter Typ-B Aortendissektion und konservativer Behandlung
- CT-Angiografie
- Röntgen des Thorax
- Ausschluss anderer Pathologien des Thorax
- Kann bei niedriger klinischer Wahrscheinlichkeit erwogen werden.
- erweitertes Mediastinum in 39–56 % bei Typ-B-Dissektion
- kein Ausschluss einer Dissektion, da unauffälliger Befund in 19–36 %
Indikationen zur Klinikeinweisung
- Sofortige Krankenhauseinweisung bei Verdacht auf die Erkrankung
- Transport in notärztlicher Begleitung in ein Herz- und Gefäßzentrum mit notwendiger Expertise
- Das Krankenhaus sollte vorab informiert werden.
Therapie
Therapieziele
- Vitalfunktionen stabilisieren.
- Suffiziente Schmerztherapie
- Komplikationen vermeiden.
- Grundlegende Therapiekonzepte erstellen:
- operative oder endovaskuläre Versorgung der Dissektion
- konservative Therapie.
Allgemeines zur Therapie
- Behandlung in einem Herz- und Gefäßzentrum mit Expertise in operativen und endovaskulären Therapieverfahren
- In der Regel intensivmedizinische Überwachung und Behandlung
- engmaschige Überwachung der Vitalfunktionen
- immer begleitend medikamentöse Therapie (Analgesie, Blutdrucksenkung)
- Therapiekonzept abhängig vom Typ und Lokalisation der akuten Aortendissektion
- Typ-A-Aortendissektion13
- Notfallindikation zur chirurgischen Therapie
- unkomplizierte Typ-B-Aortendissektion,
- konservative Therapie empfohlen
- ggf. endovaskuläre Therapie (TEVAR)
- komplizierte Typ-B-Aortendissektion1
- endovaskuläre Therapie (TEVAR) empfohlen
- ggf. chirurgischer Eingriff
- Berücksichtigung individueller klinischer und anatomischer Aspekte
- Typ-A-Aortendissektion13
Leitlinie: Empfehlungen für die Behandlung der Aortendissektion1
- Bei allen Patient*innen mit Aortendissektion wird eine medikamentöse Therapie einschließlich Schmerzstillung und Blutdruckeinstellung empfohlen.
- Bei Patient*innen mit Typ-A-Aortendissektion wird ein dringlicher chirurgischer Eingriff empfohlen.
- Bei Patient*innen mit akuter Typ-A-Aortendissektion und einer Malperfusion von Organen sollte ein Hybrid-Eingriff (d. h. Ersatz der Aorta ascendens und/oder des Aortenbogens zusammen mit einer perkutanen zusätzlichen aortalen oder arteriellen Seitenastprozedur) erwogen werden.
- Bei unkomplizierter Typ-B-Aortendissektion wird empfohlen, immer eine medikamentöse Therapie durchzuführen.
- Bei unkomplizierter Typ-B-Aortendissektion sollte zusätzlich eine thorakale endovaskuläre Aortenreparatur (TEVAR) erwogen werden.
- Bei komplizierter Typ-B-Aortendissektion wird eine thorakale endovaskuläre Aortenreparatur (TEVAR) empfohlen.
- Bei komplizierter Typ-B Aortendissektion kann ein chirurgischer Eingriff erwogen werden.
Medikamentöse Therapie
Blutdrucksenkung
- Ziel der Blutdrucksenkung,
- Senkung des systolischen Blutdrucks auf < 120 mmHg bzw. auf das niedrigste Niveau, um die vitalen Funktionen aufrechtzuerhalten.
- Eingesetzte intravenöse Antihypertensiva4
- Betablocker (z. B, Esmolol, Metoprolol)
- Vasodilatatoren (z. B. Labetolol, Nitroprussid)
- Im weiteren Verlauf Umstellung auf eine orale antihypertensive Medikation
- Senkung auf 130/80 mmHg und tiefer (wenn toleriert)
- In den meisten Fällen ist eine Kombinationstherapie mit mehreren Antihypertensiva notwendig.
Analgesie
- Suffiziente Analgesie, z. B. mit Opioidanalgetika (Morphin)
Operative Therapie
Aortendissektion Typ A
- Indikation zur unverzüglichen chirurgischen Therapie1
- Offen chirurgischer Ersatz der Aorta mit Aortenprothese aus Kunststoff
- Ein häufig eingesetztes Material für Gefäßprothesen ist das Polymer Dacron.
- auch klappentragendes Conduit verfügbar (Gefäßprothese mit Herzklappe)
- Bei langen Dissektionen bis in die distale Aorta Einsatz einer Gefäßprothese mit frei flottierendem distalen Ende in der Aorta descendens, das in einem Zweiteingriff an eine weitere Prothese angeschlossen wird (Elephant-Trunk-Technik).
- Aufrechterhaltung des Kreislaufs durch Herz-Lungen-Maschine
- Ggf. weitere herz- und gefäßchirurgische Maßnahmen (z. B. Aortenklappenreparatur)
- Bei Malperfusion mit Organschädigung kommen ggf. Hybrid-Eingriffe zum Einsatz.
