Zusammenfassung
- Definition:Schwangerschaft bei präkonzeptionell bekanntem Typ-1- und Typ-2-Diabetes. In Abgrenzung dazu Gestationsdiabetes, der erstmalig in Schwangerschaft auftritt.
- Häufigkeit:Ca. 1 % der Schwangeren.
- Symptome:Hypo- und Hyperglykämiesymptome können wie entsprechend außerhalb der Schwangerschaft auftreten. Schwangerschaftserbrechen erschwert Blutzuckerregulation insbesondere in Frühschwangerschaft.
- Befunde:Striktes Blutzuckermonitoring essenziell.
- Diagnostik:Präkonzeptionell bekannter Diabetes mellitus.
- Therapie:Medikamentöse Therapie mit Insulin. Begleitend Lifestyle-Modifikation mit Ernährungs- und Bewegungstherapie.
Allgemeine Informationen
Definition
- Schwangerschaft bei präkonzeptionell bekanntem Typ-1- und Typ-2-Diabetes
- Der Anteil Schwangerer mit Typ-2-Diabetes unter allen Schwangeren mit präexistentem Diabetes wird auf 10–30 % geschätzt.
- In Abgrenzung dazu Gestationsdiabetes, der erstmalig in der Schwangerschaft auftritt und in der Regel mit Beendigung der Schwangerschaft verschwindet.
Häufigkeit
- Prävalenz
- Ca. 1 % aller Schwangeren
- Keine relevante Änderung in den letzten 10 Jahren
- Große Neugeborene
- Betroffene Mütter gebären große Kinder (> 4.000 g) in 15–45 % der Fälle.1
- Korrelation zwischen Geburtsgewicht und Glukosespiegel der Mutter
Ätiologie und Pathogenese
Prädisponierende Faktoren
- Diabetes generell
- Vorkommen von Typ-1- oder Typ-2-Diabetes bei Eltern oder Geschwistern
- Body Mass Index (BMI = Gewicht/Körpergröße2) höher als 27 kg/m2
- Zur Pathogenese siehe weitere Informationen in den Artikeln zu Typ-1-Diabetes und Typ-2-Diabetes.
ICD-10
- O24 Diabetes mellitus in der Schwangerschaft
- O24.0 Vorher bestehender Diabetes mellitus, Typ 1
- O24.1 Vorher bestehender Diabetes mellitus, Typ 2
Diagnostik
Diagnostische Kriterien
- Screening auf Schwangerschaftsdiabetes (Gestationsdiabetes) erfolgt nur bei bisher nicht bekanntem Diabetes.
- Bei präkonzeptionell bekanntem Diabetes soll kein oraler Glukosetoleranztest in der Schwangerschaft durchgeführt werden.
Differenzialdiagnosen
- Glukosurie ohne Diabetes
- Glukosurie tritt physiologisch bei der Mehrzahl aller Schwangeren auf und ist deshalb ein unzuverlässiger Marker.
Anamnese
- Vorbekannter Typ-1- oder Typ-2-Diabetes
- Frage nach Schwangerschaftserbrechen, da dies die Stoffwechseleinstellung erschwert.
- Bisherige medikamentöse Therapie?
- Stoffwechseleinstellung: HbA1c bekannt?
Klinische Untersuchung
- Symptome einer Hypo- oder Hyperglykämie können entsprechend dem präkonzeptionell bekannten Diabetes auftreten.
- Die Stoffwechseleinstellung kann sich in der Schwangerschaft aufgrund hormoneller Umstellungen als schwieriger erweisen, häufigere Blutzuckerkontrollen sind notwendig.
Diagnostik bei Spezialist*innen
Keton-Bestimmung
- Zur Regulierung der Gewichtszunahme bei adipösen Schwangeren ist evtl. eine moderate Kalorienrestriktion sinnvoll.
- Kalorienreduktion von 30–33 % des Tagesenergiebedarfs bei Adipositas führt in der Regel zur Verbesserung der Blutglukosespiegel ohne Anstieg der freien Fettsäuren im Plasma oder einer Ketonämie.
- Bei Kalorienreduktion regelmäßige Kontrollen des Morgenurins auf Ketonkörper
- Ketonurie vermeiden und ggf. Kalorienmenge (mind. 1.600–1.800/d) bzw. Kohlenhydratanteil (mind. 175 g/d) anheben.
Sonografische Untersuchungen
- Über die regulären sonografischen Screening-Untersuchungen (je eine Untersuchung in 8.–11. SSW, 18.–21. SSW und 28.–31. SSW) hinaus können weitere sonografische Untersuchungen zur Überwachung der Schwangerschaft angezeigt sein.
