Kokzidioidomykose

Zusammenfassung

  • Definition:Systemische Pilzinfektion durch Inhalation der Sporen von Coccidioides immitis; verläuft meist inapperent, in einigen Fällen mild, und in seltenen Fällen kommt es zu schweren Atemwegsinfektionen oder Dissemination.
  • Häufigkeit:In Europa äußerst selten. In den Endemiegebieten (Südwesten der USA, Mittel- und Südamerika) zunehmende Fallzahlen.
  • Symptome:Meist keine Symptome; in einigen Fällen Husten, Fieber, Schüttelfrost, Nachtschweiß, Gewichtsverlust, Muskelschmerzen und Kraftlosigkeit.
  • Befunde:Abhängig vom betroffenen Organ.
  • Diagnostik:Infektionsparameter, Serologie, Kultur, ggf. Röntgenthorax.
  • Therapie:Beobachtung, sonst Antimykotika.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Auch unter der Bezeichnung San Joaquin Valley Fever, Talfieber, Valley Fever oder Wüstenrheumatismus bekannt.
  • Die  Kokzidioidomykose ist eine Pilzinfektion, verursacht durch das Einatmen der Sporen von Coccidioides immitis oder Coccidioides posadasii.
  • Die Infektion erfolgt durch Inhalation und führt zu einem primären Lungenbefall, kann sich aber auch ausbreiten.

Häufigkeit

  • Die auf die westliche Hemisphäre (Südwesten der USA, Mittel- und Südamerika) beschränkte Pilzinfektion kommt zwischen dem 40. Grad nördlicher und 40. Grad südlicher Breite vor.
  • Jährlich 25.000 gemeldete Fälle in den USA, darunter ca. 75 Todesfälle1
    • Die Inzidenz stieg im Zeitraum 2000–2007 um das Dreifache im Vergleich zu den vorangegangenen 7 Jahren und betrug im Jahr 2006: 8 Fälle pro 100.000 Einwohner.
    • Hauptendemiegebiete in den USA sind der südliche Teil des San-Joaquin-Tals in Kalifornien und die südliche Zentralregion.
    • Die Endemiegebiete scheinen sich auch auszuweiten.
    • Die Kokzidioidomykose kommt in  Mexiko vor. Guatemala, Brasilien, Paraguay und Argentinien, Venezuela und Kolumbien sind kaum betroffen.1

Ätiologie und Pathogenese

  • Wird durch Einatmen der Sporen des Pilzes Coccidioides immitis oder Coccidioides posadasii ausgelöst.2
  • Der Pilz wächst im Boden, bei Trockenheit werden jedoch die Sporen aufgewirbelt und von der Luft weitertransportiert.1
  • Ein Anstieg der Fälle wird bei Trockenperioden nach vorangegangenen Regenphasen beobachtet.
  • Das Infektionsrisiko steigt mit dem Kontakt zum Erdreich, dies ist aber nicht obligat. 
  • Die Infektion kann eine Lokalinfektion sein, kann sich aber über die Blutbahn auch auf die Lunge ausbreiten.
  • Häufig ist eine Begleitarthritis.
  • Die Inkubationsdauer beträgt 1–4 Wochen. Eine Dissemination kann noch Jahre nach der primären Affektion der Lunge erfolgen.
  • 50–60 % der Patienten weisen keine Symptome auf, bei ca. 40 % kommt es zu erkältungs- oder grippeähnliche Symptomen, diese Symptome klingen meist ohne Behandlung wieder ab.3 
  • Manchmal verbleiben fibrotische oder verkalkte Rundherde, teilweise auch kavernöse Veränderungen in der Lunge. 
  • Bei ca. 20 % der Patienten entwickelt sich ein Erythema nodosum oder Erythema multiforme.
  • Weniger als 1 % der Betroffenen sind von einer disseminierten Erkrankung betroffen, die sich auf Haut, Knochen und das zentrale Nervensystem auswirken kann.
    • ZNS-Erkrankungen weisen eine hohe Morbidität und Mortalität auf und verlaufen ohne Behandlung tödlich; bei diesen Patienten ist häufig eine lebenslange Behandlung notwendig.