- offen chirurgischer Ersatz der Aorta ascendens und/oder des Aortenbogens
- parallel perkutane aortale oder arterielle Seitenastprozedur
Aortendissektion Typ B
- Mögliche Indikation bei komplizierter akuter Aortendissektion Typ B1
- primär wird oft eine endovaskuläre Therapie angestrebt
- bei Kontraindikationen oder Versagen der endovaskulären Therapie
- Es fehlen randomisierte Studien, die ein endovaskuläres oder offenes Vorgehen bei akuter komplizierter Typ-B-Dissektion vergleichen.
Endovaskuläre Therapie
Thorakale endovaskuläre Aortenreparatur (TEVAR)
- Indikationen
- komplizierte Typ-B-Aortendissektion1
- ggf. bei unkomplizierter Typ-B-Aortendissektion und Risikokonstellationen, z. B.:
- großer Aortendurchmesser
- unkontrollierbare Schmerzen
- therapierefraktäre arterielle Hypertonie
- Risikofaktoren für eine chronische Expansion
- Verfahren
- Zugang über die A. femoralis communis
- intraluminale Platzierung eines Stentgrafts
- zum Abdecken der Eintrittsstelle der Dissektion (Entry)
- Verhindert Kompression des wahren Lumens durch das unter Druck stehende falsche Lumen.
- Führt zur Thrombosierung des falschen Lumens.
- Gefahr der Verlegung von Arterienästen der Aorta
Weitere spezielle Verfahren
- Implantation von Dissektionsstents (PETTICOAT-Technik)
- Endovaskuläre Fenestration
- Elephant-Trunk-Techniken
- Verfahren zur Revaskularisation einzelner Aortenäste
Prävention
- Behandlung von Grunderkrankungen und Risikofaktoren
- Blutdruckeinstellung bei arterieller Hypertonie
- Blutzuckereinstellung bei Diabetes mellitus
- Nikotinkarenz
- Regelmäßige Kontrollen bei Aortenaneurysma
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- Die Erkrankung beginnt mit plötzlich auftretenden Schmerzen im Bauch-/Rückenbereich.
- Es kommt häufig zu einer schnellen Progression, die dazu führt, dass die Patient*innen einen Schock erleiden und versterben.
Komplikationen
- Komplikationen der Aorta
- Ruptur der Aorta (Ruptur des falschen Lumens)
- rasche Expansion der Aorta
- Aortenklappeninsuffizienz
- Perikardtamponade
- Bei Typ-A-Dissektion kann es zu einem hämorrhagischen Perikarderguss mit Herzbeuteltamponade kommen.
- Hämorrhagischer Pleuraerguss
- Akute Herzinsuffizienz
- Arterielle Hypotonie, Kreislaufinstabilität, Schock
- Malperfusion der aortalen Äste mit Organversagen1
- Myokardinfarkt
- ischämischer Schlaganfall
- Mesenterialischämie
- renale Ischämie mit akutem Nierenversagen
- spinale Ischämie mit Querschnittsyndrom
- eine der schwerwiegendsten Komplikationen
- Ischämie der Extremitäten
- zerebrale Minderperfusion mit neurologischen Defiziten bis zum Koma
- Therapierefraktäre Hypertonie
- fortbestehende Hypertension trotz Gabe von drei verschiedenen Antihypertensiva
- Zeichen der Instabilität oder der renalen Malperfusion
Prognose
- Stanford Typ-A-Dissektion
- Unkomplizierte Stanford Typ-B-Dissektion mit konservativer Therapie14
- 30-Tage-Letalität von 2,4 %
- Überlebensrate nach 1 Jahr von 86,2–100 %
- Überlebensrate nach 5 Jahren von 59–97,2 %
- Komplizierte Stanford Typ-B-Dissektion mit endovaskulärer Therapie14
- 30-Tage-Letalität von 7,3 %
- Überlebensraten nach 1 Jahr von 62–100 %
- Überlebensraten nach 5 Jahren von 61–87 %
Verlaufskontrolle
- Regelmäßige klinische Verlaufskontrollen, z. B. 1 und 6 Monate nach Ereignis und anschließend in jährlichen Intervallen1
- Nach Rekonstruktion von Herzklappen jährliche Echokardiografie
- Nach Reimplantation der Koronararterien ergometrische Verlaufskontrollen und bei klinischer Symptomatik ggf. Koronarangiografie
- Risikofaktoren für Progredienz der Dissektion, Aneurysmabildung
oder Ruptur- Durchmesser der Aorta
- unzureichend behandelter arterieller Hypertonus
- perfundiertes falsches Lumen
- fortgeschrittenes biologisches Alter
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Illustrationen

Bauchaortenaneurysma mit Dissektion in der Sonografie (mit freundlicher Genehmigung von sonographiebilder.de ©Albertinen-Diakoniewerk e. V., Hamburg).
Quellen
Leitlinien
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Literatur
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Autor*innen
- Jonas Klaus, Arzt, Freiburg im Breisgau