- Grund: erhöhte Rate für Herzfehlbildungen und Neuralrohrdefekte
- pränatale Ultraschalluntersuchung des Herzens des Fetus
- Angeborene Herzfehlbildungen bei Feten diabetischer Mütter sind häufiger als bei Feten nichtdiabetischer Mütter (3,6 % gegenüber 1 %).2
- Die pränatale Diagnostik verbessert die Prognose für Herzfehlbildungen beim Feten.
- Biometrie
- in 2- bis 3-wöchigen Abständen
- bei auffälligem Wachstumsverhalten (Makrosomie, intrauterine Wachstumsretardierung) in entsprechend kürzerem Intervall
- Vor allem der Abdomenumfang ist ein wichtiger Parameter zur Erfassung einer diabetogenen Makrosomie.
Kardiotokografie(CTG)-Kontrollen
- Bei diätetisch eingestellten Schwangeren erst mit Erreichen des Geburtstermines erforderlich
- Eine wöchentliche CTG-Kontrolle ab 36+0 SSW mit auf die individuelle Situation angepasster Frequenz kann erwogen werden.
- Bei Insulintherapie und bei Schwangeren mit Typ-1-Diabetes mellitus
- ab 32. SSW
- Frequenz auf die individuelle Situation angepasst
Indikationen zur Überweisung
- Die Betreuung schwangerer Frauen erfolgt in der Regel in der gynäkologischen Praxis.
- Parallel suchen viele Frauen jedoch auch ihre Hausarztpraxis auf, sodass das Wissen über Schwangerschaftsproblematiken von Nutzen ist.
- Schwangere Patientinnen mit präexistentem Diabetes sollten interdisziplinär von gynäkologischen und diabetologischen Spezialist*innen betreut werden.
Therapie
Therapieziele
- Komplikationen für Schwangere und Kind verhindern.
Stoffwechselziele allgemein
- Die Stoffwechselziele sind bei Typ-1- oder Typ-2-Diabetes durch ein HbA1c von < 7 %, idealerweise < 6,5 % definiert. Diese Werte sollen unbedingt bereits bei Kinderwunsch erreicht werden, während der Schwangerschaft soll der HbA1c-Wert nach Möglichkeit im Referenzbereich für Gesunde der jeweils lokal verwendeten Labormethode liegen.
- Das Risiko für Spontanaborte und fetale Fehlbildungen korreliert mit der Qualität der Stoffwechseleinstellung zum Zeitpunkt der Konzeption.
- Die Qualität der Blutglukose-Selbstmessung durch die Schwangere regelmäßig mit gerätespezifischen Kontrolllösungen oder Laborvergleichsmessungen überprüfen.
Blutglukosezielwerte
- Blutglukose-Selbstmessungen sind zumindest als 6-Punkte-Tagesprofile indiziert: direkt vor und 1 Stunde nach den Hauptmahlzeiten, vor dem Schlafengehen (ca. 22–23 Uhr), sowie gelegentlich nächtlich zwischen 2 und 4 Uhr und zusätzlich bei Unsicherheiten, wie z. B. bei hypoglykämischen Symptomen.
- Blutglukose-Zielwerte während der Schwangerschaft
- nüchtern und präprandial: 65–95 mg/dl (3,8–5,2 mmol/l)
- 1 Stunde nach Beginn der Mahlzeit: ≤ 140 mg/dl (≤ 7,7 mmol/l)
- 2 Stunden nach Beginn der Mahlzeit: ≤ 120 mg/dl (≤ 6,6 mmol/l)
- Bei Nutzung eines CGMS (kontinuierliches Glukosemonitoring) sollte bei schwangeren Frauen mit Typ-1-Diabetes eine TIR (Time-in-Range: 63–140 mg/dl [3,5–7,7 mmol/l]) der Sensorglukose von mindestens > 70 % angestrebt werden.
Allgemeines zur Therapie
- Sofern diätetische Maßnahmen nicht mehr ausreichen, um die Blutglukose suffizient zu kontrollieren, ist eine Behandlung mit Insulin eine effektive und nebenwirkungsarme Möglichkeit und Therapie der Wahl.
- Für Frauen mit Diabetes mellitus sind das Erreichen und die Aufrechterhaltung einer möglichst normoglykämischen Stoffwechsellage vor und während der Gravidität bis zur Geburt entscheidend.
- Dazu muss die Insulintherapie laufend an die wechselnden Erfordernisse aufgrund einschneidender Veränderungen im Glukosestoffwechsel im Schwangerschaftsverlauf angepasst werden.
