Müdigkeit und Abgeschlagenheit

Allgemeine Informationen

Definition

  • Subjektives Empfinden von Müdigkeit, das in verschiedenen Formulierungen von Patient*innen vorgetragen wird: Schlappheit, Mangel an Energie, Erschöpfung, Ermüdung, frühe Ermüdbarkeit, Schläfrigkeit, Einschlafneigung tagsüber etc.
  • Verschiedene qualitative Komponenten sind zu berücksichtigen:
    • emotionale (Unlust, Motivationsmangel, enge Verbindung zu Traurigkeit bzw. niedergedrückter Stimmung, verminderte affektive Schwingungsfähigkeit)
    • kognitive (verminderte geistige Aktivität bzw. Leistungsfähigkeit)
    • Verhaltensaspekte („Leistungsknick“)
    • körperliche Aspekte (z. B. muskuläre Schwäche).
  • Eine große Anzahl von biologischen, seelischen und sozialen Ursachen kommt infrage, oft in Kombination.
    • darunter eindeutige seelische und körperliche Störungen oder Belastungen
    • Oft lässt sich jedoch keine definitive Ursache definieren.
  • Das chronische Müdigkeitssyndrom (Chronic Fatigue Syndrom, CFS)/myalgische Enzephalomyelitis (ME) ist nicht mit dem Symptomkomplex „Müdigkeit“ gleichzusetzen und betrifft einen kleinen Anteil von Betroffenen, die über Müdigkeit/Erschöpfung klagen.1
  • Müdigkeit/Erschöpfung kann ein Symptom fast jeder Erkrankung sein.1

Häufigkeit

  • Die Prävalenz von Patient*innen mit unerklärter, über mindestens einen Monat anhaltender Müdigkeit liegt bei ca. 10 %.
  • Müdigkeit ist eine häufige Konsultationsursache in der Hausarztpraxis. In mehreren internationalen Studien wurde festgestellt, dass sie bei 1,1–10,2 % der Konsultationen die Hauptursache ist.
  • Frauen sind häufiger betroffen.

Diagnostische Überlegungen

  • Eine große Zahl von biologischen, seelischen und sozialen Ursachen kommt infrage, oft in Kombination. Darunter sind eindeutig diagnostizierbare seelische und körperliche Störungen oder Belastungen; oft lässt sich jedoch keine definitive Ursache identifizieren.
  • Behandelbare schwere körperliche Erkrankungen sind selten und praktisch immer mit Auffälligkeiten in Anamnese und/oder körperlicher Untersuchung verbunden.2
  • Auf biologische Ursachen fixierte Diagnostik führt zu unnötiger Belastung der Patient*innen und/oder Somatisierung einer Befindlichkeitsstörung.

Diagnostische Fehlermöglichkeiten

  • Vorschnelles Akzeptieren pathologischer Laborwerte als ausreichende Erklärung
  • Bearbeitung des psychosozialen Bereichs erst nach Ausschluss körperlicher Ursachen – Gefahr der somatischen Fixierung
  • Bei bekannten chronischen Erkrankungen die Müdigkeit vorschnell auf den Krankheitsprozess selbst beziehen.
  • Vorschnelle Etikettierungen
    • Bei unspezifischen Befindensstörungen, die ohne pathologische somatische Befunde oft mit starker Beeinträchtigung einhergehen, ist für Patient*in und Ärzt*in die Versuchung groß, sich vorschnell auf unzureichend belegte (Pseudo-)Diagnosen zu einigen.
    • Diese Etikettierungen entsprechen z. B. biologischen (Eisen- oder Vitamin-D-Mangel, Hypotonie, Hypoglykämie), umweltmedizinischen (MCS, Amalgambelastung, Unverträglichkeiten), infektiösen (Darmmikrobiom, Candida) und anderen Hypothesen.
    • Ihnen ist gemeinsam, dass die entsprechenden Zusammenhänge wissenschaftlich nicht dokumentiert oder sogar widerlegt, nicht plausibel und/oder im Einzelfall nicht nachgewiesen sind.
  • Scheinassoziationen und selbsterfüllende Prophezeiungen
    • Beispielsweise Bestimmung eines erniedrigten Vitamin-D-Spiegels bei müden Patient*innen, der keinen nachweisbaren Zusammenhang mit Müdigkeit hat und Placeboeffekt einer Vitamin-D-Substitution.

