Zusammenfassung
- Definition:Pleuraplaques gelten als Marker für Asbestexposition und sind umschriebene, fibrohyaline Pleuraverdickungen, die meist von der parietalen Pleura ausgehen.
- Häufigkeit:Sie kommen bei etwa der Hälfte der Personen vor, die Asbest ausgesetzt waren, somit hohe Dunkelziffer.
- Symptome:Die Plaques verursachen in der Regel keine Beschwerden.
- Befunde:Meist keine klinischen Befunde, sondern Zufallsbefund in der Bildgebung.
- Diagnostik:Pleuraplaques werden häufig als Verschattungen in Röntgenaufnahmen des Thorax oder als Verdichtungen in der Computertomographie des Thorax nachgewiesen.
- Therapie:In der Regel benigne und daher keine Therapie erforderlich.
Allgemeine Informationen
Definition
- Pleuraplaques sind die häufigste morphologische pulmonale Reaktion auf Asbestinhalation1 und gelten als ein Marker für die Asbestexposition.
- Die meisten Plaques verursachen keinerlei Symptome und entarten in der Regel nicht maligne.
- Da es sich um eine Ausschlussdiagnose handelt, sollten zuvor andere Grunderkrankungen abgeklärt werden.
Häufigkeit
- Pleuraplaques kommen bei ca. 50 % der Personen vor, die eine erhebliche, lang anhaltende Exposition mit Asbest erlitten haben.2
- Die Zahlen zur Häufigkeit schwanken aufgrund der hohen Dunkelziffer und aufgrund der Tatsache, dass es sich in der Regel um Zufallsbefunde handelt.
Ätiologie und Pathogenese
- Durch Asbest ausgelöst (typisch faserförmiger Staub)
- Asbestfasern können bis zu submikroskopischer Feinheit aufspalten.
- Pleuraplaques sind Ablagerungen hyalinisierter Kollagenfasern in der Pleura, die mit der Zeit verkalken können.3
- Es wird angenommen, dass die Plaqueentwicklung durch mechanische Traumata verursacht wird.4
- Die Plaques befallen üblicherweise die Pleura parietalis nahe den Rippen, sind weniger verbreitet in den Interkostalräumen und kommen selten in der Pleura visceralis vor.
- Plaques befinden sich am häufigsten zwischen der 6. und 9. Rippe und entlang des Zwerchfells.
- Benigne asbestinduzierte Pleuraergüsse (Asbestpleuritis), üblicherweise einseitig, sind die häufigste Manifestation einer durch Asbest verursachten Lungenerkrankung im Zeitraum von 10–20 Jahren nach Exposition.5
- Im Zeitverlauf kann es zu Spontanremissionen und Rezidiven der Asbestpleuritis kommen.
Disponierende Faktoren
- Asbest
ICD-10
- J92 Pleuraplaques
- J92.0 Pleuraplaques mit Nachweis von Asbest
- J92.9 Pleuraplaques ohne Nachweis von Asbest
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Exposition mit Asbest vor 10–20 Jahren
- Befund typischer Lungenveränderungen im Röntgen
- Pleuraplaques (hyalin): in der Regel ab ca. 3 mm Dicke röntgenologisch erkennbar und/oder einer Verbreitung von mehr als 2 cm Gesamtlänge im Bereich der Brustwand (insbesondere doppelseitig), des Zwerchfells, Mediastinums und/oder Herzbeutels
- Pleuraplaques (verkalkt): bei Hinweisen auf Asbeststaubexposition(en) in der Vorgeschichte Kalkplaques geringerer Dicke und Verbreitung
- Hyalinosis complicata bzw. Pleuraerguss, Pleuritis mit Folgezuständen, ein- oder beidseitig
- Pleuraverdickung (doppelseitig, diffus): in der Regel ab 3 mm Dicke speziell im Bereich der Mittel- und Unterfelder
- Eine Biopsie ist erforderlich, um andere Erkrankungen wie Tuberkulose oder Mesotheliom auszuschließen.
Differenzialdiagnosen
- Tuberkulose
- Malignes Mesotheliom
- Extrapleurales Fett
- Fascia endothoracica
- Rippenfraktur
- Pleuraler Tumor
- Pleurale Pseudoplaque (z. B. bei Sarkoidose oder Silikose)
- Z. n. Talkumpleurodese
- Weitere granulomatöse Erkrankungen
Anamnese
- Frühere Asbestexposition
- Häufig wird die Erkrankung zufällig auf einer Röntgenaufnahme entdeckt.
- Atemabhängige Brustschmerzen – Pleuraschmerzen – in Verbindung mit vorhandener Pleuraplaque können eine Manifestation eines malignen Mesothelioms darstellen.6
- Als erstes Zeichen einer Asbestose treten nach langsam progredientem Reizhusten Kurzatmigkeit, besonders bei Belastung und tiefer Inspiration, und Brustschmerzen auf.
- Später kommen nicht selten die Symptome einer chronischen Bronchitis, emphysematöse Lungenveränderungen und Rechtsherzhypertrophie (Cor pulmonale) hinzu.
Klinische Untersuchung
- Die Erkrankung selbst führt in der Regel nicht zu klinischen Beschwerden.
