Zusammenfassung
- Definition:Lungenentzündung, die überwiegend durch Chlamydophila pneumoniae, selten durch Chlamydophila psittaci (Ornithose) verursacht wird.
- Häufigkeit:Ca. 5–15 % der ambulant erworbenen Pneumonien.
- Symptome:Fieber, Husten. Bei C. pneumoniae meist eher schleichender Beginn mit milderen Symptomen, bei C. psittaci abrupter Beginn mit hohem Fieber.
- Befunde:Fieber, Tachypnoe, evtl. pulmonale Rasselgeräusche.
- Diagnostik:Erregernachweis durch PCR.
- Therapie:Antibiotische Therapie mit Doxycyclin, alternativ Makrolid oder Fluorchinolon.
Allgemeine Informationen
Definition
- Eine Pneumonie, die verursacht wird durch:
- Chlamydophila pneumoniae oder
- Chlamydophila psittaci (Ornithose, Psittakose, Papageienkrankheit).
- Gehört historisch zur Gruppe der sog. „atypischen“ Pneumonien.
- Die Bezeichnung wird im Alltag immer noch verwendet, heutzutage sollten Pneumonien aber anders klassifiziert werden (ambulant erworben, nosokomial erworben oder Pneumonie unter schwerer Immunsuppression).
Häufigkeit
- C. pneumoniae Auslöser von ca. 5–15 % der ambulant erworbenen Pneumonien
- Hoher Durchseuchungsgrad, im Erwachsenenalter 50–75 % der Bevölkerung mit Antikörpern gegen C. pneumoniae
- wahrscheinlich hohe Rate asymptomatischer oder unspezifischer Infektionen
- Pneumonien durch C. psittaci sind selten.
- Männer sind häufiger betroffen als Frauen.1
Ätiologie und Pathogenese
Erreger
- Chlamydien sind sehr kleine, gramnegative Bakterien.
- Sie leben obligat intrazellulär und nutzen für ihren Stoffwechsel vor allem das Adenosintriphosphat der Wirtszelle.
Infektionsquellen und-weg
- Erregerreservoir für C. pneumoniae ist der Mensch.
- Übertragung aerogen und durch Speichelkontakt
- Kann lange im oberen Respirationstrakt persistieren mit möglicher Übertragbarkeit durch infizierte Personen.
- Erregerreservoir für C. psittaci sind Vögel (z. B. Tauben, Wellensittiche, Papageien, aber auch Hühner, Enten, Gänse).
- Die Übertragung erfolgt durch die Inhalation kontaminierter Aerosole von Urin, Faezes oder anderen Ausscheidungen infizierter Vögel.2
- Infizierte Vögel können asymptomatisch oder schwer krank sein.
- Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist bisher nicht nachgewiesen.
Klinik
- C. pneumoniae
- Inkubationszeit ca. 1–4 Wochen
- viele Infektionen mit asymptomatischem Verlauf
- bei symptomatischem Verlauf zunächst grippeähnliches Krankheitsbild mit mäßig erhöhter Temperatur, Pharyngitis/Sinusitis/Otitis media, geschwollenen zervikalen Lymphknoten, Myalgien/Arthralgien
- in 10 % der Fälle 2. Krankheitsphase mit Pneumonie
- schleichender Beginn mit Husten, Tachypnoe
- Fieber selten in dieser Phase
- selten Auftreten von Endokarditis, Myokarditis, Meningoradikulitis, Erythema nodosum oder reaktiven Arthritiden
- Das klinische Bild ähnelt der Mykoplasmen-Pneumonie.
- C. psittaci
- Inkubationszeit 1–4 Wochen
- selten asymptomatischer Verlauf
- abrupter Beginn, grippeähnliche Beschwerden mit Fieber bis 40 °C (Kontinua über 2–3 Wochen), Myalgien/Arthralgien, makulopapulöses Exanthem und charakteristische heftige frontale Kopfschmerzen
- 1 Woche nach Krankheitsbeginn Entwicklung der Pneumonie (trockener Husten, Dyspnoe, Tachypnoe, evtl. Pleuraschmerzen)
- Splenomegalie bei ca. 70 %
Disponierende Faktoren
- Chlamydophila pneumoniae: Enger Kontakt mit Infizierten z. B. in Familien, aufgrund des hohen Durchseuchungsgrades kann von prädisponierenden Faktoren im engeren Sinne nicht gesprochen werden.
- C. psittaci: enger Kontakt mit Vögeln
ICPC-2
- R81 Lungenentzündung
ICD-10
- J16.0 Pneumonie durch Chlamydien
- A70 Chlamydia psittaci-Infektion
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Allein aufgrund des klinischen Bildes ist kein sicherer Rückschluss auf Erreger einer Pneumonie möglich.
- Diagnosestellung durch Nachweis im Labor
Differenzialdiagnosen
- Sonstige ambulant erworbene Pneumonie (inkl. Mykoplasmen-Pneumonie)
- Keuchhusten
- Akute Bronchitis
- Exazerbation von Asthma oder COPD
Anamnese
- Allgemeinsymptome
- Krankheitsgefühl
- Fieber
- Myalgien, Arthralgien
- Kopfschmerzen
- Übelkeit, Erbrechen
- Atemwegssymptome
- Halsschmerzen
- Heiserkeit
- Husten
- Atemnot
- Ohrenschmerzen
- Bekannte Chlamydien-Infektion im Umfeld?
