Zusammenfassung
- Definition:Akute intrakranielle Blutung in den Subarachnoidalraum, spontan oder traumatisch. Spontane SAB meist durch Ruptur eines Aneurysmas bedingt.
- Häufigkeit:Dritthäufigste Schlaganfallursache, Inzidenz 4–9/100.000 Einw. pro Jahr. Häufigkeitsgipfel 40–60 Jahre.
- Symptome:Leitsymptom plötzlicher, stärkster Kopfschmerz. Häufige Begleitsymptome sind Übelkeit, Erbrechen, Bewusstseinsminderung, Verwirrtheit, Lichtempfindlichkeit, sensible oder motorische Ausfälle oder Krampfanfälle. Oft vorangegangene Kopfschmerzepisode („Warning Leak“).
- Befunde:Nackensteifigkeit (Meningismus), Bewusstseinsstörung, fokale neurologische Defizite, epileptische Anfälle, z. T. unauffälliger klinischer Untersuchungsbefund.
- Diagnostik:(Notfall-)Bildgebung mittels CT, bei unklaren Fällen ggf. zusätzlich Lumbalpunktion. Bei Nachweis einer spontanen SAB Gefäßdarstellung (CT-A, MR-A oder DSA) zur Abklärung möglicher Aneurysmen.
- Therapie:Intensivmedizinische Überwachung und Behandlung. Bei aneurysmatischer SAB Versorgung des rupturierten Aneurysmas endovaskulär (Coiling) oder mikrochirurgisch (Clipping). Prophylaxe und Therapie von Komplikationen (z. B. Vasospasmusprophylaxe) sowie anschließende Rehabilitation.
Allgemeine Informationen
Definition
- Die Subarachnoidalblutung bezeichnet eine arterielle, intrakranielle Blutung in den Subarachnoidalraum.1-3
Klassifikation2-3
- Spontane Subarachnoidalblutung
- aneurysmatische Subarachnoidalblutung (ca. 85 %)
- nicht-aneurysmatische Subarachnoidalblutung (ca. 15 %)
- Traumatische Subarachnoidalblutung (bei Schädel-Hirn-Trauma)
Häufigkeit
- Dritthäufigste Schlaganfall-Ursache (2–7 %) mit hoher Mortalität, Morbidität und Invalidität
- Inzidenz
- aneurysmatische SAB 3,7–9/100.000 pro Jahr2-5
- Prävalenz
- intrakranielle Aneurysmen bei ca. 2–2,5 %
- Frauen sind häufiger betroffen als Männer (1,6:1).2-3
- Häufigkeitsgipfel zwischen 40–60 Jahren (durchschnittlich 55 Jahre)2-3
- In der Notaufnahme sind Kopfschmerzen der Vorstellungsgrund in ca. 2 % der Fälle, davon 1–3 % aufgrund einer Subarachnoidalblutung.3-4,6-7
Ätiologie und Pathogenese
Spontane Subarachnoidalblutung
- Aneurysmatische Subarachnoidalblutungen (ca. 85 %)2
- Nicht-aneurysmatische Subarachnoidalblutungen (ca. 15 %)2,7
- perimesenzephale SAB (2/3 der Fälle)
- unklare Ursache, vermutlich venöse Blutung
- nicht-perimesenzephale SAB (1/3 der Fälle)
- kleine, unentdeckte oder thrombosierte Aneurysmen
- arteriovenöse Malformationen
- Moyamoya-Erkrankung
- Durafisteln
- zerebrale Sinus-/Venenthrombose
- reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom (RCVS)
- posteriores reversibles Enzephalopathie Syndrom (PRES)
- sympathomimetische Substanzen (z. B. Kokain)
- perimesenzephale SAB (2/3 der Fälle)
Pathophysiologie
- Hirnschädigung durch subarachnoidale Blutung in zwei Phasen1,3,7
- frühe (direkte) Hirnschädigung
- (transiente) globale Ischämie
- toxische Effekte des freien Blutes
- direkte Schädigung des Hirngewebes durch intrazerebrale Komponente der Blutung
- verzögerte (sekundäre) Hirnschädigung
- verzögerte zerebrale Ischämie (DCI)
- in 1/3 der Fälle innerhalb von 3–14 Tagen
- Mechanismen: Vasospasmen großer Gefäße, Konstriktion von Arteriolen, Mikrothromben, Störung der Blut-Hirn-Schranke, Störung der zerebralen Autoregulation1
- systemische Komplikationen (z. B. Fieber, Elektrolytstörungen)
- verzögerte zerebrale Ischämie (DCI)
- frühe (direkte) Hirnschädigung
- Systemische Reaktion3
- Aktivierung des sympathischen Nervensystems
- Freisetzung von Katecholaminen, inflammatorischen Zytokinen und natriuretischen Peptiden
- Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosterone System (RAAS)
- Auswirkungen
- Lungenödem, ARDS
- kardiale Wandbewegungsstörungen, Arrhythmie
- Flüssigkeits- und Elektrolytstörungen
Traumatische Subarachnoidalblutung
- Ursache und Pathogenese
- traumatische Subarachnoidalblutung im Rahmen eines Schädel-Hirn-Trauma mit Ruptur von Arterien und Brückenvenen
- Häufigkeit
- 20–40 % der Betroffenen mit schwerem Schädel-Hirn-Trauma
Prädisponierende Faktoren
Risikofaktoren2,9-10
- Rauchen
- Arterielle Hypertonie
- Übermäßiger Alkoholkonsum
- Substanzmissbrauch (insbesondere Sympathomimetika wie Kokain)
- Familiäre Prädisposition
- Ehlers-Danlos-Syndrom (Typ IV)
- Polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD)3
- Größe und Lokalisation eines intrakraniellen Aneurysmas
Risiko einer Aneurysmaruptur
- Das Risiko ist mit der Größe und Lokalisation des intrakraniellen Aneurysmas verknüpft.