ICD-10

  • R53 Unwohlsein und Müdigkeit
  • G93.3 CFS inkl. postvirales Müdigkeitssyndrom
  • F 48.0 Neurasthenie/Ermüdungssyndrom 
  • R 54 Senilität, inklusive Altersschwäche
  • G 47.1 organisch bedingte Tagesschläfrigkeit (krankhaft erhöhtes Schlafbedürfnis)
  • F 51.1. nicht organisch bedingte Hypersomnie
  • U 09.9! für Post-COVID-19-Zustand
  • U 10.9 für multisystemisches Entzündungssyndrom in Verbindung mit COVID-19

Differenzialdiagnosen

Äußere Umstände und Lebensweise

Stress 

  • Erschöpfung durch langanhaltenden Druck bei der Arbeit, Probleme am Arbeitsplatz, finanzielle Probleme, familiäre Probleme
  • Belastende Lebensereignisse wie Krankheit oder Tod von Verwandten oder Freund*innen, Auflösung der Familie, Verlust der Arbeitsstelle usw.
  • Sonstige psychische, familiäre, soziale oder finanzielle Belastungen

Bewegungsmangel/Übergewicht

  • Bevölkerungsstudien legen einen Zusammenhang von Bewegungsmangel und Müdigkeit nahe.
  • Unklar ist, wie häufig und in welchem Ausmaß Bewegungsmangel bestimmende Ursache für das Symptom Müdigkeit ist.

Umwelteinflüsse

  • Gehäufte Tagesschläfrigkeit bei hoher nächtlicher Verkehrslärmbelastung
  • Berufsbedingter Schlafmangel, Überstunden, überlange Arbeitszeiten, gestörtes Arbeitsklima, unzureichende Erholungszeiten, sonstige psychosoziale Einflüsse
  • Kohlenmonoxid: Vorübergehende leichtere Vergiftungen äußern sich in Müdigkeit, Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit.
    • starker Tabakrauch, Gebrauch von Kohleöfen
  • Arbeits- und umweltmedizinische Abklärung
  • Besteht eine biologische Plausibilität für den vermuteten Zusammenhang (vor allem bei Lärm, Blei, Quecksilber, Kohlenmonoxid, Schwefelwasserstoff, Halogenkohlenwasserstoffen, Benzol, Toluol, Xylole, Styrol, Lösungsmitteln und Lösungsmittelgemischen)?
    • Leiden Arbeitskolleg*innen oder Familienmitglieder, d. h. potenziell Mitexponierte, ebenfalls unter Müdigkeit bzw. anderen bisher nicht erklärten Symptomen?
    • Besteht beim Patient*innen oder Arbeitskolleg*innen bzw. Familienmitgliedern eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen Müdigkeit und möglicher Noxe?
  • Verdichten sich die Hinweise auf eine toxische Ursache der Müdigkeit, sollte bei sonst unauffälliger Abklärung zur Müdigkeitsgenese an eine arbeits- bzw. umweltmedizinische Einrichtung überwiesen werden.

Psychische Störungen

Angst

  • Siehe Artikel Generalisierte Angststörung.
  • Angst, oft allgemeiner Art und anhaltend, nicht auf bestimmte Situationen oder Umstände beschränkt
  • Die Hauptsymptome wechseln, umfassen aber Beschwerden wegen anhaltender Nervosität, Zittern, Muskelverspannungen, Schweißausbrüche, Verwirrung, Herzklopfen, Schwindel und Beschwerden im Epigastrium.
  • Folgende Fragen sind zur ersten Abklärung einer Angststörung geeignet:
    • Fühlten Sie sich im Verlauf der letzten 4 Wochen deutlich beeinträchtigt durch:
      • Nervliche Anspannung, Ängstlichkeit, das Gefühl aus dem seelischen Gleichgewicht zu sein?
      • Sorgen über vielerlei Dinge?
    • Hatten Sie während der letzten 4 Wochen eine Angstattacke (plötzliches Gefühl der Angst oder Panik)?

