Akute Rückenschmerzen

Rückenschmerzen sind sehr häufig. Die meisten Menschen erleben in ihrem Leben mehrere Episoden mit starken Rückenschmerzen. Rückenschmerzen sind in der Regel vorübergehend. Versuchen Sie, sich weitestgehend normal zu verhalten – das ist die beste Behandlung.

Wie verbreitet sind Rückenschmerzen?

Rückenschmerzen sind weit verbreitet. 60–80 % der Bevölkerung leiden ein oder mehrere Male in ihrem Leben an Rückenschmerzen. Über einen Zeitraum von 12 Monaten leiden ca. 50 % der Bevölkerung an solchen Beschwerden, und zu jedem Zeitpunkt geben 5–15 % an, an Rückenschmerzen zu leiden. Es handelt sich also um eine Volkskrankheit. Rückenschmerzen können akut oder chronisch auftreten. Akut bedeutet, dass der Schmerz weniger als drei Monate anhält. Viele Menschen erleben im Laufe ihres Lebens mehrere Episoden mit akuten Rückenschmerzen. 

Wirbelsäule

Der Rücken ist grundsätzlich kräftig und kann einiges aushalten. Er ermöglicht es dem Menschen, aufrecht zu gehen und schützt die Nervenstränge im Rückenmark. Der Rücken besteht aus 7 Halswirbeln, 12 Brustwirbeln und 5 Lendenwirbeln. Zwischen den Wirbeln befinden sich die Bandscheiben, die aus Knorpel bestehen und in ihrer Mitte ein „Polster“ aus weichem Material vorweisen. Zwischen zwei Wirbeln befinden sich seitliche Gelenke, die Bewegungen ermöglichen und für Stabilität sorgen. Mehrere Muskelschichten sorgen für Stabilität und Beweglichkeit.

Über die Jahre treten normale, altersbedingte Veränderungen auf, insbesondere in den Bandscheiben. Sie werden dünner und können Risse bekommen. Manchmal wird der Inhalt in der Mitte der Bandscheiben durch solche Risse herausgedrückt und drückt auf eine oder mehrere Nervenwurzeln im Rücken- oder Nervenkanal. Solches herausgepresstes Material wird Bandscheibenvorfall genannt. Bis zu 35 % der Bevölkerung haben einen Bandscheibenvorfall, oft aber ohne Schmerzen.

Ursachen

Oft ist nicht mit Sicherheit festzustellen, warum jemand an Rückenschmerzen leidet. Folgende Ursachen kommen infrage: schweres Heben und Verdrehen, einseitige Belastung, schlechte körperliche Verfassung und andauernde Bewegungsarmut, Unzufriedenheit und Probleme am Arbeitsplatz oder im häuslichen Umfeld, geerbte Anfälligkeit. Oft liegt eine Kombination verschiedener Ursachen vor.

Wie entstehen die Schmerzen?

In den meisten Fällen lassen sich die Schmerzen nicht genau lokalisieren. Oftmals liegt ein recht harmloses Rückenproblem vor, das gemeinhin als Hexenschuss oder Lumbago bezeichnet wird. Dieser kann allerdings sehr schmerzhaft sein. Eine andere Möglichkeit ist ein Bandscheibenvorfall, der auf eine Nervenwurzel drückt, was zu einer Reizung führt. In einem zu engen Nervenwurzelkanal kann die Nervenwurzel wegen Abnutzung und altersbedingten Veränderungen eingeklemmt werden (besonders im Bereich der Querfortsätze). Oft verspannen sich die Muskeln und beginnen zu schmerzen.

In seltenen Fällen können andere (potenziell schwerwiegende) Krankheiten dahinter stecken, beispielsweise ein Wirbelbruch, Tumore oder Infektionen/rheumatische Entzündungen. Dies betrifft jedoch nur einen geringen Prozentsatz der Fälle.