- Kumulatives 5-Jahres-Risiko einer Ruptur bei asymptomatischen Patient*innen
- Lokalisation: A. carotis interna, A. communicans anterior, A. cerebri anterior, A. cerebri media
- < 7 mm: 0 %
- 7–12 mm: 2,6 %
- 13–24 mm: 14,5 %
- ≥ 25 mm: 40 %
- Lokalisation: A. cerebri posterior oder A. communicans posterior
- < 7 mm: 2,5 %
- 7–12 mm: 14,5 %
- 13–24 mm: 18,4 %
- ≥ 25 mm: 50 %
- Lokalisation: A. carotis interna, A. communicans anterior, A. cerebri anterior, A. cerebri media
- Signifikant höheres Risiko bei multiplen intrakraniellen Aneurysmen oder zurückliegender SAB
ICD-10
- I60 Subarachnoidalblutung
- I60.0 Subarachnoidalblutung, vom Karotissiphon oder der Karotisbifurkation ausgehend
- I60.1 Subarachnoidalblutung, von der A. cerebri media ausgehend
- I60.2 Subarachnoidalblutung, von der A. communicans anterior ausgehend
- I60.3 Subarachnoidalblutung, von der A. communicans posterior ausgehend
- I60.4 Subarachnoidalblutung, von der A. basilaris ausgehend
- I60.5 Subarachnoidalblutung, von der A. vertebralis ausgehend
- I60.6 Subarachnoidalblutung, von sonstigen intrakraniellen Arterien ausgehend
- I60.7 Subarachnoidalblutung, von nicht näher bezeichneter intrakranieller Arterie ausgehend
- I60.8 Sonstige Subarachnoidalblutung
- I60.9 Subarachnoidalblutung, nicht näher bezeichnet
- P10 Intrakranielle Verletzung und Blutung durch Geburtsverletzung
- P10.3 Subarachnoidale Blutung durch Geburtsverletzung
- P52 Intrakranielle nichttraumatische Blutung beim Fetus und Neugeborenen
- P52.5 Subarachnoidalblutung (nichttraumatisch) beim Fetus und Neugeborenen
- S06 Intrakranielle Verletzung
- S06.6 Traumatische subarachnoidale Blutung
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Klinik
- Typisch sind plötzliche stärkste Kopfschmerzen, oft mit Begleitsymptomen.