Prädisponierende Faktoren für Komplikationen

  • Native Americans, Menschen afrikanischer oder asiatischer Herkunft
  • Alter
  • Immunschwäche (z. B. HIV, Malignome, Immunsuppression)
  • Schwangerschaft im letzten Drittel

ICD-10

  • B38 Kokzidioidomykose
    • B38.0 Akute Kokzidioidomykose der Lunge
    • B38.1 Chronische Kokzidioidomykose der Lunge
    • B38.2 Kokzidioidomykose der Lunge, nicht näher bezeichnet
    • B38.3 Kokzidioidomykose der Haut
    • B38.4 Kokzidioidomykose der Meningen
    • B38.7 Disseminierte Kokzidioidomykose
    • B38.8 Sonstige Formen der Kokzidioidomykose
    • B38.9 Kokzidioidomykose, nicht näher bezeichnet

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Bei Patienten mit den entsprechenden Symptomen (z. B. Pneumonien), die sich in den Endemiegebieten aufgehalten haben, sollte an eine Kokzidioidomykose gedacht werden.

Differenzialdiagnosen

Anamnese 

Klinische Untersuchung

  • Befunde wie bei einer Pneumonie
  • Hautausschläge wie ein Erythema nodosum oder Erythema multiforme kommen bei ca. 20 % der Patienten vor.
  • Bei der disseminierten Kokzidioidomykose können Abszesse und Granulome vor allem in der Haut, Subkutis, Peritoneum und Knochen, aber auch im ZNS (meningeale Symptome) vorkommen.

Ergänzende Untersuchungen

Labor

  • Erhöhte BSG, erhöhtes CRP, evtl. Leukozytose, möglicherweise Eosinophilie
  • Serologie: spezifischer Antikörpernachweis bei Immunkompetenz meist bis zu 2 Jahren nach Erstinfektion mittels Immundiffusion oder Western Blot möglich. Im Akutstadium empfiehlt sich ergänzend die KBR (Komplementbindungsreaktion) zur Quantifizierung und Titerverlaufskontrolle.
  • Der Erregernachweis gelingt mit kulturellen Verfahren aus bronchoalveolärer Lavage, Sputum oder Punktat.
    • Das Labor sollte vorher über die Verdachtsdiagnose informiert werden, da ein unabsichtliches Einatmen eine beträchtliche Gesundheitsgefahr für Labormitarbeiter darstellt.
    • Erregernachweis über Gensonden, PCR und Sequenzierung möglich.2
  • Ggf. Liquorpunktion

Diagnostik beim Spezialisten

Röntgen

  • Kann eine einfache Lobärpneumonie, Multilobärpneumonie, Kavernen, Empyeme oder Ergüsse zeigen.
  • Weist eine hiläre oder mediastinale Lymphadenopathie nach.

Szintigrafie oder MRT

  • Können ggf. Knochen- oder Gehirnbefall nachweisen.

Therapie

Therapieziele

  • Symptome lindern.
  • Pilz beseitigen.
  • Dissemination verhindern.

Allgemeines zur Therapie

  • Bei den meisten symptomlosen immunkompetenten Betroffenen ist keine Behandlung notwendig.
  • Bei Patienten mit Immundefiziten oder Symptomen, die länger als 2 Monate bestehen, sollte eine antimykotische Therapie erwogen werden.
  • Infrage kommen Triazolderivate oder Amphtotericin B, das aber schwersten Verläufen oder der Behandlung im 1. Schwangerschaftsdrittel vorbehalten bleiben sollte.