Depression

  • Siehe Artikel Depression.
  • Diagnostik in der Hausarztpraxis
    • zwei Screeningfragen (Bezug: in den letzten 4 Wochen)
      1. Haben Sie sich oft niedergeschlagen/schwermütig/hoffnungslos gefühlt?
      2. Haben Sie wenig Interesse/Freude an Tätigkeiten gehabt?
    • Werden beide Fragen verneint, kann eine ausgeprägte Depression mit hoher Sicherheit als ausgeschlossen gelten.
    • Wird mindestens eine Frage bejaht, sollten Zusatzsymptome erfragt werden:
      • verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
      • vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
      • Schuldgefühle und Gefühle von Wertlosigkeit
      • negative und pessimistische Zukunftsperspektiven
      • Suizidgedanken, erfolgte Selbstverletzung oder Suizidhandlungen
      • Schlafstörungen
      • verminderter Appetit.
    • Daraus folgt die Schweregradbestimmung:
      • Leichte Depression: Es liegen 2 Zusatzsymptome vor.
      • Mittelgradige Depression: 3 oder 4 Zusatzsymptome sind gegeben.
      • Schwere Depression: Alle 3 Hauptkriterien und mindestens 4 Zusatzkriterien sind erfüllt.

Sucht

  • Sämtliche suchterzeugende Substanzen, an erster Stelle Alkohol, können Müdigkeit verursachen.

Chronisches Müdigkeitssyndrom (CFS)

  • Siehe Artikel Chronisches Erschöpfungssyndrom.
  • Gemeinsam ist das neue, nicht durch andere Erkrankungen, Substanzen oder Belastung erklärbare Auftreten von Müdigkeit.
  • Weiter wird gefordert: definierter Beginn der Symptomatik, starke Beeinträchtigung im privaten, beruflichen oder sozialen Bereich sowie bestimmte Zusatzsymptome bzw. Befunde (hierzu gibt es Unterschiede in verschiedenen Klassifizierungen).

Endokrinologische Erkrankungen

Diabetes mellitus, Typ 1/Diabetes mellitus, Typ 2

Hypothyreose

  • Siehe Artikel Hypothyreose.
  • Selten Müdigkeit als einziges Symptom; selten alleinige Ursache von Müdigkeit
  • Bezüglich subklinischer Hypothyreose ist die Behandlungsschwelle und der Behandlungsnutzen unklar.

Vitamin-D-Mangel

Infektionen

Hepatitis

  • Ohne weitere anamnestische oder klinische Hinweise als Ätiologie von primär als Symptom präsentierter Müdigkeit sehr selten

Infektionsbedingte und postinfektiöse Müdigkeit

Chronische somatische Erkrankungen

Anämie

  • Anämie kann bei etwa 3 % die Ursache von Müdigkeit sein. Allerdings ist ein eindeutiger Zusammenhang von Müdigkeit und Anämie nicht nachweisbar.

Eisenmangel

  • Siehe Artikel Eisenmangelanämie.
  • Es besteht Unsicherheit darüber, ob Eisenmangel/niedriges Ferritin ohne Anämie Müdigkeit verursachen kann.
  • Ohne explizite Klage über Müdigkeit, gibt es bei ansonsten gesunden Personen mit Eisenmangel keinen Nachweis des Nutzens einer Eisensubstitution.

Zöliakie

  • Siehe Artikel Zöliakie.
  • Mit dem Symptom Müdigkeit assoziiert
  • Möglicherweise leiden 2–3 % der Patient*innen mit Müdigkeit unter Zöliakie.

Krebserkrankung

  • Abgeschlagenheit kann ein frühes Symptom einer nicht diagnostizierten malignen Erkrankung sein.
  • Haben Anamnese und körperliche Untersuchung keine Hinweise erbracht, sind bösartige Erkrankungen als Ursache von Müdigkeit sehr selten.
  • Eine Tumordiagnostik nur aufgrund des Symptoms Müdigkeit ohne zusätzliche Hinweise in Anamnese, Befund oder Basislabor ist nicht gerechtfertigt.
  • Müdigkeit kann allerdings ein sehr belastendes Symptom bei ca. 65 % der Betroffenen mit einem bekannten Malignom sein.

Weitere chronische somatische Erkrankungen

Schlafstörungen 

Insomnie

  • Jede Schlafstörung kann Tagesmüdigkeit verursachen.
  • Prävalenz des nicht erholsamen Schlafs ca. 15 %
  • Prävalenz in der Hausarztpraxi ca. 20–25 %

Schlafapnoe-Syndrom

  • Siehe Artikel Schlafapnoe-Syndrom.
  • Prävalenz von etwa 4 % behandlungsbedürftigen Störungen
  • Kausal mit verminderter Vigilanz, Müdigkeit, Depression, Verkehrsunfällen und arteriellem Hypertonus verbunden.
  • Mit den drei Kriterien Schnarchen, beobachtete Atempausen („Erstickungsanfälle“), Einschlafen als Autofahrer*in/sonstige imperative Einschlafneigung tagsüber kann auf der Ebene der allgemeinärztlichen Praxis die Indikation für weitere schlafmedizinische Diagnostik eingegrenzt werden.