- Zerebrale Bildgebung
- native CT-Bildgebung mit hoher Sensitivität
- Lumbalpunktion
- bei negativer CT-Diagnostik
- Gefäßdarstellung zum Aneurysmanachweis bei SAB
Stadium nach Hunt und Hess1-2
- 0: unrupturiertes, asymptomatisches Aneurysma
- 1: keine oder leichte Kopfschmerzen, leichter Meningismus
- 2: mäßige bis schwere Kopfschmerzen, Meningismus, keine Ausfälle außer Hirnnervenausfälle
- 3: Somnolenz und/oder Verwirrtheit und/oder fokale Ausfälle
- 4: Sopor, mäßige bis schwere fokale Ausfälle, vegetative Störungen
- 5: Koma, Dezerebrationshaltung (Strecksynergismen)
Stadium nach World Federation of Neurological Surgeons (WFNS)1-2
- Grad I: GCS 15, kein motorisches Defizit
- Grad II: GCS 13–14, kein motorisches Defizit
- Grad III: GCS 13–14, motorisches Defizit vorhanden
- Grad IV: GCS 7–12, ggf. motorisches Defizit
- Grad V: GCS 3–6, ggf. motorisches Defizit
Differenzialdiagnosen
- Ischämischer Schlaganfall
- Intrazerebrale Blutung7
- Zerebrale Sinus- und Venenthrombose7
- Meningitis
- Reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom (RCVS)
- Donnerschlag-Kopfschmerz („Thunderclap Headache“) ohne Meningismus
- Primäre Kopfschmerzformen11
- idiopathischer Donnerschlag-Kopfschmerz („Thunderclap Headache“)
- Kopfschmerz bei körperlicher Anstrengung
- Kopfschmerz bei sexueller Aktivität (koitaler Kopfschmerz)
- Migräne
- Aortendissektion oder Karotisdissektion
- Herzinfarkt mit atypischer Ausstrahlung
Anamnese
Beschwerden1-3,6,12
- Leitsymptom Kopfschmerzen (70 %)2-3,6
- (per)akuter Beginn (Donnerschlag-Kopfschmerz) mit maximaler Intensität innerhalb 1 min
- seltener maximale Intensität innerhalb 1 Stunde
- stärkste Intensität („schlimmste Kopfschmerzen des Lebens“, „Vernichtungskopfschmerz“)1-2
- z. T. alleiniges Symptom (ca. 50 %)
- (per)akuter Beginn (Donnerschlag-Kopfschmerz) mit maximaler Intensität innerhalb 1 min
- Nackenschmerzen und Meningismus
- Lichtempfindlichkeit (Photophobie)
- Übelkeit und Erbrechen
- Bewusstseinsstörungen (2/3 der Patient*innen)
- Fokale neurologische Defizite
- Hirnnervenstörungen (v. a. N. oculomotorius)
- Lähmungen
- Sensibilitätsstörungen
- Sehstörungen
- Vegetative Symptome
- hypertensive Entgleisung
- Fieber
- Herzrhythmusstörungen
- Epileptische Anfälle (6–12 %)
- Glaskörperblutungen (17–40 %, Terson-Syndrom)
- Untypische Manifestationen sind möglich:13
- Verwirrtheit
- Synkope
- Herzstillstand mit Reanimationspflichtigkeit
Warnblutungen („Warning Leaks“)1,14-15
- Vorangehende, passagere Kopfschmerzen vor SAB in 10–43 %1
- Kopfschmerzen ungewohnter Art
- Meist Stunden oder Tage zuvor
Ottawa-Regel1,6,16
- Risikoabschätzung einer aneurysmatischen Subarachnoidalblutung bei akut einsetzenden Kopfschmerzen
- Kriterien, die bei wachen Patient*innen für eine weiterführende Abklärung sprechen:
- Alter ≥ 40 Jahre
- Nackenschmerzen oder Nackensteifigkeit
- beobachteter Bewusstseinsverlust
- Beginn der Kopfschmerzen während körperlicher Aktivität
- Donnerschlag-Kopfschmerz („Thunderclap Headache“) mit sofortiger, maximaler Intensität
- Meningismus
- In einer Studie mit 1.153 Patient*innen Sensitivität von 100 % (95 % KI: 94,6–100 %)16
Klinische Untersuchung
- Initiale klinische Untersuchung nach dem ABCDE-Schema2
- Airway (Atemwege)
- Breathing (Beurteilung der Atmung)
- Circulation (Kreislauf)
- Disability (neurologischer Zustand)
- Exposure (Beurteilung in entkleidetem Zustand)
- Ggf. bereits unmittelbar Einleitung lebensrettender Maßnahmen
- Siehe auch Basic Life Support und Advanced Life Support.
- Orientierende neurologische Untersuchung1-2,4
- Bewusstseinszustand (Glasgow Coma Scale)
- Meningismus
- Pupillenreaktion
- Hirnnervenstatus
- Sensibilitätsstörungen
- Lähmungen (Paresen)
Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis
- Keine
Diagnostik bei Spezialist*innen
- Der diagnostische Pfad ist abhängig vom Zeitpunkt der Präsentation und dem klinischen Zustand.1-4,6-7
- Zum Management traumatischer Subarachnoidalblutungen siehe Artikel Schädel-Hirn-Trauma.
