Bursitis olecrani

Zusammenfassung

  • Definition:Schleimbeutelentzündung am Ellenbogen. Kann durch bakterielle Infektion der Bursa (septische Bursitis) bedingt sein.
  • Häufigkeit:Häufigste Bursitis des Menschen. 1/3 der Fälle septisch, 2/3 aseptisch.
  • Symptome:Schwellung am Ellenbogen, häufig schmerzhaft.
  • Befunde:Bei septischer Bursitis oft Hautläsion als Eintrittspforte für Bakterien.
  • Diagnostik:Klinischer Befund, ggf. Punktion und Blutentnahme.
  • Therapie:Bei aseptischer Bursitis konservative Therapie mit Schonung. Bei Versagen der Therapie Bursektomie. Bei septischer Bursitis frühzeitige Antibiose.

Allgemeine Informationen

Definition

  • Die Bursitis olecrani ist eine Schleimbeutelentzündung am Ellenbogen.
  • Einteilung1
    • akut vs. chronisch
    • aseptisch vs. septisch (bakterielle Infektion der Bursa)

Häufigkeit

  • Häufigste Bursitis des menschlichen Körpers1
  • Jährliche Inzidenz mindestens 10:100.000 Personen2
  • Männer zu Frauen 4:12
  • Altersgipfel 40–60 Jahre2
  • Etwa 1/3 septisch, 2/3 aseptisch2

Klinische Anatomie

  • Die Bursa olecrani bildet sich bei Kindern im Alter von 7–10 Jahren und liegt oberflächlich auf der Sehne des M. triceps brachii.
  • Der Schleimbeutel dient als Gleitschicht zwischen dem Olekranon und der darüber liegenden Haut.

Ätiologie und Pathogenese

  • Die oberflächliche Lage des Schleimbeutels prädisponiert für direkte Traumata, chronische Druckbelastung oder eine septische Entzündung durch das Eindringen von Bakterien im Rahmen von Hautverletzungen.
  • Direkte Traumata
    • typischerweise Aufprall mit dem Ellenbogen gegen harten Untergrund
  • Chronische Druckbelastung
    • bei dauerhaftem Aufstützen auf den Ellenbogen, z. B.:
      • berufsbedingt (Teppichleger)
      • beim Lesen („Studentenellenbogen“)
      • bei bestimmten Sportarten (Ringen).
  • Septische Entzündung
    • direkte Kontamination mit Bakterien durch Hautläsion
      • in etwa 85 % der Fälle S. aureus3
    • hämatogene Streuung (selten)
  • Sekundär kann die Bursitis bei Systemerkrankungen auftreten, z. B. bei Gicht oder rheumatoider Arthritis.

ICPC-2

  • L87 Bursitis/Tendinitis/Synovitis NNB

ICD-10

  • M70.2 Bursitis olecrani

Diagnostik

Diagnostische Kriterien

  • Sehr variables Krankheitsbild von schmerzloser Schwellung bis zu septischem Verlauf mit schwerem Krankheitsgefühl
  • Die Unterscheidung zwischen septischer und aseptischer Bursitis erfolgt anhand des klinischen Erscheinungsbilds, Blutuntersuchungen und Punktion der Bursa mit Analyse des Aspirats.2
  • Cave: Bei eindeutigem klinischem Erscheinungsbild einer aseptischen Bursitis kann auf die Punktion (Gefahr der iatrogenen Infektion) und Blutuntersuchung verzichtet werden!

Differenzialdiagnosen

Anamnese

  • Die Schwellung tritt oft akut oder subakut auf.
  • Während die septische Bursitis in der Regel schmerzhaft ist, geht die aseptische Bursitis meistens mit Schmerzlosigkeit einher.1
  • Es sollte nach Traumata, beruflichen oder sportlichen Belastungen und Vorerkrankungen (Rheuma? Gicht?) gefragt werden.