Narkolepsie

  • Siehe Artikel Narkolepsie.
  • Ausgeprägte Tagesmüdigkeit mit mit plötzlichen Einschlafattacken

Restless-Legs-Syndrom

Medikamentennebenwirkungen

  • Häufig verordnete Medikamente mit Müdigkeit als Nebenwirkung
    • Benzodiazepine
    • Antidepressiva
      • besonders Trizyklika und Mirtazapin
    • Neuroleptika
      • besonders niedrigpotente Neuroleptika, wie Levomepromazin, Melperon, Pipamperon sowie
      • Olanzapin, Qietiapin und Clozapin
    • Antihistaminika
      • besonders Substanzen der ersten Generation, wie Diphenhydramin, Dimenhydrinat, Demetinden
    • Antihypertensiva
      • Betablocker, seltener Alphablocker und ACE-Hemmer
    • Migränemittel
      • Triptane, Dimenhydrinat, Topiramat
    • Opiate
    • Parkinson-Mittel
    • Antiarrhythmika
    • Antiemetika1
    • Kortikosteroide1
    • Diuretika1
  • Viele weitere Arzneimittel, wie Zytostatika, Interferon alpha, antivirale Substanzen etc.
  • Bei begründetem Verdacht auf Müdigkeit als Medikamentennebenwirkung und nach individueller Risiko-/Nutzenabwägung Umstellung auf andere Substanz

Seltene Erkrankungen

Diagnostik

Anamnese

  • In der Anamnese sollen erfasst werden:
    • Charakteristika des Symptoms
    • assoziierte sowie vorausgegangene Beschwerden
    • Müdigkeit neu/ungewohnt
    • Beeinträchtigung durch Müdigkeit im Alltag
    • Vorstellungen der Betroffenen zu Ätiologie und Behandlung
  • Depression, Angst und psychosoziale Belastungen sowie kommunikative Einschränkungen sind häufige ursächliche Faktoren oder Begleiterscheinungen bei Personen mit Müdigkeit.
  • Bei primär ungeklärter Müdigkeit sollen anhand von Screeningfragen eine Depression oder Angststörung eruiert werden.
  • Bei primär ungeklärter Müdigkeit sollen außerdem erfasst werden:
    • Vorerkrankungen, insbesondere vorausgegangene Infektionserkrankungen, Fieber
    • Schlafverhalten, insbesondere Schnarchen und Atemaussetzer im Schlaf, ungewolltes Einschlafen am Tage und (habitueller) Schlafmangel
    • Verlauf des Körpergewichts, Tabakkonsum
    • kardiale, respiratorische, gastrointestinale, urogenitale und ZNS-Funktion
    • post-exertionelle Malaise (PEM, Belastungsintoleranz)
    • Zufuhr von Medikamenten und psychotropen Substanzen
    • soziale, familiäre, berufliche Situation
    • chemische oder Lärmbelastung sowie Auftreten ähnlicher Symptome bei Personen im privaten/beruflichen Umfeld.
  • Bei mindestens seit 3 Monaten anhaltender bisher ungeklärter Müdigkeit sollten die ME/CFS-Kriterien nach Institute of Medicine (IOM) eruiert werden, um eine Verdachtsdiagnose zu stellen, die nach 6 Monaten zu reevaluieren wäre.
  • Ein Symptomtagebuch kann bei der Abklärung und Therapie hilfreich sein.
  • Mangel an Energie bzw. allgemeine Erschöpfung sind zu differenzieren von Schläfrigkeit bis hin zum Einnicken während des Tages.
  • Achten Sie auf Alarmsymptome (Red Flags):
  • Weitere wichtige Anamnesefragen
    • Risikofaktoren für HIV-/Hepatitis-Übertragung
    • Alkohol, Nikotin
    • Menstruationszyklus, Menorrhagie
    • kürzliche oder auch länger zurückliegende Auslandsreise
  • Abklärung der Kraftfahreignung bei Tagesschläfrigkeit