Bildgebende Untersuchung
- Computertomografie (CT)1-3,6-7,17-19
- Digitale Substraktionsangiografie (DSA)21,24-25
- Magnetresonanztomografie (MRT)
- Hat in der Akutsituation einen untergeordneten Stellenwert.24
- bei Nachweis einer subakuten oder älteren SAB überlegen
- Nachweis seltener Ursachen (z. B. ZSVT, RCVS, zerebrale Amyloidangiopathie)4
- MR-Angiografie zum Nachweis intrakranieller Aneurysmen der CT-A und DSA unterlegen4
- Sensitivität 95 %; Spezifität 89 %
- Transkranielle Dopper-Sonografie2
- Beurteilung der intrakraniellen Gefäße zum Nachweis von Vasospasmen
Lumbalpunktion
- Liquordiagnostik zum Nachweis einer SAB3-4,26
- 3-Gläser-Probe4
- zur Differenzierung von einer artifiziellen Blutbeimengung im Rahmen der Lumbalpunktion
- konstante gelb-rötliche Verfärbung (Xanthochromie) bei SAB (positive 3-Gläser-Probe)
- Xanthochromie7
- gelb-rötliche Verfärbung des Liquors durch Blutabbauprodukte
- xantochromer Liquor ab 4–12 Stunden nach Blutungsereignis
- Diagnostik mittels Spektrophotometrie3
- Nachweis von Erythrozyten, Siderophagen und Hämatoidin
- Erythrozyten frühestens nach 4 Stunden
- Siderophagen ab > 4 Tage bis zu 6 Monaten
- Hämatoidin-Kristalle ab > 8 Tage
Indikationen zur Krankenhauseinweisung
- Bei Verdacht auf einen Schlaganfall oder eine Subarachnoidalblutung ist eine notfallmäßige Krankenhauseinweisung indiziert.1
Therapie
Therapieziele
- Vitalfunktionen erhalten.
- Symptome lindern.
- Blutungsquelle behandeln, frühe Nachblutung verhindern.
- Komplikationen vermeiden (z. B. Vasospasmen, verzögerte zerebrale Ischämie, Hydrozephalus, erhöhter intrakranieller Druck).
- Rehabilitation funktioneller Defizite
Allgemeines zur Therapie
Prähospitale Untersuchung und Therapie
- Initiale Untersuchung nach dem ABCDE-Schema
- Falls notwendig, Einleitung lebensrettender Maßnahmen
- Neurologische Beurteilung anhand eines Untersuchungsalgorithmus
- z. B. FAST, ggf. NIHSS
- Siehe die Tabelle FAST-Test und den NIHSS-Rechner.
- Venöser Zugang
- sofern in akzeptablem Zeitrahmen herstellbar
- Blutzucker
- Blutzuckermessung und Gabe von Glukose bei BZ < 60 mg/dl
- Sauerstoff
- Gabe von Sauerstoff erst ab einer Sättigung < 95 %
- Blutdruck
- Blutdruckwerte ≥ 220 mmHg können per vorsichtiger medikamentöser Titration (z. B. mit Nitrendipin-Trinkampullen) um 15 % gesenkt werden.
- Sonstiges
- Dokumentation von anamnestischen Daten, Beginn der Symptomatik, Vorbereitung eines Medikamentenplans zur Mitgabe
- Grundlegende Informationen an Patient*innen und Bezugspersonen (z. B. nicht unbegleitet aufstehen, Nahrungs-/Flüssigkeitskarenz, weiteres Prozedere)
Innerklinische Therapie
- Behandlung und Überwachung auf einer (Neuro-)Intensivstation12
- Frühe Intervention bei aneurysmatischer Subarachnoidalblutung29
- zur Vermeidung einer Rezidivblutung29
- Durchführung so früh wie möglich (< 24 Stunden)
- Bettruhe und Vermeidung körperlicher Anstrengung
- Thromboseprophylaxe mittels intermittierender pneumatischer Kompression (IPK)
- Symptomatische Behandlung
- Kopfschmerzen: adäquate Analgesie (z. B. Paracetamol 500–1000 mg i. v., ggf. kurzwirksame und gering sedierende Opiate)
- Übelkeit und Erbrechen: Antiemetika (z. B. MCP 10 mg i. v.)
- Blutdrucktherapie2-4
- in der Akutphase bei unversorgtem Aneurysma strikte Einstellung mit Ziel-RRsys < 160 mmHg
- engmaschiges Blutdruckmonitoring(nach Möglichkeit kontinuierlich intraarteriell)
- Zielwerte abhängig von prämorbidem Blutdruck, Aneurysmaversorgung, Hirnödem, Vasospasmen etc.
- Vasospasmus-Prophylaxe1-2
- Kalziumantagonist (Nimodipin) bei allen spontanen SAB
- Reduziert das Risiko von Vasospasmen und verzögerter zerebraler Ischämien.