- Der Insulinbedarf steigt ab dem 2./3. Trimenon um 50–100 %, bei adipösen Patientinnen mit Typ-2-Diabetes ist oft ein noch größerer Anstieg zu erwarten.
Medikamentöse Therapie
Optimale Insulinstrategie
- Als optimale Therapie gelten die ICT/funktionelle Insulintherapie oder die kontinuierliche subkutane Insulininfusion (CSII, „Pumpentherapie“).
- Beide Therapieformen sind bei entsprechender Schulung als gleichwertig bezüglich der Schwangerschaftsergebnisse einzustufen, wesentlich sind eine perfekte Handhabung und im Zielbereich liegende Blutglukosewerte.
Wahl des Insulinpräparates
- Zur Therapie von Schwangeren mit präexistentem Typ-1- oder Typ-2-Diabetes sollen Humaninsuline (Normalinsulin, Humaninsuline mit Verzögerungsprinzip) oder Insulinanaloga (kurzwirksame, langwirksame) eingesetzt werden.
- Werden strenge Therapieziele angestrebt, sollte der Einsatz kurzwirksamer und langwirksamer Insulinanaloga erwogen werden, da im Vergleich zu Normalinsulinen mit Vorteilen hinsichtlich HbA1c-Absenkung und einem geringeren Risiko für Hypoglykämien zu rechnen ist.
- Schwangere, die auf die kurzwirksamen Insulinanaloga oder auf die langwirksamen Insulinanaloge Insulin eingestellt sind, sollten diese nach entsprechender Aufklärung über die Stoffwechselziele weiterverwenden, da gegenüber Humaninsulinen keine Nachteile bekannt geworden sind.
- Intensivierte konventionelle Insulintherapie (ICT)
- definiert als Gabe von mindestens 3 Insulininjektionen pro Tag
- gekennzeichnet durch eine Substitution von basalem Insulinbedarf mit langwirkendem Basalinsulin und prandialem Insulinbedarf mit kurzwirksamem Bolusinsulin zu den Mahlzeiten (Basal-Bolus-Prinzip)
- Kontinuierliche subkutane Insulininfusion (CSII)
- Die Insulinpumpe (Katheter im Unterhautfettgewebe) gibt regelmäßig kleine Mengen schnell wirksames Insulin ab.
- zusätzlicher Bolus zu Mahlzeiten oder bei Bedarf per Knopfdruck
Orale Antidiabetika
- Zunehmende Erforschung von oralen Antidiabetika in der Schwangerschaft, aber derzeit nicht empfohlen.
- Metformin ist bislang am meisten untersucht.
-
kurzfristige Komplikationen für Mutter oder Kind bisher nicht gefunden3
- Langzeitwirkungen nach Exposition in utero nicht bekannt, jedoch sind weitere Studien erforderlich, bevor Metformin empfohlen werden kann.3
- Ist mit Insulin in Bezug auf die glykämische Kontrolle vergleichbar4-6 und könnte eine Alternative sein – allein oder zusätzlich zu Insulin.7
-
Nutzen der konsequenten Diabetes-Therapie
- Eine strenge glykämische Kontrolle ist wichtig zur Vermeidung von Komplikationen bei Mutter und Kind.8
- Kontinuierliche Glukosemessung während der Schwangerschaft führt zu besserer Diabeteseinstellung mit geringeren HbA1c-Werten in den Wochen 32–36 (HbA1c 5,8 % gegenüber 6,4 %) und deutlicher Risikoreduktion für Makrosomie beim Kind (OR 0,36).9
Folsäure- und Jodprophylaxe
- Eine Folsäure-Einnahme (mindestens 0,4 mg/d, bei anamnestisch vorbekanntem Neuralrohrdefekt 4,0 mg/d) soll 3 Monate vor Absetzung der Kontrazeption bis zum Abschluss des ersten Trimenons erfolgen.
- Substitution von Jod bei Frauen mit Typ-1-Diabetes und Kinderwunsch in der präkonzeptionellen Phase und in der Schwangerschaft soll wie bei stoffwechselgesunden Frauen erfolgen (100–200 μg/d).
Aspirin-Gabe
- Da bei Diabetes mellitus ein erhöhtes Präeklampsie-Risiko besteht, soll jede Patientin individuell über eine ASS-Gabe beraten werden.
- Die Indikationsstellung zur Gabe von Aspirin zur Prophylaxe der Präeklampsie kann auch bei Frauen mit Diabetes risikoadaptiert über ein Präeklampsie-Screening erfolgen oder eine generelle Empfehlung ausgesprochen werden.
