Was ist vorzeitiger Blasensprung?
Der Fötus schwimmt im Fruchtwasser der Gebärmutter in einem durchsichtigen Sack (Fruchtblasenhaut), der verhindert, dass das Fruchtwasser ablaufen kann. Das Fruchtwasser dient dem Schutz des Kindes. Bei der Geburt reißt diese Haut, und das Fruchtwasser läuft ab. Beim vorzeitigen Blasensprung beginnt das Fruchtwasser abzulaufen, ohne dass Anzeichen einer Geburt bestehen. Bei 6 bis 12 % der Schwangeren treten bis zu einer Stunde nach Ablaufen des Fruchtwassers noch keine Wehen auf.
Der vorzeitige Blasensprung bedeutet, dass das Fruchtwasser drei Wochen vor Ende der Schwangerschaft oder früher ausläuft. Ein vorzeitiger Blasensprung führt bei etwa 3 % der Schwangerschaften zu Komplikationen und löst ein Drittel aller Frühgeburten aus.
Ursache
Man findet oft keine Ursache für den vorzeitigen Blasensprung, aber eine Reihe von Faktoren können diesen Zustand auslösen, wie lokale Entzündung der Fruchtblasenhaut, Fehler am Gebärmutterhals, Entzündungen der Scheide oder des Gebärmutterhalses, Vergrößerungen der Gebärmutter und eine anormale Funktion der Fruchtblasenhaut.
Bei wem kann der vorzeitige Blasensprung möglich sein?
Der vorzeitige Blasensprung ist eine seltene Komplikation, deren Ursache unbekannt ist. Wenn Sie rauchen, eine sexuell übertragbare Krankheit haben oder früher bereits einen vorzeitigen Blasensprung hatten, dann sind Sie dafür mehr gefährdet. Ein erhöhtes Risiko besteht auch, wenn Sie in der Schwangerschaft kürzlich eine Scheidenblutung hatten. Mehrlingsschwangerschaften beinhalten ebenso ein erhöhtes Risiko, da sich die Gebärmutter weiter vergrößert.
Bestimmte ärztliche Maßnahmen können ebenfalls Einfluss nehmen. Riskant ist, wenn zum Beispiel der Gebärmutterhals zur Verhinderung einer Frühgeburt verschlossen wird (Cerclage), oder wenn man durch Anstechen der Fruchtblase eine Fruchtwasserprobe entnimmt.
Welche Probleme birgt der vorzeitige Blasensprung?
In manchen Fällen kann der vorzeitige Blasensprung dazu führen, dass die Nabelschnur eingeklemmt und damit die Blutversorgung des Kindes gefährdet wird. Es können auch Bakterien in die Gebärmutter eindringen und zur Infektion von Mutter und Kind führen. Ein vorzeitiger Blasensprung kann zur Frühgeburt führen, wodurch wiederum eine Gefahr für Hirnschäden und Atemprobleme beim Neugeborenen entsteht, da die Lungen noch nicht ausgereift sind.
Diagnose
Bei einem Wasserabgang ist sich die Schwangere dieser Tatsache oft bewusst. Es treten große Mengen einer durchsichtigen, etwas gelblichen Flüssigkeit aus der Scheide aus. Manche halten dies zuerst für Urinleckage, spüren aber, dass ein Toilettenbesuch die Flüssigkeit nicht stoppt.
Der Arzt muss darüber informiert werden, wenn Sie Wehen verspüren, eine Scheidenblutung hatten, ob Sie vorher Sex hatten oder Fieber. Sie werden dann gynäkologisch untersucht und es wird festgestellt, inwieweit sich der Gebärmutterhals geöffnet hat. Dies ist ein Zeichen für den Beginn der Geburt. Der Arzt versucht eine Untersuchung mit den Händen zu vermeiden, damit keine Bakterien in die Gebärmutter gelangen.
Beim verfrühten Abgang des Fruchtwassers in der Schwangerschaft soll die Schwangere auf eine Entbindungsstation überwiesen werden. Sie wird dann vorsichtig mit sterilen Instrumenten untersucht, damit keine Bakterien in die Gebärmutter gelangen. Im Krankenhaus werden die Schwangere und der Fötus sorgfältig überwacht. Veränderungen in der Hirnaktivität des Fötus und erhöhte Temperatur oder CRP bei der Mutter werden als Zeichen einer Infektion gedeutet.
Behandlung
Die Behandlung einer Schwangeren mit vorzeitigem Blasensprung zielt darauf ab, eine nicht ausgereifte Schwangerschaft zu verlängern. Man versucht gleichzeitig, möglichen Infektionen durch die Scheide vorzubeugen, die sowohl den Fötus als auch die Schwangere gefährden.
Bei einem Wasserabgang zwischen der 20. und 34. Woche und keinerlei Anzeichen einer Infektion verordnet man der Schwangeren Bettruhe und gibt ihr eventuell Wehenhemmer. Möglicherweise verabreicht man Kortison, um die Lungenentwicklung des Fötus zu fördern. Bei Anzeichen einer Infektion wird die Entbindung angestrebt.
Bei einem Wasserabgang nach der 34. Woche lässt man die Frau innerhalb von 24 Stunden normal oder mit Kaiserschnitt gebären.
Eine vorbeugende Behandlung mit Antibiotika ist dann relevant, wenn Bakterien vom Typ beta-hämolytischen Streptokokken in der Scheide nachgewiesen werden. Alle Schwangeren, die aufgrund vorzeitigen Blasensprungs ins Krankenhaus eingewiesen werden, werden daraufhin untersucht.
Weiterführende Informationen
Autoren
- Philipp Ollenschläger, Medizinjournalist, Köln
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References
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