- Nimodipin 6 x 60 mg/d p. o. über 21 Tage1-2
- Bei Zeichen des erhöhten intrakraniellen Drucks
- Kopfhochlagerung (30 Grad), ggf. ICP-Monitoring und Anlage einer externen Ventrikeldrainage (EVD)
- Schutzintubation und Beatmung bei:
- Bewusstseinsverlust mit Glasgow Coma Scale ≤ 9
- Abfall des pO2 unter 100 mmHg
- Vermeidung von:2
- Hypovolämie und Hypotonie
- Hyponatriämie und Hypomagnesiämie
- Hyperthermie
- Hypoglykämie und Hyperglykämie
Interventionelle Therapie
Versorgung eines rupturierten Aneurysmas
- Frühzeitige Versorgung eines rupturierten Aneurysmas bei aneurysmatischer Subarachnoidalblutung (< 24 Stunden)1
- Ausnahme: Vasospasmen
- Primär endovaskuläre, seltener operative Therapie empfohlen1-3,30
- interdisziplinäre, individuelle Nutzen-/Risiko-Abwägung zwischen endovaskulär und mikrochirurgisch erfahrenen Behandler*innen unter Einbeziehung folgender Faktoren:
- Größe, Form und Lokalisation des Aneurysmas
- begleitende intrakranielle Blutungen (ggf. mit neurochirurgischem Therapiebedarf)
- Patientenalter
- Komorbiditäten
- In den meisten Fällen ist die endovaskuläre Therapie überlegen.1,31-32
- u. a. besseres funktionelles Outcome, weniger Epilepsie
- Die endovaskuläre Therapie hat heutzutage einen besseren funktionellen Outcome und ist daher in den meisten Fällen zu bevorzugen.1-3
Endovaskuläre Therapie1-3,7,32
- Kathetergestützte neuroradiologische Intervention
- Okklusion des rupturierten Aneurysmas
- Erfolgsrate ca. 91 %
- Verschiedene eingesetzte Verfahren2
- Coil-Embolisation (mit Platinspiralen)
- Stent- oder ballonassistierte Coil-Embolisation
- Flow-Diverter Stents
- beschichtete Flow-Diverter-Stents
- Komplikationen
- Perforation
- Thrombembolie
- Dissektion
- Kontrastmittelreaktion
- Rekanalisation des Aneurysmas
- routinemäßige Kontrollen mittels Verlaufsbildgebung2
Operative Therapie1-3
- Neurochirurgische, offene oder mikrochirurgische Operation
- Verschluss des rupturierten Aneurysmas durch Platzierung eines Metallclips um den Aneurysmahals
- Erfolgsrate ca. 85–90 % (totaler Verschluss)
Rehabilitation
- Siehe Artikel Rehabilitation nach einem Schlaganfall.
- Interdisziplinäre (Früh-)Rehabilitation
- abhängig vom Ausmaß der funktionellen Defizite (u. a. Paresen, Aphasie oder kognitive Beeinträchtigungen)
- Beginn möglichst frühzeitig (während der Krankenhausbehandlung)
- anschließend ambulante oder stationäre Rehabilitationsmaßnahmen
Prävention
Unrupturierte intrakranielle Aneurysmen1-2,33
- Screening1-2
- zerebrale Bildgebung mit Gefäßdarstellung zum Screening auf intrakranielle Aneurysmen
- empfohlen bei hoher familiärer Belastung1
- ≥ 2 Verwandte ersten Grades mit Aneurysmen oder SAB (Prävalenz intrakranieller Aneurysmen 12 %)
- Screening etwa alle 5–7 Jahre
- Therapie1
- Beobachtung vs. endovaskuläre (Coiling, Flow-Diverter) vs. operative (Clipping) Therapie
- Beobachtung
- regelmäßige Verlaufsbildgebung in definierten Zeitabständen zur Beurteilung der Dynamik
- Primär endovaskuläre oder operative Therapie
- elektive Versorgung asymptomatischer Aneurysmata abhängig von Größe, Lokalisation und Risikofaktoren (Alter, Komorbidität, Familienanamnese etc.)
- individuelle neuroradiologische bzw. neurochirurgische Beratung der Betroffenen
- Eine Behandlung wird oft ab einem Durchmesser von 5–7 mm erwogen und ab 10 mm empfohlen.
Sekundärprävention
- Optimierung vaskulärer Risikofaktoren
- Nikotinabstinenz
- optimierte Blutdruckeinstellung
- Einstellung eines Diabetes mellitus
- Prophylaktische Versorgung unrupturierter Aneurysmen
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- (Per-)Akut einsetzende Symptome
- Heterogene klinische Ausprägung
- Der langfristige Verlauf ist wesentlich abhängig vom initialen Schweregrad und möglichen Komplikationen.
