Pleuritis

Zusammenfassung

  • Definition:Entzündliche Erkrankung der Pleurablätter, die als trockene Entzündung (Pleuritis sicca) oder mit Ansammlung von Exsudatflüssigkeit im Pleuraraum (Pleurits exsudativa) auftreten kann, selten Verlauf hin zum Pleuraempyem.
  • Häufigkeit:Keine genauen Daten, am häufigsten dürfte das Auftreten im Rahmen von Pneumonien sein.
  • Symptome:Bei Pleuritis sicca stechender, atemabhänger Schmerz. Mit Entwicklung eines Pleuraergusses Schmerzabnahme, evtl. Dyspnoe.
  • Befunde:Schonatmung. Perkutorisch Dämpfung bei Pleuraerguss. Auskultatorisch bei Pleuritis sicca Reibegeräusch, bei Pleuraerguss abgeschwächtes Atemgeräusch. 
  • Diagnostik:Röntgenthorax, Sonografie, Labor (Entzündungsparameter), evtl. Punktion und Diagnostik eines Pleurarergusses.
  • Therapie:Therapie der Grunderkrankung. Symptomatisch NSAR gegen Entzündung und Schmerz. Punktion/Drainage großer Pleuraergüsse.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Akut, subakut oder chronisch verlaufende entzündliche Erkrankung der Pleurablätter
  • Auftreten möglich:
    • als trockene Entzündung (Pleuritis sicca)
    • mit Ansammlung von Exsudatflüssigkeit im Pleuraraum (Pleuritis exsudativa)
    • als Pleuraempyem.

Häufigkeit

  • Keine genauen Daten zur Epidemiologie der Pleuritis
  • Pleuritiden im Rahmen von Pneumonien dürften am häufigsten sein.1
  • Bei ca. 20–50 % der Patient*innen mit ambulant erworbener Pneumonie wird bei Diagnose oder im Verlauf ein Pleuraerguss als Manifestation der Pleuritis festgestellt.
    • 10 % dieser Patient*innen mit komplizierten Ergüssen/Empyem
  • Im Übrigen abhängig von der Häufigkeit weiterer Ätiologien

Ätiologie

Primär pulmonale Erkrankungen

Kardiovaskuläre Erkrankungen

Systemische Erkrankungen, Erkrankungen extrathorakaler Organe

Medikamenteninduziert

  • Medikamente können Pleuritis/Pleuraergüsse ohne oder mit parenchymatöser Beteiligung induzieren, z. B.:2-3
    • Zytostatika
    • Amiodaron
    • Nitrofurantoin
    • u. v. a.

Idiopathische Pleuritis

  • Selten
  • Ausschlussdiagnose nach Abklärung anderer Ätiologien

Pathogenese

Physiologie

  • Die Pleuren umgeben die Lunge als Doppelhaut, gebildet aus der parietalen Pleura (Rippenfell) und der viszeralen Pleura (Lungenfell).
  • Die Pleuren bewirken,
    • dass sich die Lunge nicht von der Brustwand lösen kann.
    • durch Gegeneinandergleiten, dass Lunge und Brustkorb sich im Rahmen der Atmung gegeneinander bewegen können.
  • Die Gleitbewegung der Pleuren gegeneinander wird durch einen dünnen Flüssigkeitsfilm im Pleuraspalt ermöglicht, parietale und viszerale Pleura spielen eine wichtige Rolle bei der Flüssigkeitshomöostase.2
  • Normalerweise enthält der Pleuraraum ca. 100 ml klare, eiweiß- und zellarme Flüssigkeit.
  • Normalerweise besteht ein Gleichgewicht zwischen Bildung und Resorption von Flüssigkeit; die Resorption erfolgt vor allem über die Lymphgefäße der parietalen Pleura.2
  • Die parietale Pleura enthält somatische Schmerzrezeptoren, während die viszerale Pleura keine Schmerzrezeptoren aufweist.4-5

Pathogenese und Manifestationsformen

  • Verschiedene lokale und systemische Krankheitsprozesse lösen eine entzündliche Reaktion der Pleuren aus.
  • Entzündliche Infiltrationen und Auflagerungen können zum schmerzhaften Aneinanderreiben der Pleuren führen.
  • Bei einer entzündlichen Störung der Flüssigkeitshomöostase kommt es zur Entwicklung eines Pleuraergusses.
  • Pleuritis sicca
    • Initialstadium einer Pleuritis
    • pathologisch-anatomisch Entzündungszeichen und Fibrinauflagerungen auf der Pleura
    • charakterisiert durch atmungsabhängigen und stechenden Schmerz mit flacher Schonatmung und Reizhusten
  • Pleuritis exsudativa
    • Pleuritis mit Entwicklung eines Pleuraergusses
    • häufig Folgestadium einer initialen Pleuritis sicca
    • meistens seröser oder serofibrinöser Erguss
    • Nachlassen des pleuritischen Schmerzes durch verminderte Reibung der Pleurablätter
  • Pleuraempyem
    • Eiteransammlung im Pleuraraum
    • schwere Allgemeinsymptome (hohes Fieber, Schüttelfrost)