Auf dieser Grundlage können Rückenschmerzen wie folgt eingeteilt werden:

  1. gewöhnliche (unspezifische) Rückenschmerzen und Hexenschuss (80–90 %).
  2. Nervenwurzelschmerzen mit Ausstrahlung unterhalb des Knies, meist wegen eines Bandscheibenvorfalls oder verengtem Nervenwurzelkanal (10 %) (Ischias ist nur eine Bezeichnung für Schmerzen mit Ausstrahlung entlang des Hauptnervs in den Fuß).
  3. Mögliche andere und seltene Erkrankung (Tumor, Knochenbruch, rheumatische Erkrankung) (1–5 %).

Was können Sie selbst tun?

Die folgenden Hinweise basieren auf dem aktuellen Stand der Forschung:

  1. Die Heilung des Rückens wird am besten angeregt, indem Sie Ihren Tätigkeiten so normal wie möglich nachgehen. Alltägliche Aktivitäten und Arbeit sollten daher so bald wie möglich wieder aufgenommen werden. Manchmal kann eine kurzzeitige Krankschreibung eine Lösung darstellen. Es ist weder schädlich noch gefährlich, wenn sie bei Ihren Tätigkeiten Schmerzen empfinden.
  2. Sie sollten so wenig wie möglich liegen. Der Schmerz kann so stark werden, dass Sie bettlägerig werden (insbesondere bei Nervenwurzelschmerzen). Achten Sie jedoch darauf, dass die Bettlägerigkeit nicht zu lange andauert. Bettruhe an sich ist kein Behandlungsansatz, und der Rücken wird nicht im Liegen geheilt.
  3. Die Beschwerden können mit Medikamenten wirkungsvoll behandelt werden, teilweise sind diese Mittel nicht verschreibungspflichtig und Sie können sich selbst damit aus der Apotheke versorgen. Wenn Sie Schmerzmittel einnehmen, sollten diese etwa 3–4 Mal täglich in regelmäßigen Abständen eingenommen werden.
  4. Seien Sie optimistisch und denken Sie daran, dass keine Gefahr besteht. Zusammen mit körperlicher Betätigung werden durch eine solche Einstellung die Selbstheilungskräfte des Körpers angeregt.

Wann sollten Sie Hilfe aufsuchen?

Selbst starke Schmerzen bedeuten selten, dass eine ernste Erkrankung vorliegt. Allerdings sollten Sie Hilfe aufsuchen, wenn

  • Sie beunruhigt sind.
  • die Schmerzen stark sind, und weder Schmerzmittel noch Entlastung des Rückens den Schmerz erträglich machen.
  • Sie eine Krankschreibung benötigen oder die Schmerzen nicht rasch abnehmen.
  • Sie eine Schwächung der Muskeln feststellen.
  • Sie Probleme beim Wasserlassen oder Taubheit im Schritt feststellen (dies kann durch einen großen Bandscheibenvorfall hervorgerufen werden, der innerhalb von 24 Stunden operiert werden muss).
  • Sie einen unbeabsichtigten Gewichtsverlust feststellen oder sich allgemein krank fühlen.

Was können die Ärzt*innen tun?