- Bei Diabetes und Nephropathie sollte jedoch ASS allen Schwangeren empfohlen werden.
- Wenn bei Frauen mit Diabetes ein unauffälliges Präeklampsie-Screening vorliegt, kann auf eine routinemäßige Aspirin-Therapie verzichtet werden.
- Wenn bei Frauen mit Diabetes eine Gabe von Aspirin zur Prophylaxe einer Präeklampsie erfolgt, soll diese vor der 16+0 SSW begonnen werden, mit 150 mg/d bis zur 35+0 SSW erfolgen und dann abgesetzt werden.
Nichtmedikamentöse Therapie
- Bei schwangeren Patientinnen mit präexistentem Diabetes als Begleitung einer Insulintherapie
- bei Gestationsdiabetes dagegen häufig als alleinige Maßnahme ausreichend
- Grundlage der Therapie
- evidenzbasierte Lifestyle-Modifikationen
- Für ausführliche Informationen siehe Typ-1-Diabetes und Typ-2-Diabetes.
- Ernährungsempfehlungen
- empfohlene Nährstoffverteilung
- Kohlenhydrate: 40–50 %
- Protein: 20 %
- Fett: 30–35 %
- Bevorzugung von Lebensmitteln mit hohem Ballaststoffanteil und niedrigem glykämischen Index
- Vermeidung insbesondere zuckerhaltiger Getränke
- Nahrungsaufnahme auf 5–6 Mahlzeiten pro Tag einschließlich einer Spätmahlzeit aufteilen.
- Moderate Kalorienrestriktion bei übergewichtigen Schwangeren ggf. sinnvoll, Hungerketose soll jedoch vermieden werden.
- empfohlene Nährstoffverteilung
- Körperliche Bewegung
- bei fehlenden Kontraindikationen
- aerobes Ausdauertraining leichter bis mittlerer Intensität oder Krafttraining
- einfachste Art: zügiges Spazierengehen
- mindestens 30 min
- mindestens 3 x wöchentlich
- Körpergewicht
- Gewichtszunahme innerhalb der folgenden Grenzen anstreben (präkonzeptioneller BMI, Gewichtszunahme pro Woche 2. und 3. Trimenon und Gewichtszunahme gesamt in der Schwangerschaft):
- BMI < 18,5: 0,5–0,6 kg/Woche und 12,5–18 kg/gesamt
- BMI 18,5–24,9: 0,4–0,5 kg/Woche und 11,5–16 kg/gesamt
- BMI 25–29,9: 0,2–0,3 kg/Woche und 7–11,5 kg/gesamt
- BMI ≥ 30: 0,2–0,3 kg/Woche und 5–9 kg/gesamt.
- Bei Adipositas kann die Gewichtszunahme auch darunterliegen.
Weitere Therapien
- Eine frühzeitige Entbindung ist angezeigt bei instabilem oder schlecht eingestelltem Diabetes sowie bei Wachstumsretardierung des Fetus.
- Primäre Sectio bei Schätzgewicht > 4.500 g soll erwogen werden.
- Tokolyse, wenn erforderlich, mit Oxytocinantagonisten (Atosiban)
- Eine orale Tokolyse mit Beta-Sympathikomimetika ist obsolet.
- Grund: als Nebenwirkung Anstieg der mütterlichen Blutglukose
- Eine orale Tokolyse mit Beta-Sympathikomimetika ist obsolet.
Entbindung
- Wahl der Entbindungsklinik
- Entbindung in einer Klinik mit besonderer diabetologischer Erfahrung und angeschlossener Neonatalogie
- Schwangere mit insulintherapiertem Diabetes: Entbindung in einem Perinatalzentrum
Verlauf, Komplikationen und Prognose
Verlauf
- Während des 2. und 3. Trimenons steigt der Insulinbedarf deutlich an und fällt nach der Entbindung stark ab.
- Engmaschige Dosisanpassungen sind notwendig.
Komplikationen
Beratung bei Schwangerschaft
- Patientinnen mit bekanntem Diabetes mellitus (Typ-1, Typ-2) sollen über das mit hohem HbA1c bei Konzeption assoziierte erhöhte Risiko für fetale Fehlbildungen unterschiedlichster Art aufgeklärt werden.
- Es soll darauf hingewiesen werden, dass das Risiko im Wesentlichen mit der perikonzeptionellen Stoffwechseleinstellung korreliert und daher eine möglichst normnahe Stoffwechseleinstellung angestrebt werden soll.