Klinische Untersuchung

  • Bei allen Formen der Bursitis ist eine Schwellung über dem Olekranon apparent.
  • Bei chronischer Bursitis sind manchmal „reiskörnerartige“ Veränderungen in der Bursa zu tasten.
  • Für eine septische Bursitis sprechen:2
    • Körpertemperatur > 37,8 °C
    • Temperaturdifferenz über der Bursa im Seitenvergleich > 2,2 °C
    • Hautläsionen über der Bursa (als Eintrittspforte für Bakterien).

Ergänzende Untersuchungen in der Hausarztpraxis

Labor

Diagnostik bei Spezialist*innen

Punktion der Bursa unter sterilen Bedingungen

  • Kann bei entsprechender Erfahrung und Vorhandensein eines sterilen Eingriffsraums auch in der Hausarztpraxis erfolgen.
  • Goldstandard zur Diagnosesicherung
    • makroskopisch bereits Hinweise auf Ätiologie
      • hämorrhagisch: traumatische Bursitis
      • purulent, trüb: septische Bursitis
    • Zellzahl 
      • > 3.000 Leukozyten/µl bei septischer Bursitis
    • mikrobiologische Untersuchung zur Erregerbestimmung und Resistenztestung
  • Gleichzeitig Entlastung der Bursa durch die Punktion und damit Schmerzlinderung

Röntgen

  • Röntgenaufnahme des Ellenbogengelenks in den zwei Standardprojektionen (antero-posterior und lateral) zum Ausschluss begleitender Knochenverletzungen

 Ultraschall

  • Volumenbestimmung der Bursa, bei Bursitis deutlich vergrößert4
  • Entzündungszeichen sind z. B. eine Proliferation der Synovia oder ein deutlich erhöhter Blutfluss.4

MRT

  • Spielt in der Diagnostik nur untergeordnete Rolle.
    • Einsatz zum Ausschluss einer Osteomyelitis bei ausgeprägter septischer Bursitis oder zur präoperativen Planung

 Indikationen zur Überweisung/Klinikeinweisung

  • Überweisung zu Spezialist*in
    • bei unzureichender Erfahrung mit Punktion der Bursa oder fehlendem sterilem Eingriffsraum
    • bei therapieresistenten Beschwerden
  • Einweisung
    • bei Verdacht auf systemische Infektion

Therapie

Therapieziele

  • Schmerzen lindern.
  • Systemische Infektion bei septischer Bursitis durch frühzeitige Antibiotikagabe verhindern.

Allgemeines zur Therapie

  • Die Unterscheidung zwischen septischer und aseptischer Bursitis ist entscheidend für die Auswahl der Therapie und eine gute Prognose.

Therapie bei aseptischer Bursitis

  • Konservatives Procedere nach PRICE-Schema
    • Protection
      • kurzfristige Ruhigstellung in Oberarmschiene (<  1 Woche)
    • Rest
      • Vermeidung von Belastungen des Ellenbogengelenks
    • Ice
      • regelmäßiges Kühlen
    • Compression
      • Kompressionsverband bei Schwellung
    • Elevation
      • Hochlagern des schmerzhaften Ellenbogens
  • Bei Bedarf analgetische Therapie mit NSAR

Therapie bei chronischer aseptischer Bursitis

  • Bei Versagen der konservativen Maßnahmen Punktion zur Entlastung mit anschließendem Kompressionsverband für 3 Tage
  • Andere Autor*innen fanden keinen signifikanten Vorteil der Punktion und empfehlen eine reine Kompressionstherapie mit kurzzeitigem Einsatz von NSAR.5
  • Als Ultima Ratio vollständige operative Bursektomie2

Therapie nach traumatischer Bursaeröffnung

  • Vollständige Bursektomie mit Wunddébridement unter Schonung umliegender Strukturen innerhalb von 12–72 Stunden
  • Antibiotikatherapie bei septischer Bursitis und/oder stark kontaminierten Wunden