Medikamentöse Therapie

  • Therapie der 1. Wahl ist Itraconazol 200-400 mg/Tag oral bis 6 Monate über die klinische Abheilung hinaus. 
  • Alternativ Fluconazol Tag 1: 400 mg oral, ab Tag 2: 200 mg oral Therapiedauer: 3–6 Monate über die klinische Abheilung hinaus (bei disseminierten Formen 400–800 mg/Tag i. v.)
    • Kontrolle der Transaminasen erforderlich
  • Alternativ Posaconazol: Tagesdosis 800 mg oral in 2 oder 4 Einzelgaben
  • Bei lebensbedrohlichen Verläufen Amphotericin B in hohen Dosierungen: initial 0,1 mg/kg KG/Tag i. v., dann schrittweise Steigerung auf max. 1 mg/kg KG/Tag i. v. (max. bis zu 3 g/Tag). 
  • Alternativ liposomales Amphotericin B mit 1 mg/kg KG/Tag i. v., bei Bedarf schrittweise Steigerung auf 3 mg/kg KG/Tag 
    • Bei eintretender Besserung ist der Wechsel auf ein orales Triazolderivat möglich.

Sonstige Therapien

  • In einigen Fällen können chirurgische Eingriffe erforderlich sein, z. B. bei Knochenbefall oder persistierenden Hämoptysen oder Pyopneumothorax.
  • Bei Meningitiden kann die Anlage eines Liquorshunts erforderlich sein.

Prävention

  • Inhalationsprophylaxe bei staub- und erdverbundenen Arbeiten in gefährdeten Gebieten
  • Wenn möglich, Reiseverschiebung bei passagerer Immunsuppression
  • An der Entwicklung eines Impfstoffes wird gearbeitet.4 
  • Eine prophylaktische Gabe von Antimykotika in Endemiegebieten für Immunsupprimierte wird nicht empfohlen.
  • Lediglich vor der Einnahme von TNF-Alpha-Blockern bei Patienten, bei denen eine Kokzidioidomykose vorangegangen ist, wird eine Behandlung mit Triazolderivaten empfohlen.

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • In vielen Fällen ist eine Abheilung auch ohne Therapie möglich.
  • Nach Absetzen der Therapie bei systemischen Mykosen kommt es zu häufigen Rückfällen, deshalb sind jahrelange klinische, mykoserologische (KBR-Titer) und ggf. radiologische Kontrollen notwendig.

Komplikationen

  • Disseminierte Infektion
  • Pyopneumothorax
  • Meningitis

Prognose

  • Bei einer unkomplizierten Erkrankung ist die Prognose gut.
  • Ist die Infektion abgeklungen, besitzen die Patienten eine lebenslange Immunität gegenüber einer erneuten Infektion.
  • Bei Patienten mit Immunschwäche kann es jedoch auch später noch zu einer disseminierten Kokzidioidomykose infolge einer Reaktivierung kommen.
  • Eine unbehandelte Kokzidioidomeningitis verläuft stets tödlich, auch nach erfolgter Therapie kann sich ein Hydrozephalus entwickeln, es kommt zu kognitiven und motorischen Störungen.

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Coccidioides immitis (Quelle: Centers for Disease Control and Prevention, USA)
Coccidioides immitis (Quelle: Centers for Disease Control and Prevention, USA)

Quellen

Literatur

  1. Hospenthal DR. Coccidioidomycosis. eMedicine, Sept 2018. zugriff 02.02.2019 emedicine.medscape.com
  2. Tintelnot K, de Hoog GS, Antweiler E, Losert .Taxonomic and diagnostic markers for identification of Coccidioides immitis and Coccidioides posadasii. Med. Mycol. 45 (5): 385-393. 2007 www.ncbi.nlm.nih.gov
  3. Galgiani JN, Ample NM, Blair JE, Catanzaro A, Johnson RH, Stevens DA et al. Coccidioidomycosis. Clin Infect Dis 2005; 41: 1217-23. PubMed
  4. Cox RA, Magee DM. Coccidioidomycosis: host response and vaccine development. Clin Micro Rev 2004; 17: 804-39. PubMed

Autoren

  • Monika Lenz, Fachärztin für Allgemeinmedizin, Neustadt am Rübenberge

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