Klinische Untersuchung

  • Bei primär ungeklärter Müdigkeit sollen körperlich untersucht werden:
    • Schleimhäute
    • Atemwege
    • Herz
    • Puls und Blutdruck
    • Lymphknoten
    • Abdomen
    • orientierende neurologische Untersuchung: Prüfung der klassischen Muskeleigenreflexe, Muskeltonus, Erfassung von Parästhesien, Paresen oder Muskelatrophien, Gleichgewicht und Koordination, erheblichen Seh-, Hör-, Geschmacks- und Riechstörungen
  • Weitere Elemente der körperlichen Untersuchung sollten bei speziellen Hinweisen auf behandelbare Ursachen in der Anamnese oder orientierenden körperlichen Untersuchung erfolgen.

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

  • Bei primär ungeklärter Müdigkeit sollen folgende Laboruntersuchungen durchgeführt werden:
  • Weitergehende Labor- oder apparative Untersuchungen sollten nur bei auffälligen Vorbefunden/spezifischen Hinweisen in der empfohlenen Basisdiagnostik erfolgen.
  • Im gesamten diagnostischen Prozess soll ein bio-psycho-sozialer Ansatz eingehalten werden.
  • Bei Frauen im gebärfähigen Alter kann ergänzend eine Ferritin-Bestimmung durchgeführt werden.
  • Nur bei weiteren auf eine Nierenerkrankung hinweisenden Symptomen, Befunden oder Vorerkrankungen (wie Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, potenziell nephrotoxische Medikamente, familiäre Nierenerkrankungen): Kreatinin, eGFR
  • Alle Zusatzuntersuchungen ohne klare Indikation beinhalten die erhebliche Gefahr falsch positiver Befunde und/oder einer Fehlleitung in der Patientenkarriere.

Maßnahmen und Empfehlungen

Indikationen zur Überweisung

  • Zur Abklärung definierter zusätzlicher Beschwerden oder Befunde (z. B. Schlafmedizin bei V. a. schlafbezogene Atemstörung, Gastroenterologie bei Gewichtsverlust und chronischen Durchfällen zusätzlich zum Symptom Müdigkeit).
  • Zum Management definierter Erkrankungen, sofern nicht ausreichend eigene Kompetenz auf diesem Gebiet besteht.
  • Bei Verdacht auf eine Berufskrankheit oder schädigende Umgebungsexposition.

Weitere Maßnahmen

  • Es sollte beachtet werden, dass häufig mehrere ursächliche Gesundheitsprobleme anzunehmen und zu behandeln sind.
  • Bei ungeklärter Müdigkeit und/oder Hinweisen auf relevante psychosoziale Belastungen sollen feste Folgetermine angeboten werden.
  • Bei Substanzabusus/schädlichem Gebrauch, insbesondere von Tabak, Cannabis oder Alkohol soll eine Kurzintervention und ggf. Entwöhnungsbehandlung angeboten werden.
  • Die Behandlung potenziell ursächlicher Erkrankungen soll optimiert werden.
  • Bei einer großen Zahl von zugrunde liegenden Störungen oder Erkrankungen verbessern Verhaltenstherapie oder/und symptomorientierte aktivierende Maßnahmen die Müdigkeit und das Allgemeinbefinden und sollen in diesen Fällen angeboten werden. (Dies betrifft nicht ME/CFS einschließlich Verdachtsdiagnose.)
  • Bei ungeklärter Müdigkeit können Verhaltenstherapie oder/und symptomorientierte aktivierende Maßnahmen angeboten werden.
    • Hierbei sind die individuelle Reaktion darauf zu beobachten und ggf. die Maßnahmen anzupassen oder zu beenden.
  • Abwartendes Offenhalten (4 Wochen) kann bei Fehlen von Red Flags in Betracht gezogen werden.2

Patienteninformationen

Patienteninformationen in Deximed

Quellen

Literatur

  1. BMJ BestPractice. Assessment of fatique. Stand 18.12.2022(letzter Zugriff am 18.01.2023). bestpractice.bmj.com
  2. Wilson J, Morgan S, Magin PJ, van Driel ML. Fatigue--a rational approach to investigation. Aust Fam Physician. 2014 Jul;43(7):457-61. PMID: 25006608. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov

Autor*innen

  • Marlies Karsch-Völk, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, München

Link lists

Authors

Previous authors

Updates

Gallery

Snomed

Click to edit