Diabetische Embryopathie
- Diabetische Stoffwechsellage während der Organogenese erhöht die Rate von Fehlbildungen (diabetische Embryopathie).
- Das Fehlbildungsrisiko steigt linear mit dem Ausmaß perikonzeptioneller Hyperglykämien.
- Das Fehlbildungsmuster der diabetischen Embryopathie ist unspezifisch (Neuralrohrdefekte, konotrunkale Herzfehler, Omphalozelen, Skelettanomalien, Fehlbildungen der Nieren und ableitenden Harnwege), nur bei einigen sehr seltenen Fehlbildungen (kaudales Regressionssyndrom, Small-Left-Colon-Syndrom) kann eine Assoziation mit dem mütterlichen Diabetes als charakteristisch gelten.
- Während bei prägravidem Diabetes mellitus eine deutlich erhöhte Fehlbildungsrate zu verzeichnen ist, ist diese bei Schwangeren mit Gestationsdiabetes allenfalls geringfügig erhöht.
Diabetische Fetopathie
- Mütterliche Hyperglykämien in der 2. Schwangerschaftshälfte führen zu Symptomen einer diabetischen Fetopathie.
- Dazu zählen nach der Geburt Atemstörungen, Hypoglykämie, Polyglobulie mit Erythroblastose, Hypokalzämie, Hypomagnesiämie und Hyperbilirubinämie.
- Das Ausmaß der Symptome korreliert mit der mütterlichen Stoffwechsellage; selbst grenzwertig erhöhte Blutglukosekonzentrationen können mit einem erhöhten Risiko für Makrosomie, Hypoglykämie und Hyperbilirubinämie einhergehen.
- Neugeborene von Patientinnen mit Diabetes, die einer Insulinbehandlung bedürfen, weisen höhere Raten postnataler Hypoglykämien auf als Neugeborene, deren Mütter nur diätetisch behandelt werden mussten.
- In Abhängigkeit von der Stoffwechseleinstellung steigen Raten von Frühgeburt, intrauterinem Fruchttod, Makrosomie und daraus resultierenden Geburtskomplikationen (Asphyxie, Schulterdystokie, Plexusparesen, Knochenfrakturen).
- Die quantitativ bedeutsamsten Komplikationen nach diabetischer Stoffwechsellage in der Schwangerschaft stellen Hypoglykämien des Neugeborenen dar.
Folgen neonataler Hypoglykämien
- Nach schweren symptomatischen neonatalen Hypoglykämien sind permanente Schäden im Marklager und der grauen Substanz des ZNS beschrieben.
- Hieraus können später zentrale Sehstörungen, Zerebralparesen, psychomotorische Entwicklungsdefizite und Epilepsien resultieren.
- Insbesondere bei Frauen mit Typ-1-Diabetes besteht ein erhöhtes Risiko für Totgeburten sowie ein leicht erhöhtes Risiko für Säuglingstod im Vergleich zu gesunden Schwangeren. Das Gesamtrisiko ist dennoch gering.10
- Mögliche Langzeitfolgen für das Kind:
- Übergewicht
- gestörte Glukosetoleranz
- manifester Diabetes
- metabolisches Syndrom
- Hypertonie
Komplikationen für die Mutter
- Obstetrische Komplikationen
- Spontanabort
- schwangerschaftsinduzierte Hypertonie und Präeklampsie
- Polyhydramnion
- Frühgeburt
- höhere Wahrscheinlichkeit für:
- Geburtseinleitung
- Makrosomien
- Sectiones
- Schulterdystokie
- Dammriss Grad 3 und 4
- schwere (transfusionspflichtige) postpartale Blutung
- Diabetische Krisen
- Hypoglykämie, Ketoazidose, diabetisches Koma
- Vaskuläre Schäden und Organschäden
- Herz, Nieren, Retina, periphere Gefäße
- Neurologische Komplikationen
- periphere und autonome Neuropathie (z. B. gastrointestinale Störungen)
- Erhöhtes Risiko für:
- Harnwegsinfektionen
- Kandida-Infektionen
- Parodontose
Prognose
- Patientinnen mit präexistentem Diabetes sind Hochrisiko-Schwangere und bedürfen engmaschiger, interdisziplinärer Betreuung.
- Durch leitliniengerechte Blutglukoseeinstellung können fetale und mütterliche Risiken deutlich reduziert werden.
Patienteninformationen
Patienteninformationen in Deximed
Quellen
Literatur
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Autor*innen
- Lino Witte, Dr. med., Arzt in Weiterbildung Allgemeinmedizin, Frankfurt a. M.