Therapie bei septischer Bursitis

  • Antibiotikatherapie mit penicillinasefestem Penicillin oder Cephalosporin der 1. Generation über 2 Wochen oral 
  • Mögliche Therapieschemata
    • Flucloxacillin 1.000 mg 1-1-1 (Patient*innen > 14 Jahre)
    • Cefalexin 500 mg 1-1-1 (Patient*innen > 14 Jahre)
      • Cave: Jeweils auch die Fachinformation bezüglich Kontraindikationen, Dosisanpassungen und Wechselwirkungen beachten!
    • Anpassung der Antibiose nach vorliegendem Resistogramm
  • Bei systemischer Infektion oder immunsupprimierten Patient*innen intravenöse Antibiose über 7–10 Tage mit nachfolgender oraler Antibiose über 2 Wochen
  • Nach Möglichkeit sollte auf einen operativen Eingriff verzichtet werden.2
    • signifikant schlechtere Ergebnisse als konservative Therapie6
    • Ursache: erhöhtes Komplikationsrisiko (z. B. Wundheilungsstörungen) bei akut entzündetem Gewebe
  • Indikationen für operative Bursektomie
    • systemische Entzündungszeichen, Sepsis
    • Weichteilnekrosen

Therapie der Bursitis bei rheumatischen Erkrankungen

  • Optimale Behandlung der Grunderkrankung
  • Ansonsten Vorgehen analog zu den o. g. Therapieempfehlungen

Prävention

  • Eine angemessene Behandlung von Wunden und Hautinfektionen im Ellenbogenbereich kann einer bakteriellen Infektion vorbeugen.
  • Vermeidung von repetitiven Druckbelastungen durch z. B. Ellenbogenschoner

Verlauf, Komplikationen und Prognose

Verlauf

  • Die aseptische Bursitis ist selbstlimitierend und heilt regelhaft unter konservativen Therapiemaßnahmen aus.
  • Rezidive sind leider häufig. 
  • Eine septische Bursitis kann unbehandelt in einer lebensgefährdenden Sepsis münden.

Komplikationen

  • Bei der bakteriellen Bursitis kann es in Ausnahmefällen zu einer Sepsis und/oder bakteriellen Arthritis kommen.
  • Fistelbildung
  • Rezidive
  • Weichteildefekte
  • Wundheilungsstörungen
  • Iatrogene Infektion durch Punktion unter nichtsterilen Bedingungen

Prognose

  • Im Allgemeinen gut

Patienteninformationen

Worüber sollten Sie die Patient*innen informieren?

  • Über die hohe Rezidivhäufigkeit
  • Sofortige Wiedervorstellung bei Fieber und/oder Krankheitsgefühl zum Ausschluss einer septischen Bursitis

Patienteninformationen in Deximed

Illustrationen

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Bursitis olecrani

Quellen

Literatur

  1. Reilly D, Kamineni S. Olecranon bursitis. J Shoulder Elbow Surg 2016; 25: 158-67. link.springer.com
  2. Baumbach SF, Lobo CM, Badyine I et al. Prepatellar and olecranon bursitis: literature review and development of a treatment algorithm. Arch Orthop Trauma Surg 2014; 134: 359-70. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  3. Perez C, Huttner A, Assal M, et al. Infectious olecranon and patellar bursitis: short-course adjuvant antibiotic therapy is not a risk factor for recurrence in adult hospitalized patients. Journal of Antimicrobial Chemotherapy 2010; 65(5): 1008-14. academic.oup.com
  4. Blankstein A, Ganel A, Givon U, et al. Ultrasonographic Findings in Patients with Olecranon Bursitis. Ultraschall Med 2006; 27(6): 568-71. www.thieme-connect.com
  5. Kim JY, Chung SW, Kim JH, et al. A randomized trial among compression plus nonsteroidal antiinflammatory drugs, aspiration, and aspiration with steroid injection for nonseptic olecranon bursitis. Clin Orthop Relat Res. 2015 Oct 13. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
  6. Sayegh ET, Strauch RJ. Treatment of olecranon bursitis: A systematic review. Arch Orthop Trauma Surg 2014; 134(11): 1517-36. pubmed.ncbi.nlm.nih.gov

Autor*innen

  • Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung, Innere Medizin, Frankfurt

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