- Enger Kontakt mit Vögeln?
Klinische Untersuchung
- Temperatur
- Fieber
- Haut
- unspezifisches Exanthem, selten Erythema nodosum
- Hals, Rachen
- zervikale Lymphknoten, Pharyngitis
- Ohren
- Lungen
- Tachypnoe
- feinblasige Rasselgeräusche, pleuritisches Reiben
- Dämpfung, abgeschwächtes Atemgeräusch bei Pleuraerguss
- Abdomen
Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis
Labor
- Bei Patient*innen mit leichtgradigen, ambulant behandelbaren Pneumonien ist eine mikrobiologische Diagnostik in der Regel nicht erforderlich.
Basislabor
- Entzündungsparameter
Nachweis von Chlamydien
- Nachweis aus Nasopharyngealabstrich, Sputum, Trachealsekret, BAL
- Verfahren der Wahl ist die PCR.
- Zellkultur möglich, aber sehr schwierig
- Serologie spielt in der Akutdiagnostik keine wesentliche Rolle, Titeranstiege im Verlauf können erfasst werden.
Röntgen-Thorax
- Nachweis von Infiltraten
- Nachweis eines Pleuraergusses
Indikationen zur Überweisung
- Die meisten Patient*innen können in der hausärztlichen Praxis behandelt werden.
Therapie
Therapieziele
- Ausheilung der Infektion
- Verkürzen des Krankheitsverlaufs
Allgemeines zur Therapie
- Zu den Prinzipien der kalkulierten antibiotischen Therapie von Pneumonien siehe Artikel Pneumonie.
- Bei schweren Verläufen möglichst Erregernachweis mit gezielter antibiotischer Behandung
Gezielte antibiotische Therapie bei Chlamydien-Nachweis
- Betalaktam-Antibiotika sind unwirksam.
- Mittel der 1. Wahl bei Erwachsenen und Kindern ab 9 Jahren ist Doxycylin.
- Doxycyclin: 1 x 200 mg über 5–7 Tage
- bei Kindern bis 8 Jahren Clarithromycin, Azithromycin oder Erythromycin
- Alternativen:
- Makrolide
- Azithromycin 1 x 500 mg über 3 Tage (oder 5-Tages-Schema mit 500 mg an Tag 1 und 250 mg an den Tagen 2–5)
- Clarithromycin 2 x 250 mg (bei schweren Infektionen 2 x 500 mg) über 5–7 Tage
- Fluorchinolone
- Moxifloxacin 1 x 400 mg über 5–7 Tage
- Levofloxacin 1–2 x 500 mg über 5–7 Tage
- Bei Einsatz von Fluorchinolonen ist wegen Toxizitäten das Nutzen-/Risikoverhältnis abzuwägen:
- Vermeidung des Einsatzes bei Sportler*innen
- Vermeidung des Einsatzes bei Patient*innen in hohem Alter (> 80 Jahre), insbesondere bei eingeschränkter Hirnleistung
- Vermeidung des Einsatzes bei gleichzeitiger systemischer Steroidtherapie
- Vermeidung des Einsatzes bei Patient*innen mit Aortenaneurysma
- besondere Vorsicht bei schwerer kardialer Komorbidität (Monitoring)
- Makrolide
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Komplikationen
- Ernsthafte Komplikationen sind selten.
- Chlamydien können bei der Exazerbation von COPD und Asthma beteiligt sein.3
- Bei C. pneumoniae selten letal verlaufende, systemische Infektionen (Endokarditis, Myokarditis, Perikarditis, Meningoenzephalitis, Guillain-Barré-Syndrom)
- Häufige Komplikationen bei C. psittaci sind Nasenbluten und Leberbeteiligung (Transaminasenanstieg, Cholestase), selten ZNS-Beteiligung, Endo-, Peri- oder Myokarditis, Glomerulonephritis, Thyreoiditis, Sepsis/ARDS.
Verlauf und Prognose
- C. pneumoniae
- C. psittaci
- Patient*innen 2–3 Wochen lang schwer krank, Rekonvaleszenz über Wochen
- Letalität < 5 %, bei früher Diagnose und adäquater Behandlung < 1 %1
Patienteninformationen
Patienteninformation in Deximed
Quellen
Literatur
- Oba Y. Chlamydial Pneumonias. Medsacpe, updated Feb 24, 2020. emedicine.medscape.com
- Hogerwerf L, de Gier B, Baan B, et al. Chlamydia psittaci (psittacosis) as a cause of community-acquired pneumonia: a systematic review and meta-analysis. Epidemiol Infect 2017; 145: 396-3105. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- Blasi F, Tarsia P, Aliberti S. Chlamydophila pneumoniae. Clin Microbiol Infect 2009; 15: 29-35. doi:10.1111/j.1469-0691.2008.02130.x DOI
- Fine MJ, Smith MA, Carson CA, Mutha SS, Sankey SS, Weissfeld LA, et al. Prognosis and outcomes of patients with community-acquired pneumonia. A meta-analysis. JAMA 1996; 275:134-41. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
- Thibodeau KP, Viera AJ. Atypical pathogens and challenges in community-acquired pneumonia. Am Fam Physician 2004; 69: 1699-706. pmid:15086042 PubMed
Autor*innen
- Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i. Br.