  • Eine Untersuchung durchführen, um festzustellen, ob „allgemeine Rückenschmerzen“ oder Nervenwurzelschmerzen aufgrund von Bandscheibenvorfällen oder eine Verengung des Rückenkanals vorliegen. Es muss auch ausgeschlossen werden, dass Sie zu der seltenen Gruppe mit zugrunde liegender, schwerer Krankheit gehören.
  • In einigen Fällen ist es notwendig, Bluttests durchzuführen und Röntgenaufnahmen zu machen. Es wird jedoch nicht routinemäßig geröntgt, außer wenn der Schmerz sich über 4–6 Wochen kaum verändert. Dies gilt sowohl für gewöhnliche Rückenschmerzen und Nervenwurzelschmerzen/Verdacht auf Bandscheibenvorfall. Durch Röntgen können nur bei einer Minderheit der Patient*innen Ursachen für die Rückenschmerzen nachgewiesen werden. Betroffene sollten nicht einer unnötigen Belastung durch Röntgenstrahlen ausgesetzt werden.
  • Erklären, welche Art von Erkrankung vorliegt, und Sie darüber informieren, was Sie selbst unternehmen können.
  • Adäquate Schmerzmittel verschreiben.
  • Einschätzen, ob Sie arbeitsfähig sind, oder mit dem Arbeitgeber eine Absprache treffen bezüglich der Tätigkeiten, die sie ausführen können. Patienten, die regelmäßigen Tätigkeiten einschließlich ihrer Arbeit nachgehen können, werden schneller gesund.
  • Beurteilen, ob eine Manipulationsbehandlung (manuelle Therapie) nützlich sein kann, wenn sich Ihr Zustand ca. 1–2 Wochen nicht verbessert. Eine solche Behandlung wird durch Chiropraktiker*innen oder Physiotherapeut*innen mit Sonderausbildung in manueller Therapie durchgeführt. Die Behandlung kann Schmerzen lindern und ihre Beweglichkeit verbessern.
  • Beurteilen, ob ein chirurgischer Eingriff vonnöten ist, falls sie Nervenwurzelschmerzen haben. Dies betrifft nur ein paar Prozent der Patient*innen, die meisten verspüren rasch eine Besserung und benötigen keine Operation.
  • Einschätzen, ab wann (nach ca. 4–6 Wochen) ein Übungs- oder Betätigungsprogramm bei Physiotherapeut*innen sinnvoll ist.
  • Nachsorge mit Kontrollen, um sicher zu gehen, dass sich alles korrekt entwickelt. Wenn Sie gewöhnliche Tätigkeiten nicht wieder aufnehmen können, sollten Sie Ihre Lebenssituation überdenken. Vielleicht herrschen über die Rückenschmerzen hinaus Verhältnisse in Ihrem Leben, die eine Genesung verhindern.
  • Wenn Sie schwere, andauernde Beschwerden haben (über 8–12 Wochen), kann eine Überweisung in eine Rückenklinik oder zum Facharzt erforderlich sein.

Wann bessern sich die Beschwerden?

Der Zustand der meisten Betroffenen mit akuten Rückenschmerzen bessert sich mit oder ohne Behandlung nach wenigen Wochen.
Wenn Nervenwurzelschmerzen vorliegen kann es länger dauern, manchmal bis zu mehreren Monaten. Einige erleben innerhalb von 1–2 Jahren eine Rückfall. Viele Patient*innen klagen zwischendurch über geringe Schmerzen, was aber nicht ungewöhnlich oder gefährlich ist. Die Kunst besteht darin, die Beschwerden meistern zu lernen.

Können Sie solchen Rückenbeschwerden vorbeugen?

Es ist unmöglich, allgemeingültige Ratschläge zu erteilen. Es gibt wenige Forschungsergebnisse zu Präventionsmaßnahmen, aber einige Empfehlungen können dennoch gegeben werden, die in vielen Fällen nützlich sind – besonders, um Rückfälle zu vermeiden:

  • Versuchen Sie, durch spaßbetonte körperliche Betätigung und abwechslungsreichen Aktivitäten in Form zu bleiben. Finden Sie heraus, welche Form von Betätigung zu Ihnen passt. Der Rücken ist darauf ausgelegt, in Bewegung zu sein; er ist grundsätzlich kräftig und kann viel ertragen.
  • Bewegen Sie sich 20–30 Minuten am Tag, z. B. Gehen, Radfahren oder Schwimmen.
  • Vermeiden Sie langes Sitzen, vor allem, wenn Sie Schmerzen verspüren.
  • Viele Menschen haben Freude an einem Trainingsprogramm, das Dehnübungen und abwechslungsreiche Muskelaktivitäten umfasst.
  • Heben und tragen Sie nur Gegenstände, von denen Sie wissen, dass sie Sie tragen können. Tragen Sie sie Körpernah.
  • Versuchen Sie eine möglicherweise schwierige Arbeits- oder Lebenssituation zu ändern.
  • Und denken Sie daran: Wohlbefinden und Freude sind auch für den Rücken von Vorteil!

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Autor*innen

  • Caroline Beier, Dr. med., Fachärztin für Allgemeinmedizin, Hamburg

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References

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