- Komplikationen meist im Zeitraum von 3–14 Tagen nach Akutereignis3
- Nachblutungsrisiko bei aneurysmatischer SAB ohne Behandlung
- innerhalb 1. Woche: 2 % pro Tag
- innerhalb 3–4 Wochen: kumulativ 25 %
- innerhalb 6 Monate: kumulativ 50 %
Komplikationen
Frühe Rezidivblutung1,3
- Bei unbehandeltem rupturiertem Aneurysma
- Lebensbedrohliche Komplikation mit hoher Mortalität (20–60 %)2
- Insbesondere in der Akutphase relevant
- 5 % innerhalb der ersten 24 Stunden
- 8–23 % innerhalb der ersten 72 Stunden2
- Ein Risiko besteht insbesondere bei großen Aneurysmen und fluktuierendem oder erhöhtem Blutdruck.2-3
Vasospasmus und verzögerte zerebrale Ischämie1-2
- Pathomechanismus
- Engstellung basaler Hirnarterien mit Maximum 8–11 Tage nach SAB
- Ursache: Dysbalance von Transmittern des Gefäßtonus (NO, ET-1), entzündliche Veränderungen
- Folge: Minderperfusion oder ischämische Schlaganfälle
- Klinik
- verzögerte neurologische Defizite („Delayed Ischemic Neurological Deficits“, DIND) wie Bewusstseinstrübung und fokale neurologische Defizite (Paresen, Sensibilitätsstörungen etc.)
- Häufigkeit
- Vasospasmen: 10–70 %
- verzögerte zerebrale Ischämie: bis 36 %, meist 3–14 Tage nach SAB
- Diagnostik und Therapie2
- tgl. sonografische Kontrollen (transkranielle Doppler-Sonografie, TCD)
- ggf. CT-A mit CT-Perfusionsbildgebung (CTP)
- prophylaktische Gabe von Nimodipin, ggf. induzierte Hypertonie
- Prognose
- 10–15 % mit bleibenden neurologischen Defiziten oder Tod
Hydrozephalus1,3
- Siehe Artikel Hydrozephalus.
- Pathomechanismus
- früher Hydrozephalus: Okklusion (Stunden bis Tage nach SAB)
- später Hydrozephalus: Liquorresorptionsstörung
- Häufigkeit: ca. 10–20 %3
- Diagnosestellung mittels CT-Bildgebung (Ventrikelweite)
- Therapie mittels externer Ventrikeldrainage (EVD)
Weitere Komplikationen2-3,12
- Generalisiertes Hirnödem (bis zu 20 %)
- Erhöhter intrakranieller Druck (> 50 %)3
- Begleitende intrakranielle Blutungen
- intrazerebrale Blutung (ca. 25 %)
- intraventrikuläre Blutung (ca. 30 %)
- mit schlechtem Outcome assoziiert
- Epileptische Anfälle (6–12 %)
- Therapie mit Antiepileptika nach erstmaligem Anfall, nicht prophylaktisch
- persistierende Epilepsie in etwa 2 %3
- Elektrolytstörungen
- Hyponatriämie (ca. 20 %)
- durch SIADH oder zerebrales Salzverlustsyndrom
- Hypernatriämie
- Hyponatriämie (ca. 20 %)
- Neurokardiogene Komplikationen (durch Katecholaminfreisetzung)
- Herzrhythmusstörungen (bis zu 30 %)
- Sinustachykardie/-bradykardie
- AV-Block
- akute neurogene Herzinsuffizienz („Neurogenic Stressed Myocardium“)
- Tako-Tsubo-Syndrom (Stress-Kardiomyopathie)2
- Neuropulmonale Komplikationen
Prognose
Spontane Subarachnoidalblutung
- Eine frühzeitige Detektion und Behandlung der SAB führt zu deutlich niedrigerer Mortalität und Morbidität.7
- Mortalität2,34
- prähospitale Sterblichkeit von ca. 15 %
- 30-Tage-Mortalität von 20–35 %
- abhängig vom initialen Stadium nach Hunt & Hess
- Grad 1–2: 7 %
- Grad 3: 39 %
- Grad 4: 79 %
- Morbidität
- funktionelle Einschränkungen mit Auswirkungen auf die Lebensqualität in 35 % nach 1 Jahr2
- anhaltende sensomotorische Defizite, kognitive Störungen, psychische Komorbidität (Angst, Depression)
- funktionelle Einschränkungen mit Auswirkungen auf die Lebensqualität in 35 % nach 1 Jahr2
- Nicht-aneurysmatische Subarachnoidalblutungen (v. a. perimesenzephale SAB) haben eine bessere Prognose.2
Traumatische Subarachnoidalblutung
- Die Prognose ist abhängig von der Schwere des Schädel-Hirn-Traumas und den Begleitverletzungen.