- Der auskultatorische und perkutorische Befund ist meist uncharakteristisch.
- Als Hinweis auf eine Lungenfibrose gilt feines Knisterrasseln, besonders am Ende des Inspiriums, über den seitlichen und unteren Lungenpartien.
Diagnostik
- Verkalkungen in der Plaque werden im Röntgen in ca. 20 %, der hochauflösenden CT in ca. 50 % und bei der Biopsie in ca. 80 % der Fälle festgestellt.3
- In den meisten Fällen ist ein Röntgenbild der Lunge eine adäquate und ausreichende Untersuchung.
- Vornehmlich subpleural in den unteren 2/3 der Lunge, mit meist zunehmender Intensität zu Basis und Hilus hin, finden sich kleine unregelmäßige (oder lineare) Schatten.
- Diese können zunächst nebelschwadenförmig mit haarfeinen Randfiguren auftreten und sich später zu einer netzförmigen Zeichnungsvermehrung bis zu diffusen fibrozystischen Veränderungen verdichten.
- Auch horizontal verlaufende Strichschatten (sog. KERLEY'sche „B“-Linien) nahe der lateralen Brustwand kommen vor.
- Die hochauflösende CT sollte bei diagnostischer Unsicherheit durchgeführt werden.
- Jeder neu entstandene Pleuraerguss erfordert eine gründliche Untersuchung inklusive Tuberkulosetest und diagnostischer Pleurapunktion.
- Pleurabiopsie
- Asbestpleuritiden sind exsudativ.
- Liegen exsudative Asbestpleuritiden vor, ist eine Pleurabiopsie erforderlich, um die Möglichkeit für Tuberkulose und Malignität zu überprüfen.
Indikationen zur Überweisung
- Bei unklaren Befunden Überweisung zu Pneumolog*in
Therapie
Allgemeines zur Therapie
- Es gibt keine Behandlung, die den natürlichen Krankheitsverlauf beeinflusst.
- Eine ggf. weiterhin bestehende Exposition mit Asbest sollte beendet werden.
- Nikotinverzicht ist zu empfehlen.
Prävention
- Asbestexposition vermeiden.
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- Die Krankheit entwickelt sich langsam über viele Jahre.
Prognose
- Bei Patient*innen mit Pleuraplaques besteht das Risiko anderer schwerer, durch Asbest verursachter Lungenerkrankungen wie Asbestose, Bronchialkarzinom, malignes Mesotheliom. Die Mehrzahl der Patient*innen entwickelt jedoch derartige Krankheiten nicht.
- Die Plaques selbst gehen in der Regel nicht in maligne Erkrankungen über.1
Verlaufskontrolle
- Regelmäßige Röntgenaufnahmen (z. B. 1 x/Jahr) und ggf. Lungenfunktionsmessungen, wenn Symptome bestehen.
Anerkennung als Berufskrankheit
- Die Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) und durch Asbeststaub verursachte Erkrankungen der Pleura können als Berufskrankheit anerkannt werden.
- Durch sachverständige Ärzt*innen wird eine ausführliche Arbeits- und Gefährdungsanamnese erhoben, und ein Gutachten entscheidet über die Anerkennung als Berufskrankheit.
- Dann können bestimmte Maßnahmen durchgeführt werden:
- spezielle therapeutische Maßnahmen
- Einstellung der gefährdenden Tätigkeit
- Zahlung einer Rente
- Voraussetzungen zur Anerkennung als Berufskrankheit
- Die Person muss im Rahmen ihrer Tätigkeit asbestfaserhaltige Stäube eingeatmet haben, durch deren schädliche Einwirkung letztendlich Pleuraplaques entstanden sind.
- Die Erkrankung sollte durch einen Vollbeweis, d.h. eindeutig, nachgewiesen sein.
- Es muss einen Kausalitätszusammenhang geben, d.h. die Erkrankung muss in einem klaren Zusammenhang mit dem schädigenden Agens stehen.
- Erstellung eines Zusammenhangsgutachtens: gesicherte Exposition und gesicherte Diagnose.
Quellen
Literatur
- O'Reilly KMA, McLaughlin AM, Beckett WS. Asbestos-related lung disease. Am Fam Physician 2007; 75: 683-8. www.ncbi.nlm.nih.gov
- American Thoracic Society. Diagnosis and initial management of nonmalignant diseases related to asbestos. Am J Respir Crit Care Med 2004; 170: 691-715. PubMed
- Stark P. Imaging of pleural plaques, thickening, and tumors. UpToDate. Last updated August 2022. uptodate.com. www.uptodate.com
- Sargent, EN, Jacobson, G, Gordonson, JS. Pleural plaques: A signpost of asbestos dust inhalation. Semin Roentgenol 1977; 12: 287. PubMed
- Wagner GR. Asbestosis and silicosis. Lancet 1997; 349: 1311-5. PubMed
- Robinson BW, Lake RA. Advances in malignant mesothelioma. N Engl J Med 2005; 353: 1591-603. New England Journal of Medicine
Autor*innen
- Moritz Paar, Dr. med., Facharzt für Allgemeinmedizin, Münster