Zeitliches Auftreten eines pleuritischen Schmerzes abhängig von der Ätiologie4

Disponierende Faktoren

  • Infektionen
  • Systemisch-entzündliche Erkrankungen
  • Malignome

ICPC-2

  • R82 Pleuritis IKA

ICD-10

  • J90 Pleuritis mit Erguss
  • R09.1 Pleuritis

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Symptome einer Pleuritis
    • Schmerzsymptomatik bei Pleuritis sicca4
      • stechend, schneidend, brennend
      • Intensität von gering bis extrem stark
      • häufig gut lokalisiert
      • atemabhängig
      • Verstärkung bei Inspiration, Husten, Niesen
      • Linderung durch Lagerung auf die betroffene Seite (Minderung der Atemexkursion)
    • trockener Husten
    • Dyspnoe
      • vor allem bei Pleuraerguss
      • nur lockere Korrelation zwischen Stärke der Atemnot und Größe des Pleuraergusses2
  • Symptome einer Grunderkrankung, u. a.:
  • Medikamente

Klinische Untersuchung

  • Inspektion
    • Schonatmung
    • Tachypnoe
  • Perkussion
    • erkrankte Seite evtl. klopfempfindlich (Pleuritis sicca)
    • Klopfschall
      • bei Pleuritis sicca unauffälliger Klopfschall (sofern nicht durch Grunderkrankung verändert), da keine Veränderung des Luftgehalts der Lunge
      • gedämpfter Klopfschall bei Pleuraerguss
  • Auskultation
    • pleuritisches Reiben bei Pleuritis sicca
      • in- und exspiratorisch gleich lang
      • keine Veränderung nach einem Hustenstoß
      • bei älteren, großen Fibrinauflagerungen rau und laut („Lederknarren“)
    • bei Entwicklung eines Pleuraergusses Abnahme und schließlich Verschwinden des Pleurareibens
    • abgeschwächtes Atemgeräusch über dem Pleuraerguss

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

Labor

Sonografie

  • Nachweis und Quantifizierung eines Pleuraergusses
    • Erfassung von Fibrinauflagerungen, Septierungen

EKG

Diagnostik bei Spezialist*innen

Röntgen-Thorax

CT 

Pleurapunktion

  • Bei Pleuraerguss unklarer Ätiologie
  • Transsudat/Exsudat, Zytologie, Mikrobiologie

Thorakoskopie/Pleurabiopsie

  • Im Einzelfall zur ätiologischen Abklärung

Indikationen zur Überweisung/Krankenhauseinweisung

  • Die Indikation zu Überweisung oder Krankenhauseinweisung ergibt sich aus der vermuteten Grunderkrankung und der Schwere des Krankheitsbildes.

Therapie

Therapieziele

  • Heilung der Pleuritis durch effektive Behandlung einer Grunderkrankung
  • Symptomatische Therapie

Allgemeines zur Therapie

  • Bestandteile der Therapie sind:
    • Behandlung einer Grunderkrankung
    • entzündungshemmende und schmerzstillende Medikation
    • Punktion/Drainage eines Pleuraergusses7
    • Atemgymnastik.

Behandlung von Grunderkrankungen

Entzündungshemmende/schmerzstillende Therapie

  • NSAR sind Mittel der 1. Wahl zur Entzündungshemmung und Analgesie.

Punktion/Drainage eines Pleuraergusses

  • Details zu Diagnostik und Therapie siehe Artikel Pleuraerguss.

Atemgymnastik

  • Besserung der Ventilation
  • Vermeidung von Pleuraschwarten

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Komplikationen

  • Pleuraschwarten
  • Pleuraempyem
  • Sepsis
  • Komplikationen der Grunderkrankungen

Verlauf und Prognose

  • Verlauf und Prognose werden von der Grunderkrankung bestimmt. 

Verlaufskontrolle

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Pleuropneumonie, vorne, RÖ
Pleuropneumonie rechts, Röntgenthorax, Übersichtsaufnahme
Pleuropneumonie, Seite, RÖ
Pleuropneumonie, Seitaufnahme
Illustrationen von Lunge und Thorax
Lunge und Bronchien

Quellen

Literatur

  1. Assessment of pleuritis. BMJ Best Practice, last updated: 24 Jun 2021. Zugriff 17.07.21. bestpractice.bmj.com
  2. Jany B, Welte T. Pleural effusion in adults - etiology, diagnosis and treatment. Dtsch Arztebl Int 2019; 116: 377-386. doi:10.3238/arztebl.2019.0377 DOI
  3. Huggins J, Sahn S. Drug-induced pleural disease. Clinics in Chest Medicine 2004; 25: 141-153. doi:10.1016/S0272-5231(03)00125-4 DOI
  4. Kass S, Williams P, Reamy B. Pleurisy. Am Fam Physician 2007; 75: 1357-1364. www.aafp.org
  5. Reamy B, Williams P, Odom M. Pleuritic Chest Pain: Sorting Through the Differential Diagnosis. Am Fam Physician 2017; 96: 306-312. www.aafp.org
  6. Davies HE, Davies RJO, Davies CWH. Management of pleural infection in adults: British Thoracic Society pleural disease guideline 2010. Thorax 2010; 65 (Suppl 2): ii41-ii53. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  7. Pleural effusion. BMJ Best Practice. Last updated: 25 May 2021. Zugriff 17.07.21. bestpractice.bmj.com

Autor*innen

  • Michael Handke, Prof. Dr. med., Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie und Intensivmedizin, Freiburg i. Br.

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