- SHT mit traumatischer SAB
- Mortalität 3-fach erhöht
- ungünstiges Outcome (schwere Behinderung bis Tod) 22–100 % häufiger als bei SHT ohne SAB
- SHT mit isolierter SAB
- günstigere Prognose, Mortalität bei leichtem SHT mit SAB 0,6 %
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Illustrationen

Clipping eines Aneurysmas der A. communicans anterior

Hirnversorgende Arterien
Quellen
Literatur
- Hoh BL, Ko NU, Amin-Hanjani S, et al. 2023 Guideline for the Management of Patients With Aneurysmal Subarachnoid Hemorrhage: A Guideline From the American Heart Association/American Stroke Association. Stroke. 2023;54(7):e314-e370. doi.org
- Muehlschlegel S. Subarachnoid Hemorrhage. Continuum (Minneap Minn). 2018;24(6):1623-1657. doi.org
- Macdonald RL, Schweizer TA. Spontaneous subarachnoid haemorrhage. Lancet. 2017;389(10069):655-666. doi.org
- Maher M, Schweizer TA, Macdonald RL. Treatment of Spontaneous Subarachnoid Hemorrhage: Guidelines and Gaps. Stroke. 2020;51(4):1326-1332. doi.org
- Schatlo B, Fung C, Stienen MN, et al. Incidence and Outcome of Aneurysmal Subarachnoid Hemorrhage: The Swiss Study on Subarachnoid Hemorrhage (Swiss SOS). Stroke. 2021;52(1):344-347. doi.org
- Perry JJ, Stiell IG, Sivilotti ML, et al. Clinical decision rules to rule out subarachnoid hemorrhage for acute headache. JAMA. 2013;310(12):1248-1255. doi.org
- Carpenter CR, Hussain AM, Ward MJ, et al. Spontaneous Subarachnoid Hemorrhage: A Systematic Review and Meta-analysis Describing the Diagnostic Accuracy of History, Physical Examination, Imaging, and Lumbar Puncture With an Exploration of Test Thresholds. Acad Emerg Med. 2016;23(9):963-1003. doi.org
- Brisman JL, Song JK, Newell DW. Cerebral aneurysms. N Engl J Med 2006; 355: 928-39. PubMed
- Feigin VL, Rinkel GJ, Lawes CM, et al. Risk factors for subarachnoid hemorrhage: an updated systematic review of epidemiological studies. Stroke. 2005;36(12):2773–2780. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Broderick JP, Viscoli CM, Brott T, et al. Major risk factors for aneurysmal subarachnoid hemorrhage in the young are modifiable. Stroke 2003; 34: 1375-81. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Headache Classification Committee of the International Headache Society (IHS) The International Classification of Headache Disorders, 3rd edition. Cephalalgia. 2018; 38(1):1-211. PMID: 29368949 PubMed
- Suarez JI, Tarr RW, Selman WR. Aneurysmal subarachnoid hemorrhage. N Engl J Med 2006; 354: 387-96. PubMed
- Kowalski RG, Claassen J, Kreiter KT, et al. Initial misdiagnosis and outcome after subarachnoid hemorrhage. JAMA 2004; 291: 866-9. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Togha M, Sahraian MA, Khorram M, Khashayar P. Warning signs and symptoms of subarachnoid hemorrhage. South Med J. 2009;102(1):21–24. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Polmear A. Sentinel headaches in aneurysmal subarachnoid hemorrhage: what is the true incidence? A systematic review. Cephalalgia 2003; 23: 935-41. PubMed
- Perry JJ, Sivilotti MLA, Sutherland J, et al. Validation of the Ottawa Subarachnoid Hemorrhage Rule in patients with acute headache. CMAJ 2017 Nov 13; 189(45): E1379-E1385. pmid:29133539 PubMed
- Perry JJ, Stiell IG, Sivilotti MLA, et al. Sensitivity of computed tomography performed within six hours of onset of headache for diagnosis of subarachnoid haemorrhage: prospective cohort study. BMJ 2011; 343: d4277. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Mark DG, Hung Y-Y, Offerman SR, et al. Nontraumatic subarachnoid hemorrhage in the setting of negative cranial computed tomography results: external validation of a clinical and imaging prediction rule. Ann Emerg Med 2012. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Cortnum S, Sørensen P, Jørgensen J. Determining the sensitivity of computed tomography scanning in early detection of subarachnoid hemorrhage. Neurosurgery. 