Paraphimose

Zusammenfassung

  • Definition:Hinter die Glans penis retrahiertes Praeputium, das sich nicht in die normale Position über die Glans reponieren lässt.
  • Häufigkeit:Kann bei unbeschnittenen Jungen und Männern auftreten.
  • Symptome:Engegefühl an Penisspitze. Mit zunehmender Schwellung Schmerzen.
  • Befunde:Freiliegende, geschwollene und gerötete Glans. Direkt proximal davon ödematöser Schnürring aus Präputium.
  • Diagnostik:Blickdiagnose.
  • Therapie:Notfallmäßige Reposition nach manueller Kompression der Glans. Bei frustraner Reposition Inzision der Vorhaut; ggf. Zirkumzision zur Rezidivprophylaxe.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Synonym „Spanischer Kragen“
  • Hinter die Glans penis retrahiertes Praeputium, das sich nicht in die normale Position über die Glans reponieren lässt.1-2
  • Urologischer Notfall, der unmittelbar behandelt werden soll. 

Häufigkeit

  • Es gibt keine verlässlichen Angaben zur Häufigkeit.
  • Tritt in der Regel nur bei unbeschnittenen Jungen und Männern auf.

Ätiologie und Pathogenese

  • Bei einer Paraphimose liegt in der Regel eine Phimose vor (Vorhautverengung).
    • bei (Klein)Kindern physiologisch
    • bei Erwachsenen z. B. durch chronische Balanoposthitis 
  • Nach Zurückstreifen der Vorhaut hinter die Eichel resultiert eine Minderdurchblutung des distal gelegenen Vorhautblattes mit Behinderung des Lymphabstroms und Ausbildung eines dementsprechenden Ödems.
  • Dadurch wird eine zunehmende Schwellung des Präputiums bedingt, das die problemlose Reposition schließlich unmöglich macht.
  • Bei längerer Dauer sind Entzündung, Ulzeration bis hin zur Glansnekrose möglich.
  • Cave: Für transurethrale Katheteranlage beim Mann wird die Vorhaut zurückgeschoben. Erfolgt nach der Anlage keine Reposition der Vorhaut, kann eine ärztlich/pflegerisch induzierte Paraphimose auftreten.

Prädisponierende Faktoren

ICD-10

  • N47 Vorhauthypertrophie, Phimose und Paraphimose

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Klassische Blickdiagnose
    • Laborchemische oder bildgebende Diagnostik sind nicht notwendig. 

Anamnese

  • Meist vorbekannte Phimose
    • Patienten berichten oft von Episoden mit erschwertem Vorschieben der Vorhaut nach Erektion.
  • Schmerzen und Schwellung an der Penisspitze
    • Initial beschreiben die Patienten ein Engegefühl, ohne eigentlichen Schmerz.
    • Mit zunehmender Schwellung entwickelt sich oft Spannungsschmerz, teilweise gefolgt von Parästhesie im Bereich der Penisspitze.
  • Prädisponierende Faktoren?
  • Sexualanamnese
    • häufig wechselnde Partner*innen
      • Hinweis auf sexuell übertragbare Erkrankungen?
    • autoerotische Praktiken mit Manipulationen am Penis

Klinische Untersuchung

Paraphimose
Paraphimose
  • Freiliegende Glans, die rot und geschwollen ist; im späteren Verlauf auch Nekrose möglich.
  • Direkt proximal der Glans zirkuläre, ödematöse, gerötete, druckempfindliche Schwellung, die dem retrahierten Präputium entspricht.
  • Proximal der Paraphimose gelegener Penisschaft ist in der Regel weich.

Indikationen zur Überweisung

  • Bei frustraner Reposition in Hausarztpraxis notfallmäßige Überweisung an Urolog*in

Therapie

Therapieziele

  • Zeitnahe Reposition
  • Komplikationen durch verminderte Durchblutung und Stauung der Eichel vermeiden.

Allgemeines zur Therapie

  • Urologischer Notfall, der sofortige Behandlung erfordert.
  • Bei frustraner Reposition operative Therapie mit Inzision des Schnürrings

Konservative Therapie

  • Die Reposition kann in vielen Fällen nach adäquater Applikation eines Lokalanästhetikums ohne Narkose durchgeführt werden.
    • Meist reichen perorale oder i. v. Analgetika aus.
    • Sollte die Kompression trotzdem zu schmerzhaft sein, wird eine Leitungsanästhesie im Bereich der Peniswurzel empfohlen.
      • Cave: Lokalanästhetikum darf kein Adrenalin enthalten!
  • Auspressen des Ödems mittels umschließendem Fingerdruck und vorsichtigem Zurückschieben der Glans durch den engen Vorhautring
  • Alternativ kann schmerzarme Reposition mittels einer mit physiologischer Kochsalzlösung getränkten Kompresse nach manuellem Auspressen des Ödems über 5–10 min erzielt werden.
  • Lokale Kühlung der Schwellung kann unterstützend wirken, um weitere Progression des Ödems zu verhindern.

Operative Therapie

  • Nur in länger bestehenden und seltenen Fällen ist die dorsale Inzision des Präputiums erforderlich.
  • Zur Rezidivprophylaxe ggf. spätere Zirkumzision

Prävention

  • Regelhafte Reposition der Vorhaut über Glans nach Urinieren oder Geschlechtsverkehr
  • Gute Hygiene von Penis und Vorhaut

Verlauf, Komplikationen, Prognose

Verlauf

  • Bei Paraphimosen besteht Rezidivneigung, solange keine Zirkumzision vorgenommen wird.

Komplikationen

  • Entzündungen oder Ulzeration bis hin zu Nekrosen der Eichel

Prognose

  • In den meisten Fällen ist eine Reposition ohne Komplikationen möglich.
  • Nach Zirkumzision ist kein Rezidiv mehr zu erwarten.

Patienteninformation

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

Paraphimose
Paraphimose

Quellen

Literatur

  1. Brooks NA. Paraphimosis. Medscape, last updated Mar 15, 2021. emedicine.medscape.com
  2. Dubin J, Davis JE. Penile emergencies. Emerg Med Clin North Am. 2011 Aug. 29(3):485-99. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov

Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Münster

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