2010;66(5):900–902. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Blok KM, Rinkel GJE, Majoie CBLM, et al. CT within 6 hours of headache onset to rule out subarachnoid hemorrhage in nonacademic hospitals. Neurology 2015. DOI: 10.1212/WNL.0000000000001562. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Jayaraman MV, Mayo-Smith WW, Tung GA, et al. Detection of intracranial aneurysms: multi-detector row CT angiography compared with DSA. Radiology 2004; 230: 510-8. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Westerlaan HE, van Dijk JM, Jansenvan der Weide MC, et al. Intracranial aneurysms in patients with subarachnoid hemorrhage: CT angiography as a primary examination tool for diagnosis—systematic review and meta-analysis published correction appears in Radiology. 2011;260(2):612. Radiology. 2011;258(1):134–145. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Guo W, He XY, Li XF, Qian DX, Yan JQ, Bu DL, et al. Meta-analysis of diagnostic significance of sixty-four-row multi-section computed tomography angiography and three-dimensional digital subtraction angiography in patients with cerebral artery aneurysm. J Neurol Sci. 2014;346:197–203. doi.org
- Cohen-Gadol AA, Bohnstedt BN. Recognition and evaluation of nontraumatic subarachnoid hemorrhage and ruptured cerebral aneurysm. Am Fam Physician. 2013 Oct 1;88(7):451-456. PubMed
- Agid R, Andersson T, Almqvist H, et al. Negative CT angiography findings in patients with spontaneous subarachnoid hemorrhage: When is digital subtraction angiography still needed? AJNR Am J Neuroradiol. 2010;31(4):696–705. www.ncbi.nlm.nih.gov
- McCormack RF, Hutson A. Can computed tomography angiography of the brain replace lumbar puncture in the evaluation of acute-onset headache after a negative noncontrast cranial computed tomography scan? Acad Emerg Med. 2010;17(4):444–451. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Pandey AS, Gemmete JJ, Wilson TJ, et al. High Subarachnoid Hemorrhage Patient Volume Associated With Lower Mortality and Better Outcomes. Neurosurgery 2015; 77: 462-70. PMID: 26110818 PubMed
- Chang TR, Kowalski RG, Carhuapoma JR, et al. Impact of case volume on aneurysmal subarachnoid hemorrhage outcomes. J Crit Care 2015; 30: 469-72. PMID: 25648904 PubMed
- Whitfield PC, Kirkpatrick PJ. Timing of surgery for aneurysmal subarachnoid hemorrhage. Cochrane Database Syst Rev 2001; 2. www.ncbi.nlm.nih.gov
- Ahmed SI, Javed G, Bareeqa SB, Samar SS, Shah A, Giani A, Aziz Z, Tasleem A, Humayun SH. Endovascular Coiling Versus Neurosurgical Clipping for Aneurysmal Subarachnoid Hemorrhage: A Systematic Review and Meta-analysis. Cureus. 2019 Mar 26;11(3):e4320. doi: 10.7759/cureus.4320. PMID: 31183299 PubMed
- Lindgren A, Vergouwen MD, van der Schaaf I, Algra A, Wermer M, Clarke MJ, Rinkel GJ. Endovascular coiling versus neurosurgical clipping for people with aneurysmal subarachnoid haemorrhage. Cochrane Database Syst Rev. 2018 Aug 15;8(8):CD003085. doi: 10.1002/14651858.CD003085.pub3. PMID: 30110521 PubMed
- Molyneux AJ, Kerr RS, Yu LM, et al. International subarachnoid aneurysm trial (ISAT) of neurosurgical clipping versus endovascular coiling in 2143 patients with ruptured intracranial aneurysms: a randomised comparison of effects on survival, dependency, seizures, rebleeding, subgroups, and aneurysm occlusion. Lancet 2005; 366: 809-17. PubMed
- AlMatter M, Bhogal P, Aguilar Pérez M, Schob S, Hellstern V, Bäzner H, Ganslandt O, Henkes H. The Size of Ruptured Intracranial Aneurysms : A 10-Year Series from a Single Center. Clin Neuroradiol. 2019 Mar;29(1):125-133. PMID: 29080036. PubMed
- Ahmed SI, Javed G, Bareeqa SB, et al. Endovascular Coiling Versus Neurosurgical Clipping for Aneurysmal Subarachnoid Hemorrhage: A Systematic Review and Meta-analysis. Cureus 2019; 11:e4320. PMID: 31183299 PubMed
Autor*innen
- Jonas Klaus, Arzt in Weiterbildung Neurologie, Hamburg